Dunkle Diamanten (Shades of Brilliance) (German Edition)
leeren Beutel und steckte ihn in die Brusttasche seiner Leinenjacke, die er sorgfältig bis oben hin zuknöpfte. „Kommt, lasst alles liegen, wir müssen Schluss machen für heute.”
Sie rannten und rutschten lachend, und mit einer Geschwindigkeit, die Robert sich vor einer Stunde niemals zugetraut hätte, auf der angetretenen Spur der Buschmänner die Düne hinunter auf die Campfeuer zu. Er war nicht mehr erschöpft, er spürte seine gequälten Muskeln nicht, sein Kopf war frei von Schmerz und berauscht vom Erfolg. Er segelte auf einer solchen Woge von Adrenalin, dass er glaubte, er würde in dieser Nacht kein Auge zutun. Selbst das Abendessen hatte für ihn jetzt allen Schrecken verloren. Dieser Tag war so unwirklich gewesen, warum sollte man da zum krönenden Abschluss keine Puffottern essen? Ohne zu zögern, nahm er den ersten Bissen und sein Mut wurde belohnt. Es schmeckte wirklich gut, wenn auch der Hunger, der sich mittlerweile mit Macht eingestellt hatte, seinen Teil dazu beitrug. Es verschlang zu Ernsts großer Freude zwei Teller von dem exotischen Gericht und sank satt auf seine Decke zurück. Er wollte Hans gerade fragen, ob er die Diamanten noch einmal sehen könne, als ihm die Augen zufielen. Grinsend sammelte Ernst das leere Geschirr neben Robert auf, zog ihm die Stiefel von den Füßen und breitete eine Decke über ihn. Dann setzten er und Hans sich näher ans Feuer, rauchten Zigarren und leerten ihre Flachmänner. Sie redeten leise, und manchmal lachte einer von ihnen auf. Lange blieben sie noch am Feuer sitzen, denn in dieser Nacht fielen keine Nebel über die Wüste. Der Sternenhimmel hing so tief über ihnen, dass man meinte, mit der Hand hineingreifen zu können. Wie in eine Schüssel voll funkelnder Diamanten. Die Nacht war genauso, wie Robert sie sich immer in seinen Träumen im trüben Deutschland vorgestellt hatte. Er verschlief sie, ohne sich ein einziges Mal zu rühren.
*****
Jeden Morgen brachen sie noch vor dem ersten Licht der Dämmerung auf. Die ersten drei, vier Stunden, solange die Sonne ihre Glut noch nicht voll entfaltet hatte, waren die besten. Es war hell genug, jede Einzelheit im Sand wahrzunehmen, und gleichzeitig konnten sie noch eine Weile von der kühlen Nachtluft profitieren. Die Näch te waren sehr kalt in der Wüste und Temperaturunterschiede von 35 Grad waren nichts Ungewöhnliches. Robert bewunderte die Buschmänner, die weder unter der Hitze noch unter der Kälte zu leiden schienen. Sie waren klein, muskulös und zäh. Ihre Haut war nicht schwarz, sondern gelblich, wie die Farbe der Savanne. Das, ihre mandelförmigen Augen und die hohen Wangenknochen gaben ihnen ein asiatisches Aussehen. Außer einem Lendenschurz trugen sie keine Kleider und hatten, abgesehen von ihren Giftpfeilen, Lanzen und Messern, auch keine persönliche Habe. Robert vermisste nichts. Nicht das satte Grün von Bäumen und Wiesen, kein Bett und kein Badezimmer, keine frische Wäsche, keine Bücher, keine anderen Menschen, auch nicht Jayata. Er genoss die große Freiheit außerhalb der Zivilisation in der surrealen Welt der Wüste. Die Suche nach ihrem größten Schatz war sein Schlüssel zu ihr. Das war für ihn der eigentliche, der unbezahlbare Wert der Diamanten. Das Diamantfieber, die Sucht, beim Graben die funkelnden Steine zu finden, erfasste ihn mit voller Wucht, wenn er mit weit geöffneten Augen die Dünen durchwanderte und die Schaufel in den Sand stieß. Aber es nahm seine Seele nicht in Besitz, denn er war nicht gekommen, um reich zu werden; er war gekommen, um in Freiheit zu leben. Vielleicht war es gerade das, was ihm am Anfang so viel Glück brachte.
Der Fund im alten Gordon- Chaplan Claim, an seinem ersten Grabungstag in der Wüste, summierte sich auf nicht weniger als 487 Steine, keiner kleiner als zwei Karat und allesamt von hoher Reinheit und Farbe. Sie hatten aus einer Holzplanke und zwei leeren Benzinkanistern einen notdürftigen Sortiertisch gebaut. Als die Diamanten dort nach Größe sortiert ausgebreitet waren, entdeckte Robert etwas Eigenartiges, was ihn von nun an immer wieder beschäftigen sollte. Bis zu einer Größe von etwa 7 bis 8 Karat hatten alle Diamanten mehr oder weniger die kubo-oktaedrische Form, die in jedem Lehrbuch aufgezeichnet war. Aber er hatte auch 12 Steine gefunden, die viel schwerer waren. Der größte von ihnen wog 28 Karat. Diese Diamanten hatten eine ganz andere Kristallform. Da waren keine ausgeprägten Kanten und Tafeln. Wenn man kein
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