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Dunkle Gebete

Dunkle Gebete

Titel: Dunkle Gebete Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sharon Bolton
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zusammen die Ausbildung gemacht«, antwortete sie. »Ich wollte die Welt retten, Mark wollte in jeder freien Minute Rugby spielen.« Wieder lächelte sie. »Nach einem Jahr oder so haben sie dem einen Riegel vorgeschoben, und er hatte keinen Plan B.«
    Wir blieben an der Fußgängerampel stehen, um auf Grün zu warten. Ich hatte nicht vor, Joesbury zu bedauern. Meiner Meinung nach hatte er als Undercover-Schläger seine Nische gefunden.
    »Wir haben uns lange sehr nahegestanden«, sagte Dana gerade. »Ich bin sogar Patentante seines Sohnes. Dann ist mir eine langjährige Beziehung in die Brüche gegangen, gerade als er geschieden wurde. Wir haben uns gegenseitig da durchgeholfen.«
    Die Ampel sprang um, und wir überquerten die Straße.
    »Während der letzten zwei Jahre habe ich ihn kaum gesehen«, fuhr sie fort. »Er ist völlig in seiner Drogengang abgetaucht, und ich war oben in Schottland. Wahrscheinlich hole ich da einfach bloß etwas nach. Er ist jetzt praktisch das für mich, was einer Familie am nächsten kommt.«
    Wir hatten das Revier erreicht.
    »Diese ganze Nummer, dass er bloß bei den Ermittlungen dabei ist, weil er sich langweilt«, meinte ich. »Das stimmt gar nicht, nicht wahr?«
    Tulloch bedachte mich mit dem knappen, leicht selbstgefälligen Lächeln einer Frau, die weiß, dass sie geliebt wird. »Natürlich nicht«, antwortete sie. »Er passt auf mich auf.«
    Sie sagte Gute Nacht und dass ich gut nach Hause kommen solle, dann ging sie hinein. Als ich in mein Auto stieg, dachte ich bei mir, dass Tulloch, auch wenn sie vielleicht in Sachen Familie und Freunde nicht viel vorzuweisen hatte, doch sehr viel besser dran war als ich.

26
    Amanda Weston kann nicht aufhören zu zittern. Nur dass Zittern etwas ist, was man tut, wenn einem kalt ist. Ihr ist, als könnte ihr vielleicht kalt sein – schließlich ist sie nackt –, aber dieses krampfhafte Schlottern hat nichts mit der Temperatur zu tun. Das ist keine Kälte. Das ist Angst.
    Hoch über ihrem Kopf hängen große, farbige Gebilde von der Decke. Sie sieht abblätternde rote, blaue und gelbe Farbe und denkt, dass sie eigentlich wissen sollte, was das für Dinger sind, doch ihr schreckensstarres Gehirn kann anscheinend keine normalen Informationen mehr verarbeiten. Nur die kleinsten Details dessen, was mit ihrem Körper geschieht. Die raue Holzbank, auf der sie liegt, fühlt sich an, als würden tausend winzige Kreaturen in ihr Fleisch beißen. Das Jucken unter ihrem linken Auge ist so heftig geworden, dass sie am liebsten weinen würde, und sie ist sich sicher, dass irgendetwas an ihrem linken Bein hinaufkriecht. Sie kann nichts dagegen machen.
    Nicht dass sie das davon abhält, es zu versuchen. Die Hände, dann Arme, Kopf und Beine. Ziehen und drehen und zerren, bis sie vor Erschöpfung nicht mehr kann. Eine letzte Anstrengung, der ganze Körper, ein gewaltiges Aufbäumen, jetzt gleich. Sinnlos. Sie kann sich nicht bewegen.
    Ein Geräusch hinter ihrem Kopf. Jemand ist zurückgekommen.
    Eine Hand berührt ihr Gesicht. Dann ein jähes Brennen, als das Klebeband über ihrem Mund abgerissen wird und die kalte Luft in wunde Haut sticht.
    »Wie geht’s?«, flüstert die Stimme ihr ins Ohr.
    Amanda versucht zu überlegen, was sie sagen soll. Etwas, das Anklang findet, etwas bewirkt. Etwas anderes als die alten Klischees. Warum machen Sie das? Bitte tun Sie mir nichts. Lassen Sie mich gehen, ich sage auch kein Wort, ich verspreche es.
    »Das ist ein Irrtum«, trifft sie ihre Entscheidung. »Ich bin nicht die, für die Sie mich halten. Ich habe nichts getan.« Amanda hält es für unmöglich, noch mehr Angst zu haben. Dann wird ihr klar, dass das sehr wohl möglich ist.
    »Erzähl mir was von dir, Amanda«, flüstert die Stimme. »Erzähl mir von deinen Kindern.«
    Ihre Kinder? Ihr Magen fühlt sich wie ein Eisklotz an. Unmöglich. Abigail ist in der Schule. Die hätten sie doch angerufen, wenn sie verschwunden wäre? Wann hat sie das letzte Mal mit Daniel gesprochen? Amanda späht angespannt nach rechts und links, als könne sie die beiden vielleicht dort erblicken, festgeschnallt wie sie, einer auf jeder Seite. Niemand da. Sie und die Stimme in ihrem Ohr sind allein.
    »Wie heißen sie?«, fragt die Stimme. »Ich werde es wissen, wenn du lügst. Und du auch. Wie heißt deine Tochter?«
    »Ab…Abigail«, würgt Amanda hervor.
    »Hübsch. Und dein Sohn? Erzähl mir von deinem Sohn.«
    »Daniel«, sagt sie.
    »Du bist bestimmt sehr stolz auf sie. Mütter

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