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Dunkle Diamanten (Shades of Brilliance) (German Edition)

Dunkle Diamanten (Shades of Brilliance) (German Edition)

Titel: Dunkle Diamanten (Shades of Brilliance) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: E.L. Jannings
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schicken. Wie viele Tage wären uns verloren gegangen? Fünf oder sechs bestimmt. Mensch Ernst, wir haben zu zweit alle Claims entlang des fossilen Horizonts abgesteckt, in weniger als drei Wochen! Das war wichtiger, als dem von Wolf nachzujagen. Hol’s der Teufel, ich hatte keine andere Wahl. Soll er an der Sore meinetwegen ersticken. Außerdem, überleg mal, was passiert wäre, wenn ich in Lüderitz nach einem Diamantendieb hätte fahnden lassen. Natürlich hätten sie alle Lunte gerochen. Keinen unbeobachteten Schritt hätte ich mehr tun können, geschweige denn hierher zurück kommen und mit dir weiter prospektieren. Unser ganzes Projekt wäre im Diamantfieber baden gegangen, und der Verlust wäre zigmal größer gewesen als das, was von Wolf in seine dreckigen Finger bekommen hat.”
    Merensky leerte den Rotwein aus seiner Blechtasse mit einem einzigen Zug. Es war die letzte Flasche Rotwein vom Cap, die sie in dem alten Schuppen noch gefunden hatten. Auch gut. Sie hatten ihre Arbeit erfolgreich zu Ende gebracht. Trotz des Diamantraubs. Ernst hatte recht, gemessen am Erfolg der Exploration war die Sache eine große menschliche Enttäuschung, nicht mehr, aber leider eben auch nicht weniger. Merensky dachte insgeheim ähnlich wie sein Freund, zog es jedoch vor, seine Gefühle für sich zu behalten. Wie er überhaupt in den letzten Wochen immer nachdenklicher geworden war. Seine Schweigsamkeit hatte sich linear zum wachsenden Inhalt des Überseekoffers erhöht. Die Buschmänner waren bereits ausbezahlt und würden mit allen Reichtümern, die ihnen wichtig waren, morgen zurück in die Kalahari aufbrechen. Ernst und er wollten nach Alexander Bay und das nächste Schiff nach Kapstadt nehmen. Aber was ihn dort erwartete, schlug Merensky schon jetzt auf den sonst so robusten Magen. Er schob den halbvollen Teller von sich und vergrub den K opf in die aufgestützten Hände.
    Forschen, Graben und Finden, das war seine Welt. Diese unschlagbare Verbindung von Intelligenz, Zähigkeit, Abenteuer und Nervenkitzel. Finanz- und Politpoker stieß ihn ab, waren ihm unheimlich und verwirrten seine Urteilsfähigkeit. Merensky wusste, dass die entdeckten Vorkommen ein Politikum allererster Güte für Südafrika waren. Der Markt war schwach, eine neue Diamantflut konnte ihn auf ein Niveau herunterdrücken, das nicht nur die ganze Industrie, sondern auch den Frieden im Land gefährdete. Tausende von Arbeitslosen in den Minen und die bolschewistische Revolution an der Türschwelle. Und zwei naive deutsche Geologen schaufelten ihr hier draußen den Weg frei. Er neigte in letzter Zeit zu überspitzten Vergleichen, die aber einen Kern von Wahrheit in sich trugen. Eben das hasste Merensky so sehr an dieser verschlungenen, undurchsichtigen realen Welt. Natürlich folgte auch sie logischen Grundsätzen. Aber diese Logik war immer zeitlich begrenzt. Sie konnten innerhalb ganz kurzer Zeit durch eine unscheinbare, nur wenigen Menschen bekannte Komponente hinfällig werden. Was vorher logisch war, w urde plötzlich zum Gegenteil. Und in Windeseile folgten Märkte, Politiker, Börsen und Investoren, bis hin zum einfachsten Mann auf der Straße, einer neuen Logik, die sich ihrerseits schon bald als ein neuer, halsbrecherischer Wahnsinn herausstellen konnte. Hans hasste das Chaos der menschlichen Gesellschaft. Diese unsichtbaren Kräfte, die man in der Gegenwart bestenfalls erahnen konnte, und die sich immer erst im Rückblick klar darstellten, wenn das Kind schon im Brunnen lag.
    Das schlimmste aber war, dass er selbst ein Teil dieses Chaos war, und je reicher er wurde, desto weniger konnte er sich ihm entziehen. Vorbei war die Zeit, wo er am Ende einer Expedition einen üppigen Prospektorenlohn kassierte, sich in seine Bibliothek zurückzog und an der nächsten wissenschaftlichen Theorie arbeitete, um neue Reichtümer im Inneren der Erde aufzuspüren. Jetzt, wo seinem Syndikat der ganze Segen gehörte, grübelte er nur noch darüber nach, wie er den größtmöglichen Gewinn mit begrenztem Risiko herausholen konnte. Die Logik der Märkte erschien ihm, je nach Gemütslage, als glorreicher Phoenix oder als verschlagender Aasgeier. Wie gesagt, Merensky neigte in letzter Zeit zu überspitzten Vergleichen. Er stieß einen missmutigen Seufzer aus, der eines frisch gebackenen Millionärs nicht würdig war, stemmte sich von Tisch hoch und ging mit schweren Schritten auf den ächzenden Bohlen des Schuppens auf und ab.
    Reuning lehnte sich zurück und sah ihm

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