Dunkle Diamanten (Shades of Brilliance) (German Edition)
Schulter trug, ihn unter sich begrub, befriedigte Robert ganz besonders. Wenn er Plaatje nicht noch gebraucht hätte, er hätte ihn sofort mit der nächsten Kugel auch ins Jenseits befördert. Aber allein kam er hier niemals raus. Vorerst galt es vor allem, sich den mittlerweile ganz und gar Liebestollen vom Hals und von anderen Körperteilen zu halten. Nachdem er sicher war, dass sein Gefährte und Peiniger auch tatsächlich tot war und ihm nicht mehr gefährlich werden konnte, brach Plaatje in einen hysterischen Freudentaumel aus. Er quietschte vor Freude, weinte vor Erleichterung, tanzte einen obszönen Veitstanz um die Leiche, bis er schließlich, überwältigt von seinen Gefühlen, mit sabberndem Gestammel neben Robert auf die Knie sank und heulend den Kopf in seinem Schoß vergrub. Robert schaute angewidert auf ihn hinunter, vergaß aber nicht die Form zu wahren und ihm ein wenig die Schultern zu tätscheln. Streicheln wäre bestimmt besser gewesen, aber dazu konnte er sich nicht überwinden. Für Plaatje wäre der Tod des Schotten unter anderen Umständen einem Weltuntergang gleichgekommen. Ganz egal, wie sehr er ihn gequält und erniedrigt hatte. Mit Robert aber, als seinem vermeintlich neuen Beschützer, kam ihm nicht einmal in den Sinn, Ians Leiche zu vergraben.
Robert hatte den Brustbeutel in der Zwischenzeit tief im Dornengebüsch versteckt, sodass er jetzt das Hemd ausziehen konnte, um die Schusswunde besser zu versorgen. Plaatje wusch das Blut mit dem Rest Whisky ab, der noch in der Flasche war, riss das Hemd in Streifen und legte Robert einen ganz passablen Verband an. Sie beschlossen, hinter den sicheren Dornenbüschen zu bleiben, denn der Elefantenkadaver würde jeden Löwen, jede Hyäne und jeden Schakal in weitem Umkreis heute Nacht an das Wasserloch locken. Robert fühlte, dass er Fieber bekam. Er stöhnte und wand sich ununterbrochen, um sicher zu gehen, dass Plaatjes Liebesdienste sich darauf beschränken mussten, ihm ein möglichst bequemes Lager zu bereiten, Feuer zu machen und Tee zu kochen. Robert sah erleichtert, dass diese hausfraulichen Tätigkeiten Plaatje für den Augenblick auch völlig ausfüllten. Er versorgte die Maultiere, die dicht bei Ihnen hinter den schützenden Dornenbüschen angepflockt waren, summte vor sich hin und schien ganz in seiner neu gewonnenen Freiheit aufzugehen. Dass Ians Leiche nur zwanzig Meter weiter immer noch unter dem Elefantenstoßzahn im Sand lag, störte ihn nicht. Er leerte lediglich seine Taschen sorgfältig aus und zog ihm die weichen Straußenlederstiefel ab, die er immer so bewundert hatte. Sie waren ihm ein wenig zu groß, aber welche Erbschaft kam schon maßgeschneidert? Weiter wollte er sich mit dem Bastard nicht abmühen, das würden die Löwen und Schakale über Nacht erledigen. Er hatte jetzt ganz andere Aufgaben. Robert musste gepflegt werden, damit die Wunde sich nicht entzündete. Man musste so schnell wie möglich heil aus dieser verdammten Wüste herauskommen und sich auf dem nächsten Dampfer nach Europa einschiffen. Nicht auszudenken, wenn sein Ticket für ein gemachtes Leben an Wundfieber einging. Es war wieder eine neblige Nacht, und Plaatje kroch schon früh unter seine Decke, ganz nah am Feuer, um der Kälte zu entgehen. Natürlich wollte er nicht schlafen, sondern weiterhin über seinen kostbaren Patienten wachen. Aber die Aufregungen des Tages hatten ihn erschöpft, und schon nach kurzer Zeit hörte Robert sein dünnes Schnarchen.
Er selbst konnte vor Schmerzen nicht schlafen und war eigentlich ganz dankbar dafür. Er wollte nach dieser absurden Mischung aus Gefahr und Groteske erst einmal zur Besinnung kommen. Mit Plaatjes Hilfe würde es ihm gelingen, in die Nähe der anderen zu kommen. Vielleicht schon morgen Abend, wenn das Fieber nicht mit voller Wucht durchbrach. Was mit Plaatje anschließend geschehen sollte, das hatte er noch nicht entschieden. Aber er durfte unter keinen Umständen mit den anderen zusammentreffen. Er konnte einen Kriminellen nicht mit Merenskys geheimer Expedition in Verbindung bringen. Lebensgefahr hin oder her. Seinen Hals zu retten, ohne die gemeinsame Sache in Gefahr zu bringen, das musste ihm gelingen. Wofür hatte ihm Hans sonst den Revolver gegeben? Er streckte sich vorsichtig unter seiner Decke aus, schloss die Augen und fühlte das Gewicht der Waffe in seiner Hand. Er wusste genau, was von ihm erwartet wurde. Morgen, auf dem Ritt zurück, konnte er den ganzen Tag darüber nachdenken, wie er
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