Dunkle Diamanten (Shades of Brilliance) (German Edition)
mit allen Kleidern unter seine fleckige Decke. Sie würden sich morgen trennen und an verschiedenen Punkten weiter östlich, entlang der versteinerten Austernbank, Probegrabungen machen und Claims abstecken. Die Buschmänner sollten zurückbleiben und das Lager in den Dünen bis zu ihrer Rückkehr bewachen. Merensky, Reuning und er würden einige Nächte allein, jeder auf sich gestellt, in der Wüste verbringen und in drei bis vier Tagen wieder hier zusammentreffen. Robert war aufgeregt. Es war eine Sache, mit erfahrenen Männern auf Expedition zu gehen, aber zum ersten Mal ganz allein un d auf sich gestellt zu prospektieren, das war etwas ganz anderes. Er war ja noch kein erfahrener Wüstengänger. Hans half ihm deshalb am nächsten Morgen, den Proviant und die Ausrüstung so zusammenzustellen, dass alles Lebenswichtige vorhanden war und er trotzdem die Last allein tragen konnte. Auf seiner Route war eine Wasserstelle eingezeichnet. Er hatte Wasser für zwei Tage dabei, sollte das Wasserloch ausgetrocknet sein, musste er sofort umkehren, ganz egal was es da draußen zu holen gab. Hans wurde nicht müde, ihm das immer wieder einzuschärfen.
Die größte Gefahr für einen Neuling war, sich von Neugier oder Entdeckungslust so weit vorzuwagen, dass der Rückweg nicht mehr zu bewältigen war. Ernähren würden sie sich von Biltong, luftgetrockneten Rindfleischstreifen, die schon die Vortrekker vor dem Verhungern bewahrt hatten, ein paar Dosen Ölsardinen und Zwieback. Konzentriert packten sie ihre Ausrüstung. Robert steckte seinen Revolver, einen kurzen Spaten, ein Brecheisen und den Geologenhammer in die Schlingen des Lederholsters um seine Hüften. Dann schulterte er den schweren Rucksack, auf den oben die Rolle mit seiner Schlafdecke geschnallt war und hinten das Sandsieb mit dem Kochgeschirr baumelte. Er hängte sich den Kompass um den Hals und fühlte noch einmal nach dem Brustbeutel unter seinem Hemd. Dort trug er ein Drittel der Diamanten, die sie bis jetzt gefunden hatten. Hans wollte nicht allein den ganzen Fund bei sich tragen. Man durfte das Risiko nicht eingehen, alle Diamanten zu verlieren, falls einem etwas zustoßen sollte. Sie schätzten, dass die bisher gefunden Rohdiamanten einen Wert von über 300.000 Pfund Sterling hatten. Mehr als dreimal so viel, wie die Investoren eingelegt hatten. Robert hatte mittlerweile die enormen Werte in diesem Geschäft so verinnerlicht, dass ihn der Gedanke nicht mehr berührte. Aber eine Gefahr wird nicht kleiner, nur weil man sich an sie gewöhnt. Sie verblasst nur in der Vorstellung, wenn wir zu müde werden, uns ständig mit ihr zu beschäftigen. Ein Trick, den die Natur bei den Menschen anwendet, um dem Fortschritt auf die Sprünge zu helfen und der Überbevölkerung des Erdballs vorzubeugen.
Robert faltete die geologische Karte sorgfältig zusammen und steckte sie in die Brusttasche. Bei seiner Rückkehr würde der Beutel doppelt so voll sein, mit dem härtesten Beweismaterial, dass diese Karte richtig war. Das war sein Ehrgeiz. Merensky sollte sehen, was er an ihm hatte. Sie setzten die Hüte auf, winkten den Buschmännern zum Abschied und verließen das Camp in östlicher Richtung. Sie wanderten durch dämmrige, jetzt noch kühle Dünentäler, der schnell aufgehenden Sonne entgegen. Nach etwa fünf Kilometern legten sie eine kurze Rast ein, überprüften noch einmal die Karten und beschlossen, sich hier zu trennen. Jeder sollte versuchen, möglichst viel Territorium abzudecken. Sie wechselten noch ein paar belanglose Worte, ganz als ob sie eben zu einem Morgenspaziergang aufbrächen und sie sich schon ein paar Stunden später, zum Mittagessen, wiedersehen würden. Dann ging jeder seinen Weg. Schon wenige Minuten später hatte Robert die anderen aus den Augen verloren. Er hörte keine Schritte, keine Stimmen mehr. Er war allein, und die einzige Orientierung, die ihm blieb, war sein Kompass und der Stand der Sonne in einem Ozean von Sand. Langsam stieg er an der breiten Flanke einer gewaltigen Düne in Richtung Nordosten auf. Robert hatte die mittlere Route zugeteilt bekommen, auch weil dort eines der seltenen Wasservorkommen verzeichnet war. Er hatte sich zwar schnell akklimatisiert, aber niemand wollte ihn ohne Not Gefahren aussetzen, denen er vielleicht noch nicht gewachsen war. Merensky befand sich südöstlich von ihm, näher am Meer und Reuning wanderte in Richtung Nordwesten, tiefer in die Namib hinein. Er hatte auf die gefährlichste Route bestanden, weil
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