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Dunkelziffer

Dunkelziffer

Titel: Dunkelziffer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Arne Dahl
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»Was?«
    »Aha«, sagte Söderstedt. »Ich verstehe.«
    »Ein bisschen Ernsthaftigkeit, wenn ich bitten darf«, sagte Svenhagen urgesteinkantig. »Wie läuft es mit den Listen, Norlander?«
    »Verschwundene Personen«, sagte Viggo Norlander und gab der Computerliste einen Klaps. »Wer sagt uns denn, dass er eine verschwundene Person ist? Vielleicht war er gar nicht verschwunden, als er starb?«
    »Geschweige denn vermisst«, sagte Söderstedt. »Aber wir haben sonst nicht viel, woran wir uns halten können. Falls nicht...«
    »Nicht die drei Punkte«, sagte Norlander. »Die sind scheißanstrengend.«
    »Ich frage mich...«, sagte Söderstedt und zögerte.
    »Nun komm schon zu Potte«, sagte Norlander ungeduldig.
    »Die Leichen müssen da sein...« »Was?«
    »Er hat schon früher Leuten mit seiner Klaviersaite den Hals durchtrennt, wenn wir mal davon ausgehen, dass er seine Präzision nicht an Hunden trainiert hat. Es gibt aber nirgendwo Leichen. Also hat er sie entweder richtig gut vergraben, oder er hat die Wunde erfolgreich verdeckt. Um eine so grobe Verletzung zu verdecken, bedarf es einer noch größeren Verletzung. Ich glaube, wir müssen unter richtig entstellten Leichen suchen, Viggo. Ungeklärte Todesfälle unter Opfern von Verkehrsunfällen, bei Frontalzusammenstößen. Oder verbrannte Leichen, verkohlte Körper. Wo niemand eine Köpfung sucht oder zu finden vermag.«
    »Was?«, sagte Norlander.
    »Enthauptung«, verdeutlichte Söderstedt.
    »Gut«, stieß Svenhagen aus. »Gut gedacht. Selbstredend.«
    Arto Söderstedt starrte verwirrt auf den plötzlich ausgelassenen Chefkriminaltechniker.
    Dann hörte man ein knarrendes Geräusch. Die drei wandten sich um und erblickten den Gerichtsmediziner Sigvard Qvarfordt, wie er ein Laken über den Toten schlug. Dabei erklärte er mit knarzender Stimme: »Da ist noch eine Sache, die ihr in eure Überlegungen einbeziehen müsst...«
    »Ich ahne drei Punkte«, sagte Viggo Norlander.
    Qvarfordt ignorierte ihn gnadenlos und knarzte weiter: »Er hatte Aids.«
    Ein metallicblauer Dien st-Volvo, Typ >gehobener Beamter< , glitt durch Stockholm. Aus den Stereolautsprechern erklang eine schöne, aber zeitweilig disharmonische Klavierwanderung vor dem Hintergrund einer fetzigen Rhythmussektion. Das fand auf jeden Fall Paul Hjelm und drehte die Lautstärke auf, sodass die Geräusche der Stadt verschwanden.
    Auf dem Beifahrersitz hielt Bengt Äkesson sich die Ohren zu. »Was ist das für ein verdammter Lärm?«, schrie er.
    Paul Hjelm seufzte und dachte an Kerstin Holm. Was hast du getan, Kerstin?, dachte er. Du, die im Chor singt und Jazz liebt. Du mit deinem Gefühl für die musikalischen Nuancen des Lebens. Was tust du mit diesem Neandertaler? Unnötige Frage...
    »Das ist das Esbjörn Svensson Trio, EST«, sagte er. »Seven Days of Falling. Phantastische Musik.« »Es ist grotesk«, schrie Äkesson.
    Endlich ein Polizist, der ein richtiger Polizist ist, dachte Hjelm. Aber was hat er mit dir zu tun, Kerstin?
    »Das Stück heißt Ba l lad for the Unborn. Achte mal auf die kleinen rhythmischen Wechselläufe. Ganz wunderbar.«
    Er lehnte sich zurück, ließ die sehr speziellen Klänge das Wageninnere erfüllen, gab Gas, schlängelte sich zwischen den ständigen Baustellen auf Vasabron in Höhe von Strömsborg hindurch, Stockholms kleinster Insel, und gelangte bei Riddarhuset auf den alten Stadsholm hinaus. Vor der Front des Wagens erstreckte sich die Lilla Nygata so schnurgerade, dass man bis nach Södermalm sehen konnte. Aber man konnte nicht hineinfahren. Er wendete bei der Riddarholmskirche und ließ den Wagen zu der zentralen Bebauung von Gamla Stan hinaufgleiten.
    »Wir haben zwei Stellen, an denen wir ansetzen können«, sagte Paul Hjelm. »Wir haben das Öl an der Hose, und wir haben die Äußerung >Jetzt ändere ich verdamm t noch mal die ganze Geschichte<. Aber es ist doch bestimmt ein und dieselbe Stelle, nämlich die, an der er selbst gegraben hat?«
    »Mach das mal leiser«, schrie Äkesson.
    Hjelm beobachtete ihn, während er in die Stora Nygata einbog und den metallicblauen Dienst-Volvo in südlicher Richtung durch Gamla Stan gleiten ließ. Ein paar Sekunden zu lange ließ er die Musik laufen, dann drehte er den Ton leiser.
    »Also«, sagte Äkesson vergrätzt. »Er hat in der Grube etwas gefunden, was er holen wollte. Dafür musste er den
    Kranwagen der Firma entwenden. Er verheimlichte seinen Fund, indem er einen Ölfleck auf der Hose vorschob, damit die Kumpel

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