Dunkle Diamanten (Shades of Brilliance) (German Edition)
Plaatje entsorgen würde. Vielleicht ergab sich auch eine passende Gelegenheit, wenn sie nicht mehr allzu weit von einem bewohnten Ort entfernt waren. Er hörte, wie die Tiere zurück ans Wasser kamen, aber diesmal waren die Geräusche nicht mehr so friedlich wie am Nachmittag. Es gab Kämpfe um den Elefantenkadaver, und zum ersten Mal hörte Robert das Brüllen der Wüstenlöwen. Mit der Zeit kamen die Geräusche auch näher an ihr Lager, die Maultiere schnaubten nervös. Aber hinter den dichten Dornenbüschen, mit dem steilen Felsen im Rücken, waren sie sicher, und draußen gab es heute Nacht für alle genug zu fressen. Gegen Morgen fiel Robert in einen fiebrigen Dämmerzustand.
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„Komm Süßer, wach auf! Wir müssen auf den Weg, damit wir noch ein paar Meilen hinter uns bringen, bevor die große Hitze kommt. Da, trink das. Kaffee haben wir nicht mehr.” Plaatje hielt ihm einen Blechbecher mit dünnem Tee unter die Nase. Noch bevor er die Augen öffnete, tastete Robert unter der Decke nach dem Revolver. Erleichtert schloss er die Hand um den Griff. Er spürte das Fieber in seinem Körper, bereit jederzeit auszubrechen. Nur die Morgenkühle hielt es noch in Schach. Gehorsam nahm er den Becher und begann den Tee zu schlürfen. Plaatje sattelte die Maultiere und packte die wenigen Habseligkeiten zusammen, die um das ausgetretene Lagerfeuer herum lagen. Als er die beiden Maultiere aus den Dornenbüschen hinaus führte, zog Robert den Diamantbeutel aus dem Versteck und schob ihn sich tief unter den Hosenbund. Dann stand er mühsam auf und taumelte mit unsicheren Schritten auf Plaatje zu, der ihm mit viel Geplapper in den Sattel half. Der Stoßzahn lag jetzt allein im aufgewühlten Sand, umgeben von schwarzen Blutflecken und Tierfährten. Eine breite Schleifspur führte auf das Wasserloch zu, an ihrem Ende rissen ein halbes Dutzend Schakale an einem unförmigen Haufen aus Fleisch, Knochen und Kleiderfetzen. Den Elefantenkadaver hatte ein Rudel Wüstenlöwen fest im Griff. Sie warfen ein paar mürrische Blicke herüber, aber dabei ließen sie es auch bewenden. Sie waren vollgefressen und fühlten sich nicht bedroht. Da g ab es keinen Grund anzugreifen. Robert ritt auf seinem klapprigen Maultier hinter Plaatje her, tiefer hinein in das Dünental.
„Mein Auto steht ungefähr 20 Meilen die Küste hoch, ziemlich nahe an der Grenze von Südwest. Alle haben mich gewarnt, ich sollte nicht allein in die Wüste fahren, aber zum Glü ck habe ich ja dich getroffen.”
Plaatje quittierte diese charmante Bemerkung mit einem weibischen Kichern. Er schluckte die Geschichte vom einsamen Botaniker auf Forschungsreise, die ihm Robert auftischte, ohne Weiteres. Zwar wusste er nicht, was ein Botaniker genau war, wollte sich aber zu so einem frühen Zeitpunkt bei der neuen Eroberung auch keine Blöße geben. Robert wollte an der Küste entlang bis zu dem Punkt reiten, wo sie weiter oben die Autos zurückgelassen hatten. Dort angekommen, würde er Plaatje erschießen und seinen Weg zum Lager am Gordon- Chaplan Claim allein machen. Das war sicher zu schaffen. Sie waren noch keine Stunde geritten, als die Kraft, die Robert durch den Schlaf gewonnen hatte, so gut wie aufgebraucht war. Er wusste, dass er den Tag nicht auf dem Rücken des Maultiers durchhalten würde. Zwei Stunden und vierzig Grad Celsius später, musste Plaatje ihn auf dem Sattel festbinden. Das Wundfieber hatte seinen Körper mit ganzer Wucht erfasst, und alles um ihn herum verschwamm in schmerzglühenden Wirbeln. Sie waren einen weiten Bogen um das Wasserloch geritten und hatten die Küste erreicht. Aber das registrierte Robert nicht mehr. Das Donnern der Brandung mischte sich unerkannt in das Sausen und Dröhnen in seinem fiebernden Kopf. Er lag jetzt mit dem Oberkörper auf dem Hals des Maultiers und atmete den scharfen Geruch des heißen Fells. Er fühlte noch, wie Plaatje eine kalte, nasse Decke über ihn legte. Dann war alles still, dunkel und schmerzlos. Plaatje trieb die Maultiere in panischer Eile auf dem festen Küstensand, entlang der Brandung, in Richtung Grenze. Sie mussten das Auto oder irgendeine Siedlung erreichen, wo wenigstens die Wunde besser versorgt werden konnte. Wenn der Deutsche starb, würde er nie nach Europa kommen und bis an sein bitteres Ende in den Shanty Towns von Südafrika seinen mageren Hintern feilbieten müssen.
Er band Robert vom Sattel los und legte ihn auf eine Decke in den Sand. Die Schusswunde blutete und nässte
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