Dunkle Diamanten (Shades of Brilliance) (German Edition)
ihm durch Liebesdienste unentbehrlich gemacht und sich zu einer Art Kammerdiener mit Sexualanschluss emporgearbeitet. Was lag näher, als sich dem starken Ian auch in der wiedergewonnenen Freiheit anzuvertrauen? So folgte er ihm ohne Zögern, in stummer Prostitution, in einen neuen Lebensabschnitt als Wanderprediger. Dank der gestohlenen Priesterkleidung und Ians düsterem, wortgewaltigen Charakter war das bei den bigotten Buren jenseits der Grenze, in Südafrika, ein Kinderspiel. Sie spendeten bereitwillig, wenn Ian den geballten Zorn Gottes auf sie herunter predigte und bewirteten die beiden im Angesicht des bevorstehenden Weltuntergangs fürstlich. Nicht wenige Damen lüfteten auch in religiöser Verzückung ihre Bettdecke für Ian, so dass Plaatje hin und wieder auch einen freien Abend hatte. Alles in allem hätte man sie als mehr oder weniger resozialisiert betrachten können, wenn sie der Versuchung widerstanden hätten, die bereitwillig geöffneten Häuser der Gläubigen ein paar Mal zu oft auszurauben. So fand diese glückliche Zeit früher als geplant ein jähes Ende. Die Beraubten und Gehörnten bliesen zur Verbrecherjagd, und die beiden Gauner verkrochen sich in der Wüste. Ian legte Ornat und Bibel ab und ließ seine Wut über die gescheiterte Predigerlaufbahn an dem wehrlosen Plaatje aus. Sie ernährten sich mehr schlecht als recht von allem, was ihnen vor die Flinte kam und hatten bisher keinen zündenden Einfall gehabt, wie sie ihr Schicksal zum Besseren wenden konnten.
„Fest draufbeißen, gleich ist es vorbei. Das stillt das Blut und reinigt die Wunde. Du hast Glück gehabt, die Kugel ist glatt durch gegangen, du Hübscher. Schade nur, dass dir das gar nichts hilft. Ian ist so schrecklich unnachgiebig. Er wird dich sowieso erschießen.”
Der schmächtige Plaatje schob Robert einen dicken Ledergurt zwischen die Zähne und schüttete mit dem sanften Lächeln einer Marketenderin eine halbe Flasche Whisky über die klaffende Wunde. Robert riss die Augen auf und grub die Zähne in das harte Leder. Sein Körper spannte sich zu einem qualvollen Bogen, und er gab einen langen, tierischen Laut von sich, bevor er vor Schmerz völlig entkräftet zusammensackte. Aber sein Gehirn arbeitete immer noch. Bevor Plaatje seine medizinischen Kenntnisse an ihm praktizierte, hatte er den Beutel um seinen Hals in einem unbewachten Moment soweit es ging nach rechts, unter seinen gesunden Arm geschoben. So weit als möglich entfernt von der Wunde. Als sein Helfer ihm mit einem erwartungsvollen Gesichtsausdruck das Hemd ausziehen wollte, hatte er so laut gestöhnt und geschrien, dass Plaatje enttäuscht einwilligte, einfach nur die linke Seite des Hemdes aufzureißen. Als der Schmerz nur noch in zermürbenden Wellen durch seinen Köper ebbte, merkte Robert, dass Plaatje sich ganz dicht neben ihn gesetzt hatte und sein Haar mit gierigen Fingern streichelte. Dazu machte er kleine schmatzende Geräusche, ganz so, als liefe ihm das Wasser im Mund zusammen. Hatte eben noch der Schmerz seinen Körper zum Glühen gebracht, wurde ihm bei diesem neuen Schreck eiskalt. Der Kerl war schwul! Verdammt, ja, dieser einfältige Hurensohn war schwul! Robert sackte noch mehr in sich zusammen. Aber diesmal war es Kalkül. Er war nicht umsonst in einer Großstadt aufgewachsen, die ein El Dorado für homosexuelle Männer war. Oft genug hatte er ihre prüfenden Blicke registriert und teils belustigt, teils beunruhigt festgestellt, dass er nicht nur Frauen gefiel. In wenigen Sekunden stand sein Plan fest. Leise stöhnend ließ er den Kopf auf Plaatjes Schulter sinken:
„Bleib, bitte bleib. Ich sterbe. Bleib bei mir.”
Plaatje winselte mit einer Mischung aus Erregung und Angst. Angst vor Ian, den er drüben am Wasserloch fluchen hörte. Er drückte sich noch enger an Robert. Aufreizende kleine Wirbel krochen über die Innenseiten von Plaatjes Schenkeln und schon erkundete seine Zunge den Gehörgang des schönen Deutschen, dicht gefolgt von triefenden Lippen, die sich um Roberts Ohr schlossen. Plaatjes Hände begaben sich auf süße Erkundungen, aber bevor er in den oberen Regionen den Brustbeutel ertasten konnte, holte Robert tief Atem, ergriff die wandernde Hand und küsste sie mit so viel Leidenschaft, wie er unter diesen Umständen aufbringen konnte. Plaatje stockte der Atem vor Entzücken. Ein Mann, der genauso wie er Männer liebte. Nicht aus Not, weil keine Frauen zu haben waren. Wie all die Digger, seine Kunden in den Spelunken rund
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