Dunkle Diamanten (Shades of Brilliance) (German Edition)
krank. Das dumme Lied war zu Ende, die Gäste klatschten und einen Augenblick später waren sie, angeführt von der Madam, im Halbdunkel der Veranda verschwunden. Mandume hatte es plötzlich eilig nach Hause zu kommen. Er musste bei seinen Tieren über die Frau nachdenken. So wurde Jayata das erste menschliche Studienobjekt des späteren Professors für Verhaltensforschung, Mandume Hobatere.
Einige Tage später, als die Männer zum Vergnügen auf eine kleine Expedition zur Edelsteinsuche abgereist waren, schlich er um das Haus, Durch den Küchengarten auf die hintere Veranda. Mandume hatte im Unterschied zu seinen Altersgenossen freien Zugang ins Haupthaus. Die Madam hatte ihn wegen seiner stillen Liebenswürdigkeit schon immer ins Herz geschlossen. Er versorgte sie im Gegenzug mit seinen besten Erdhörnchen, die ihr das Haus frei von Schlangen hielten. Aber heute wollte er ihr auf keinen Fall begegnen, denn er war sozusagen in professioneller Mission unterwegs. Das Haus war, wie jeden Tag um diese Zeit, in Mittagsruhe versunken. Die Amerikanerin lag, genauso wie er vermutet hatte, im kühlsten Teil der hinteren Veranda, auf einer der breiten Hängematten. Ihre Augen waren weit geöffnet und ihre Pupillen bedeckten fast vollständig die grüne Iris der Augen, wie bei seiner Schwarzfußkatze in der Nacht. Das durften Augen bei Tageslicht nicht tun.
Mandume seufzte besorgt und stieg wie zufällig, als sähe er sie gar nicht, die Stufen vom Garten hinauf. Dabei holte er sein schönstes Chamäleon aus der Brusttasche des Hemdes. Er hockte sich auf die oberste Stufe, so dass sie ihn gut sehen konnte und setzte das Tierchen auf sein dunkelbraunes Knie. Sofort änderte es seine Farbe von dem hellen Grün des Hemdes in Dunkelbraun. Die Hängematte bewegte sich ein wenig. Er belohnte seinen flexiblen Assistenten mit einem Käfer aus der Hosentasche, nahm ihn vorsichtig auf und setzte ihn auf die grauen, verwitterten Holzplanken der Veranda. In weniger als einer Minute war das Chamäleon dort nur noch mit Mühe zu erkennen. Mandume hörte, wie die Frau sich in der Hängematte aufsetzte. Jetzt war es Zeit für einen spektakulären Effekt. Er zog ein tiefblaues, frisches Taschentuch aus der Hose, das er vom Vater gemopst hatte, faltete es auf und hielt den Stoff hinter das Chamäleon. Von der Nase bis zur Schwanzspitze überzog sich das Tier mit blauer Farbe, wie von einem unsichtbaren Pinsel aufgetragen. Die Frau stand auf, er hörte ihre zögerlichen Schritte, sie war barfuß. Jetzt stand sie nur noch ein paar Meter von ihm und dem Chamäleon entfernt. Langsam hob er den Kopf und ließ seine Augen lächeln. Wenn nur jetzt niemand kam und das Chamäleon bei der Stange blieb. Vorsichtig angelte er noch einen Käfer aus der gut gefüllten Hosentasche. Er bereitete sich auf seine Arbeit immer gewissenhaft vor und überließ nichts dem Zufall. Ihre Augen wanderten langsam zwischen dem Chamäleon und Mandume hin und her, aber das Gesicht blieb unbewegt. Er machte eine kleine, einladende Bewegung mit der Hand, und sie setzte sich vorsichtig auf den Boden. Er streichelte das Tier mit seinem Zeigefinger und bedeutete ihr, es ihm nachzumachen. Die Berührung mit der warmen, handschuhfeinen Lederhaut gefiel ihr und jetzt … ja … da war es, das erste winzig kleine Lächeln der Augen. Sie würde sich öffnen, das war das Zeichen, Mandume wusste es. Er setzte das Chamäleon feierlich in den kanariengelben Stoff ihres Kleides, und wieder arbeitete der unsichtbare Pinsel zuverlässig. Ihr Gesicht war jetzt hell. Er legte das Tierchen in ihre Hände. Nach einer Weile hob sie es vorsichtig hoch, legte es an die Wange und küsste seinen Rücken. Es krabbelte auf ihre Schulter und blieb dort sitzen. Vielleicht war es das Kitzeln der Pfötchen oder das Ringeln des Schwänzchens an ihrem Hals, oder beides. Jayata legte den Kopf zurück, schloss die Augen und lachte leise. Sie folgte Mandume in den Garten, wo das Chamäleon das Rosa von Frau Eckmanns englischen Geranien annahm und um ein Haar, grasgrün, in ihrem geheiligten Rasenstück verloren ging. Sie sprachen an diesem Nachmittag nur wenige Worte. Dass sie Deutsch konnte, machte die Sache leichter, aber insgesamt maß Mandume dem Reden nur wenig Bedeutung bei. Jedenfalls zu diesem Zeitpunkt. Später, wenn er sie zurückgebracht hatte ins Rudel, war noch genug Zeit dafür.
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Frau Eckmann holte ein langes silbernes Kettchen aus ihrer Schmuckschatulle und legte das Chamäleon an
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