Dunkle Diamanten (Shades of Brilliance) (German Edition)
in dem er vorgab zu sein, allmählich nicht mehr ab. Das war aber kein Grund zur Besorgnis, denn je länger die Behandlung dauerte, desto besser verdiente der Alte. Robert wusste, dass Plaatje ihm Diamanten verkauft haben musste. Es konnten aber keine großen gewesen sein, und er musste unauffällig zu Werk gegangen sein. Andernfalls wären sie bestimmt nicht so unbehelligt geblieben. Auf den ersten Blick wäre vielleicht der Feldscher ein natürlicher Verbündeter für Robert gewesen, selbstverständlich immer mit der Aussicht auf eine saftige Belohnung im Falle einer Befreiung. Aber Plaatje ließ die beiden niemals allein und überwachte jeden Handgriff, jedes Wort beim täglichen Wechseln des Verbandes. Robert sah auch, dass der mürrische Bader wahrscheinlich genau verstanden hatte, dass er Plaatjes Gefangener war. Aber es schien ihn nicht zu interessieren. Das hieß also, dass er sehr gut von Plaatje bezahlt wurde und nicht im Sinn hatte, sich durch übertriebene Menschlichkeit um eine sprudelnde Einkommensquelle zu bringen. Nein, der Feldscher war keine gute Wahl, so viel stand fest.
Aber was würde er tun, wenn ihm die Flucht tatsächlich auf die eine oder andere Weise gelang? Wenn er darüber nachdachte, was Merensky und Reuning wohl für Schlüsse aus seinem Verschwinden gezogen hatten, überkam ihn tiefe Niedergeschlagenheit. Wo mochten sie jetzt sein? Steckten sie immer noch Claims ab draußen in der Wüste? Waren sie vielleicht schon zurück im Basislager? Auf dem Weg nach Lüderitz oder Kapstadt? Natürlich wollte er diesem primitiven Verbrecher entkommen, aber was noch viel mehr für ihn zählte, war eine volle Rehabilitation, bei der auch nicht der Hauch eines Zweifels zurückblieb. Eine Flucht ohne Merenskys Diamanten kam nicht in Frage. Robert konnte sich jetzt schon selbst umdrehen und auf der unverletzten Seite liegen. So hatte er nicht ständig den widerwärtigen Plaatje vor Augen, der ihn abwechselnd mit blanker Häme, mit beißendem Argwohn oder mit unverhohlener Lüsternheit betrachtete. Das empfand Rob ert als besonders unerträglich.
Plaatje lag nackt auf seinem Bett und benutzte eine vergilbte Zeitung als Fächer gegen die brütende Hitze. Die Vorhänge waren wie immer zugezogen. Die stechende Nachmittagssonne brach durch den fadenscheinigen Stoff und ließ Staubschwärme in scharfen Lichtbündeln tanzen. Auf dem Boden, zwischen den beiden Betten, lagen Reste von Speck und gebratenen Eiern auf fettverschmierten Tellern. Es war still im Hotel während der großen Mittagshitze. Das Rascheln der fächelnden Zeitung und das Schwirren der fetten Schmeißfliegen über den Essensresten waren die einzigen Geräusche, die Robert hörte, als er die unverputzte Wand anstarrte. Plaatje hatte ihn seit Tagen mit Armen und Beinen ans Bett gefesselt. Hass zog Robert die Eingeweide zusammen. Er wünschte sich inbrünstig, Plaatje zu töten. Nein, nicht zu töten. Er wollte ihn ermorden. Ja, ermorden, aus purer Rache. Wie hatte er sich je Hoffnungen machen können, mit dieser homoerotischen Schnapsidee am Wasserloch davonzukommen? Er bewegte sich, und die Wunde schoss Blitze durch seine Schulter. Sein Gesicht war verzerrt vor Hass und Erniedrigung. Das Zeitungsrascheln hörte auf. Robert hörte das Tappen einer Zigarette auf Plaatjes Handrücken, das Klicken des Feuerzeugs, das genüssliche Inhalieren des Rauchs, dann kam wie immer das rasselnde Husten. Robert lag still und zwang sich, gleichmäßig zu atmen, als läge er in tiefem Schlaf. Natürlich würde es früher oder später passieren, er hatte ihn ja selbst auf die Idee gebracht. Das einzige, was Plaatje bis jetzt davon abgehalten hatte, seinen sexuellen Präferenzen nachzugeben, war, dass er das Objekt seiner Begierde in einem besseren Zustand konsumieren wollte, um den Genuss zu erhöhen. Wenn schon nicht den beiderseitigen, so doch wenigstens seinen eigenen.
„Du hast es nie mit einem Kerl getrieben, Robby. Und die paar Mal wo dich ein Weib rangelassen hat, kannst du wahrscheinlich an einer Hand abzählen. Du feiner, wohlerzogener Junge.” Plaatjes Lachen rasselte. „Aber alle Achtung, du hast mich ganz schön eingewickelt, da draußen am Wasserloch.” Er sog schmatzend an seiner Zigarette. Wieder das bronchitische Lachen. „Die meisten können es sich am Anfang gar nicht vorstellen, aber dann, mit ein wenig Gewöhnung, werden sie ganz willig, und nach einer Weile finden sie die Weiber im Vergleich dazu langweilig. Ian könnte das
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