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Dunkle Diamanten (Shades of Brilliance) (German Edition)

Dunkle Diamanten (Shades of Brilliance) (German Edition)

Titel: Dunkle Diamanten (Shades of Brilliance) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: E.L. Jannings
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rosaroten Band aus Tausenden von Flamingos eingefasst. Es hob sich in Abständen zu weiten, flatternden Schleifen, um gleich darauf in rosigen Wellen wieder herabzusinken. Dazwischen lagen riesige Seehundherden wie glänzende Matten auf den Stränden. Zusammen mit den Delphinen schwammen sie ohne Scheu dicht neben der „Kamerun” her. Hier und da erhoben sich aus den weißen Wellenkämmen die Fontänen der Wale. Robert verbrachte Stunden mit dem Fernglas auf dem Oberdeck. Die abweisende Namibwüste berührte ihn, wie es noch keine Landschaft zuvor getan hatte. Was auf der Welt konnte diesen extremen Anblick überbieten? Die Eisberge der Antarktis? Das Zentralmassiv des Himalaja? Solche Gedanken gingen ihm durch den Kopf, wenn er versuchte, sich die Bilder so genau wie möglich einzuprägen. Er wollte diese Eindrücke für immer festhalten, sodass er jederzeit die Augen schließen und sie zurückholen konnte. Bis ans Ende seines Lebens. Zusammen mit dem Geruch des Meeres, den Schreien der Kormorane und dem Stampfen der zähen kleinen „Kamerun”, die ihn an diesen extrem en Ort der Erde gebracht hatte.
    Die Schauergeschichten der Seeleute über die Skelettküste und all die Opfer, die sie gefordert hatte, berührten ihn kaum. Er zuckte im Stillen die Schultern darüber, fand den Namen „Skelettküste” albern und war der Ansicht, dass jeder Mensch den Tod einkalkulieren müsse, der es wagte, sich einer so übermächtigen Natur zu nähern. Es war jedenfalls ein viel besserer Tod, als für einen Kaiser in einem Schützengraben mit Senfgas verseucht zu werden. Überhaupt schien ihm unter dem Eindruck des Naturschauspiels der vergangenen Tage, dass die Menschen ihre Rolle auf diesem Planeten maßlos überschätzten. Sie waren ein kleiner Flügelschlag in der Evolution. Die selbsternannte „Krone der Schöpfung” war ein viel zu kompliziertes Design, das schon deshalb nur für einen kurzen erdgeschichtlichen Zeitraum existieren konnte. Die Namib würde all ihre Spuren lange, lange überdauern. Daran war nichts Tragisches, es war natürlich. Auch Hans dachte so. Sein Beruf brachte diese Einsicht einfach mit sich. Kurz vor Swakopmund zogen am Horizont dunkle Wolkenbänke auf.
    Die „Kamerun” hatte mit schwerem Seegang zu kämpfen. Über viele Stunden hinweg tobten krachende Gewitter, Blitze zerschnitten den Himmel direkt über ihnen. Aber es fiel nicht der kleinste Tropfen Regen. Dann hing der Nebel wieder zwei volle Tage wie ein Leichentuch über der See. Die Küste war außer Sicht und ein Lotse kam vor Walfis Bay an Bord, um sie sicher in den Hafen zu navigieren. Sie hatten so viel Zeit verloren, dass niemand an Land ging. Nur die Ladung wurde in aller Eile gelöscht, sodass die „Kamerun” schon nach weniger als einem halben Tag Aufenthalt wieder auf See war. Genug Zeit, um ein postlagerndes Telegramm zu erhalten, das Hans Merensky in helle Aufregung versetzte. Ernst Reuning hatte versteinerte Warmwasseraustern gefunden, exakt wie Hans vorausgesagt hatte, in der Nähe von Alexander Bay, auf der südafrikanischen Seite des Oranje Flusses. Mehr konnte er in einem Telegramm nicht schreiben. Das war auch nicht notwendig.
    Der Vortrupp war auf Diamanten gestoßen.

5. Kapitel

Otjikango
     
    Banshee war das edelste und teuerste Pferd, das Gottfried Eckmann, der Besitzer von Otjikango besaß, und seit ihrer Ankunft aus Irland vor einigen Monaten hatte ihn die Stute noch kein einziges Mal aufsitzen lassen. Der einzige Mensch den sie an sich heranließ, und der sie sogar reiten konnte, war Mandume, der Sohn des Vorarbeiters Cornelius Hobatere. Vater Hobatere bekam das Christentum samt passendem Vornamen als wehrloser Säugling übergestülpt, deshalb war es für den selbstbewussten Herero Ehrensache, dass sein erster Sohn wieder einen ordentlichen, afrikanischen Namen tragen sollte. Nach langem Überlegen entschied er sich für „Mandume”, zu Ehren des heldenhaften Königs Mandume ya Ndemufayo. Der war zwar kein Herero, hatte aber zu seinen Lebzeiten den Kolonialisten im Ov amboland ordentlich eingeheizt.
    Der kleine Mandume zeigte allerdings bisher keine kämpferischen Charakteransätze. Er war im Gegenteil ein anschmiegsamer Junge mit viel Charme, der schon sehr früh eine bemerkenswerte Fähigkeit zeigte, mit Tieren umzugehen. Im zarten Alter von acht Jahren war er bereits ein gesuchter Schlangenfänger, der die Hütten und Häuser panischer Damen zuverlässig von verirrten Vipern und Würgeschlangen befreite.

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