Dunkle Diamanten (Shades of Brilliance) (German Edition)
bestätigen, aber den hast du ja ins Jenseits befördert.” Plaatje lachte gehässig auf. Robert hörte, wie er sich auf die Seite drehte und fühlte die bohrenden Blicke auf seinem Rücken. „Hör auf, so zu tun als ob du schläfst und hör mir zu. Es geht jetzt nicht um deinen schönen Arsch. Wenn du versuchst, hier abzuhauen, dann breche ich dir die Schienbeine mit dem Gewehrkolben. Der Feldscher wird dir ein starkes Mittelchen geben, dich schienen und du bleibst so lange in diesem Zimmer, bis du total kirre bist. Wir haben Zeit und du bringst mich zu dem Platz, wo du die Diamanten gefunden hast. Deine Scheißkarte kann ich ja nicht lesen. Also, du hast die Wahl. Es liegt ganz bei dir, wie schnell wir hier raus kommen, mein blonder Prinz aus Deutschland.”
Sein Lachen ging in einen Hustenanfall über. Robert hörte den Verschluss einer Bierflasche aufschnappen. Lange, gurgelnde Schlucke, lautes Rülpsen. Roberts Zeit war ausgelaufen. Es hatte sich keine günstige Gelegenheit ergeben, irgendeinen leichteren Fluchtplan zu verwirklichen. Also dann, in Gottes Namen, musste es eben der Gefährlichste sein. Er nahm sich zusammen und drehte sich um. Seine Augen verengten sich vor Widerwillen, als er in Plaatjes dümmlich grinsendes Frettchengesicht sah.
„Einverstanden. Ich bring dich hin. Wir brauchen drei, oder besser vier Maultiere. Wasser und Proviant für eine Woche, Decken, Geschirr, ein Seil von mindestens zwanzig Metern, Schaufeln, Pickel und Sandsiebe. Außerdem genug Verbandsmaterial und Jod. Wir reiten, sobald du alles zusammen hast. Und glaub nur nicht, dass wir alle Zeit der Welt haben. Ich war Teil einer Explorationsgruppe, die auf der Suche nach Diamantvorkommen ist. Die anderen haben diese geologische Karte auch, und die können sie im Unterschied zu dir lesen. Wenn du mir also die Schienbeine brichst, wirst du so viel Zeit verlieren, dass du am Ende nur noch ein leeres Loch vorfindest. Oder die südafrikanische Regierung hat das ganze Diamantfeld bereits zum Sperrgebiet erklärt. Die Staatspatrouille wartet ja nur auf Ungeziefer wie dich.”
*****
Der Oranje-Fluss bildet oberhalb der Küste weite Mäander und führte jetzt viel mehr Wasser als vor sechs Wochen, als Robert mit Hans Merensky die Furt hinter Rosh Pinah hinüber nach Südafrika passiert hatte. Sie wandten sich zuerst nach Norden, ließen den Fluss aber schon am nächsten Tag links liegen und ritten nach Osten, tiefer hinein in die Wüste. Robert wollte in die Gegend, wo sie damals, auf dem Weg zur Austernbank, die Autos zurückgelassen hatten. Er und Plaatje begegneten kleinen Gruppen von einheimischen Bauern, die ihr Vieh zum Fluss trieben, passierten ein paar verstreute Siedlungen, die aber mit wachsendem Abstand zum Fluss schnell verschwanden und mit ihnen auch alle Zeichen der Zivilisation. Bald waren sie wieder allein in der großen Wüste, die sie mit stummer Gleichgültigkeit aufnahm und ihre Spuren schnell verwischte. Diesmal hatte Robert keine Augen für ihre Schönheit. Jetzt ging es nur noch darum, die Dinge wieder zurechtzurücken. Es konnte nicht sein, dass die Plaatjes dieser Welt ungestraft Geiseln nehmen und das Vermögen anderer Leute stehlen konnten. Es ging um seine eigene Rehabilitation in den Augen der Freunde, und um Rache. Plaatje war nach wie vor wachsam. Er ritt immer hinter Robert, niemals neben ihm und hatte ihn auch letzte Nacht, als sie ihr erstes Camp aufschlugen, sofort wieder an Händen und Füßen gefesselt. Robert hatte seine alte Kraft noch lange nicht zurückgewonnen. Aber der Gedanke an das, was er vorhatte, ließ das Adrenalin in seinen Adern anschwellen, sodass er im Augenblick weder Schmerz noch Schwäche fühlte.
Als sie bei Sonnenuntergang einen Lagerplatz gefunden hatten und Robert absattelte, stand Plaatje bereits mit den Fesseln für die Nacht parat. Er hatte seit ihrem Aufbruch von Alexander Bay wenig gesprochen und war, wie so oft, launisch bis zur Unerträglichkeit. In einem Moment von großer Ungeduld und Eile getrieben, im nächsten missmutig, lethargisch und unentschlossen. Die Drohung, dass der Fundort bereits von anderen entdeckt sein könnte oder die Staatspolizei zum Schutz des Diamantfelds auf den Plan gerufen worden war, hatten ihn nervös gemacht. Das verschärfte seine gefährliche Gefühlsmischung. Robert öffnete bedächtig den Sattelgurt des Maultiers und machte sich am Zaumzeug zu schaffen. Er sah Plaatje nicht an, wie er überhaupt jeden Augenkontakt mit ihm, so
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