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Dunkle Gebete

Dunkle Gebete

Titel: Dunkle Gebete Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sharon Bolton
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viel zu human. Ich würde mir jemanden vornehmen, dessen Tod Sie fertigmachen würde. Ihre dreijährige Tochter vielleicht.«
    »Jetzt bleiben Sie mal locker, Flint«, brachte Anderson mühsam heraus, während die Leute um uns herum allmählich beklommene Gesichter machten.
    »Oder wenn Sie keine Tochter haben, dann würde ich mir vielleicht die Bezugsperson vorknöpfen, die für Männer ein ganzes Leben lang wichtig ist.«
    »Ihre Mutter.« Tulloch sah aus, als hätte sie gerade einen Pfirsichkern verschluckt.
    »Genau«, erwiderte ich. »Ehrlich gesagt kann ich mir keine bessere Methode vorstellen, mich an einem Mann zu rächen, als seine Mutter in Stücke zu schneiden.«
    »Okay, okay.« Anderson hob abwehrend die Hände. »Ich sage doch nur, dass mir das ein bisschen extrem vorkommt.«
    »Eine Vergewaltigung verändert eine Frau«, erklärte ich und wartete, ob irgendjemand hören wollte, was ich zu sagen hatte. Niemand wandte sich ab. »Vergewaltigungsopfer sprechen vor und nach der Tat über sich selbst, als ob sie zwei verschiedene Personen wären.«
    »Wir wissen, dass sich ein Trauma massiv auf die Menschen auswirkt«, wandte Anderson ein, »aber nicht –«
    »Ich rede hier nicht von einer depressiven Phase oder dass man ein bisschen gereizt ist«, fiel ich ihm ins Wort. »Vergewaltigungsopfer drücken sich diesbezüglich sehr klar und deutlich aus. Sie reden davon, dass die Vergewaltigung die Person ausgelöscht hat, die sie einmal waren, und dass sie sich erst an den neuen Menschen gewöhnen müssen, zu dem sie geworden sind.«
    »Ja, aber bei allem –«
    Tulloch legte ihm die Hand auf den Arm. »Sprechen Sie weiter, Lacey.«
    »Für die meisten dieser Frauen wird das Leben nach der Vergewaltigung von Angst beherrscht«, erklärte ich. »Sie haben plötzlich Angst vor der Dunkelheit, Angst vorm Alleinsein, vor komischen Geräuschen in der Nacht, davor, Fremden zu begegnen, vor großen Menschenmengen.«
    »Vor allem«, stellte Mizon fest.
    »Ja«, bestätigte ich. »Wenn eine Frau brutal vergewaltigt wurde, wird Angst zur treibenden Kraft in ihrem Leben, manchmal für Jahre.« Ich hielt inne, plötzlich wusste ich nicht recht, worauf ich mit all dem hinauswollte. »Entschuldigung«, sagte ich, »wahrscheinlich ergibt das alles überhaupt keinen Sinn.«
    »Aber absolut«, widersprach Joesbury. »Was sich daraus nicht ergibt, ist eine Verbindung.«
    Ich sah ihn an und sah die Verbindung. »Nun ja«, fuhr ich fort. »Was ist, wenn für eine von den Llewellyn-Schwestern nicht Angst die treibende Kraft war? Was ist, wenn es Wut war?«
    Einen Augenblick lang sagte niemand etwas.
    »Boss«, rief Barrett von der anderen Seite des Raumes her. Tulloch blickte auf.
    »Pete und Joe stehen vor Karen Curtis’ Haus«, meldete Barrett. »Die Kollegen vom zuständigen Revier haben sie dort erwartet. Es macht niemand auf, und es sieht aus, als ob hinter der Tür Post liegt. Was sollen sie machen?«
    Tulloch warf Joesbury einen raschen Blick zu. Er nickte.
    »Sagen Sie ihnen, sie sollen reingehen«, wies sie Barrett an.

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    Barrett gab die Anweisung weiter, und ich spürte, wie der ganze Raum den Atem anhielt. Wir warteten die paar Minuten, die junge, kräftige Polizisten brauchen würden, um eine Haustür aufzubrechen.
    »Sie sind drin«, meldete Barrett.
    »Wenn irgendjemand hier religiös ist, dann wäre jetzt ein guter Zeitpunkt, ein Stoßgebet zum Himmel zu schicken«, sagte Tulloch leise.
    »Nichts Besonderes im Erdgeschoss«, verkündete Barrett. »Sie gehen nach oben.«
    Ich bin nicht einmal annähernd religiös, trotzdem wiederholte ich im Stillen wieder und wieder die alten Gebete aus meiner Kindheit.
    Sekunden verstrichen. Wieder sprach Barrett leise in den Hörer. Er schaute auf.
    »Nichts«, sagte er. »Keine Spur von irgendetwas Ungewöhnlichem.«
    Kollektives Ausatmen war zu hören, und ich fragte mich, ob alle Anwesenden die Luft angehalten hatten. Tulloch sank auf einen Stuhl. »Gott sei Dank«, stieß sie hervor und ließ den Kopf in die Hände sinken.
    »Sekunde, Boss, sie haben was gefunden.«
    Alle Köpfe im Raum drehten sich in eine Richtung.
    »Ein Umschlag hinter der Haustür«, berichtete Barrett. »Ist nicht geöffnet worden, aber er sieht ein bisschen so aus wie der, den Jacqui Groves dabei hatte. Was sollen sie machen?«
    »Aufmachen«, befahl Tulloch.
    Wir warteten.
    »Noch eine schriftliche Warnung, Boss«, meldete Barrett nach kurzem Schweigen. »Presseberichte zu Jones und Weston und eine

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