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Dunkle Ernte

Dunkle Ernte

Titel: Dunkle Ernte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Simon Mockler
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halb vier längst an der Bar«, kam gut gelaunt die Antwort.
    »Ich repariere die Klimaanlage. Aber keine Sorge, ich rechne das als Überstunden ab«, parierte er. »Hören Sie, ich habe eine E-Mail vom Camp Nummer siebzehn bekommen. Anscheinend haben die im Dschungel einen britischen Staatsbürger aufgelesen. Weil er seine Papiere verloren hat, schicken sie ihn zu uns. Gehört der vielleicht zu Ihnen? Laufen da irgendwelche Operationen, von denen ich Kenntnis haben sollte?«
    »Nicht dass ich wüsste«, erwiderte Nick rasch. »Ich werde mich ein wenig umhören und melde mich dann wieder. Wann soll er hier sein?«
    »Morgen früh. Kommt mit dem Hilfsgütertransport.«
    Nick nagte an seinem Kugelschreiber und überlegte. »Tun Sie mir bitte einen Gefallen, und lassen Sie ihn nicht gehen, ohne mir Bescheid zu geben. Ich würde mich gern mit ihm unterhalten.«
    »In Ordnung.« Patrick Little legte auf, ohne weiter nachzufragen. Er hatte nur seine Pflicht erfüllt und gemeldet, dass etwas Ungewöhnliches geschehen war. Was der MI 6-Mann mit dieser Auskunft anfing, ging ihn nichts an – daran erinnerte ihn auch der Botschafter gern und regelmäßig.
    Nick Clarke stand von seinem Schreibtisch auf und zündete sich eine Zigarette an, obwohl überall an den Wänden Schilder darauf hinwiesen, dass es sich um ein »Nichtrauchergebäude« handelte. Als ob ein Gebäude Nichtraucher sein könnte! Der Pedant in ihm war immer nahe daran, das Wort »Gebäude« durchzustreichen.
    Nick war ein Mann der alten Garde. Er hatte den klassischen Werdegang hinter sich, hatte eine Privatschule, dann die Militärakademie in Sandhurst besucht und war schließlich ins Außenministerium eingetreten.
    Schlimm genug, dass sie einem das Rauchen verbieten wollten, dachte er, aber wenn schon, dann sollten sie das wenigstens grammatikalisch korrekt tun.
    Die Karte über ihm an der Wand zeigte anhand von Nadeln die Standorte der Flüchtlingscamps. Dünne Bleistiftstriche markierten die letzten bekannten Bewegungen der Milizen. Er machte einen tiefen Zug. Camp Nummer siebzehn lag genau zwischen den Stellungen von General Nbotou und der ugandischen Befreiungsarmee – das war alles andere als eine Urlaubsregion.
    Ob die Sache etwas mit der Nachricht zu tun hatte, die er ein paar Tage zuvor aus London bekommen hatte? Es war nichts wirklich Spektakuläres gewesen, nur die Ankündigung, dass in der Gegend Militärübungen und Manöver stattfinden würden – normalerweise ein Hinweis auf eine verdeckte Operation. Er goss sich aus der Bar neben dem Fenster einen großzügigen Whiskey ein, gab zwei Eiswürfel dazu und sah dann seine alten E-Mails noch mal durch.
    Manöver im Nordosten der DRK an der Grenze zu Uganda, Beginn: neunzehnter Februar, Dauer: zwei bis drei Tage . Die Nachricht war von Sir Clives Assistentin Charlotte Kavanagh abgeschickt worden. Sonderbar, dass die Abteilung Cyber-Terrorismus in der Region aktiv wurde. Am besten meldete er in der Zentrale, dass die Botschaft jemanden erwartete, wahrscheinlich einen Fallschirmjäger, der vom Ziel abgekommen war. Er griff zum Telefon und rief in London an.
    »Charlotte Kavanagh, guten Tag.« Die Ansage kam schnell und ungeduldig, als hätte die Sprecherin Bedeutsameres zu tun, als sich um Telefonanrufer zu kümmern.
    »Ich grüße Sie, Charlotte. Hier ist Nick Clarke von der Botschaft in Kampala. Könnte ich wohl mit Sir Clive sprechen?« Seine Stimme klang rau und strahlte die natürliche Autorität aus, die man auf Eliteschulen antrainiert bekam.
    »Er ist den ganzen Nachmittag außer Haus. Kann ich ihm etwas ausrichten?«, erwiderte Charlotte bewusst desinteressiert.
    »Sagen Sie ihm, dass einer seiner Jungs, die über der DRK abgesetzt wurden …«, er hielt inne und drückte seine Kippe in dem schmutzigen Muschelaschenbecher auf seinem Schreibtisch aus, »… das Manöver nicht beendet hat.« Er legte eine besondere Betonung auf das Wort. »Offenbar ist der Mann auf dem Weg zur Botschaft. Soll morgen Vormittag dort eintreffen.« Ohne ein weiteres Wort legte er auf. Sein Gefühl sagte ihm, dass Sir Clive sehr bald zurückrufen würde.

67
    Die Fahrt mit dem Hilfsgütertransport war unbequem, doch es war der Auftakt seiner Heimreise zurück nach Cambridge, zu Amanda, und da wäre Jack auch in einem Holzkarren durch eine Geröllwüste gefahren.
    Zweihundertzwanzig Kilometer wäre die Hauptstadt entfernt, hatte man ihm gesagt, und sobald sie aus dem Dschungel heraus wären, würde es gut vorangehen.

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