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Dunkle Gebete

Dunkle Gebete

Titel: Dunkle Gebete Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sharon Bolton
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sprechen. Sie behauptet, sie wäre das nächste Opfer.«

59
    Mittwoch, 3. Oktober
    Jacqui Groves war dünn und blass und hatte ihr kastanienbraunes Haar zu einem kinnlangen Bob geschnitten. Sie trug hübsche Kleider, hochwertigen Schmuck und ein bisschen mehr Make-up als eine durchschnittliche Endvierzigerin.
    Ich saß vor dem Bildschirm im Einsatzraum, als erst Tulloch und dann Anderson zu ihr ins Befragungszimmer kamen. Um mich herum drängte sich das Team.
    »Zwei Kinder«, sagte irgendjemand direkt hinter mir. »Zwillinge, Junge und Mädchen, Toby und Joanna. Waren beide auf St. Joseph’s. Sind jetzt sechsundzwanzig.«
    Auf dem Bildschirm sahen wir, wie Groves in ihre Handtasche griff und einen schmalen weißen Umschlag herauszog. Sie reichte ihn Tulloch. »Das ist heute Morgen gekommen«, sagte sie. »Mit der Post.«
    Tulloch machte keinerlei Anstalten, den Umschlag entgegenzunehmen. »Können Sie mir sagen, was das ist?«, fragte sie.
    »Zeitungsausschnitte«, antwortete Groves. »Zwei Stück. Ein Artikel über den Mord an Geraldine Jones, der andere über Mandy.«
    »Wissen Sie, wer Ihnen das geschickt hat?«, wollte Tulloch wissen.
    Groves schüttelte den Kopf. »Außerdem ist noch ein Zettel dabei.«
    Tulloch neigte den Kopf. »Weiter.«
    »Da steht drauf › ZEIT FÜR NUMMER VIER ‹«, sagte sie. »Das soll dann wohl ich sein. Ich bin Nummer vier.«
    Tulloch nickte Anderson zu, der aufstand und Handschuhe aus der Schublade eines in der Nähe stehenden Schreibtischs holte. Er streifte sie über und zog dann den Inhalt des Umschlags hervor. Die Kamera war zu weit weg, als dass wir es genau hätten erkennen können, doch es schien genau das zu sein, was Groves beschrieben hatte. Beinahe. Bei den Presseberichten handelte es sich nicht um Zeitungsausschnitte; sie stammten aus dem Internet und waren auf gewöhnlichem DIN-A4 -Papier ausgedruckt worden.
    »Laut Poststempel am späten Montagabend aufgegeben«, bemerkte Tulloch. »Im Stadtzentrum. Haben Sie eine Ahnung, wieso Ihnen jemand so etwas schicken sollte?«
    Groves schüttelte den Kopf.
    »Sie lügt«, knurrte jemand hinter mir.
    »Da bin ich mir nicht so sicher«, meinte Joesbury, der dicht neben meinen Stuhl getreten war. »Für mich sieht’s aus, als ob sie Angst hat.«
    Dann ging die Tür des Befragungszimmers auf, und jemand, den wir nicht sehen konnten, streckte den Kopf herein. Tulloch unterbrach das Gespräch, und dann verließen sie und Anderson den Raum.
    Wir warteten darauf, dass die beiden wieder ins Zimmer traten oder dass irgendetwas anderes passierte. Nichts geschah. Allmählich wandten sich die Leute von dem Bildschirm ab. Irgendjemand erbot sich, Kaffee zu holen. Niemand schien imstande, irgendetwas zu arbeiten. Gerade als wir aufgeben wollten, öffnete sich die Tür.
    Tulloch brauchte nicht um Ruhe zu bitten. Ich konnte die Leute um mich herum atmen hören.
    »Jacqui Groves’ Mann Philip ist unten und hat sich bereit erklärt, eine Aussage zu machen«, verkündete sie. »Und außerdem Geraldine Jones’ Mann David, Jonathan Briggs, Amanda Westons erster Ehemann, und Nick Benn, der am Montag die Leiche seiner Frau gefunden hat. Und im Schlepptau haben sie drei Anwälte von ziemlich schwerem Kaliber.«
    Stille im Raum. Ich fragte mich, ob wohl jemand mein Herz schlagen hören konnte.
    »Der Detective Superintendent will auch dabei sein«, fuhr Tulloch fort. »In fünf Minuten geht’s los. Ich würde sagen, jetzt geht’s zur Sache, Leute.«
    »Sprich einzeln mit ihnen«, riet Joesbury. »Wenn sie zusammen sind, ist es zu einfach für sie, bei ihrer Geschichte zu bleiben.«
    Tulloch und er sahen sich einen Moment lang unverwandt an. »Das weiß ich«, erwiderte sie. »Aber sie sind aus freien Stücken hier, mit ziemlich aggressivem juristischem Beistand. Fürs Erste müssen wir uns wohl einfach anhören, was sie zu sagen haben.«
    Sobald sie hinausgegangen war, wandten wir anderen uns wieder dem Bildschirm zu und schalteten auf den Hauptbesprechungsraum im obersten Stock um. Als der Schirm flackernd zum Leben erwachte, sahen wir Anderson die Aufnahmegeräte überprüfen. Dann ging die Tür auf, und der Raum füllte sich allmählich mit großen Männern in teuren Anzügen. Bei einem von ihnen entdeckte ich eine Ähnlichkeit mit Felix Benn. Ein anderer sah ein bisschen aus wie Joshua Jones. Die beiden Anwälte waren leicht zu erkennen. Sie sahen nicht so aus, als hätten sie Angst. Der Superintendent kam mit dem dritten Anwalt herein, und

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