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Dunkle Gebete

Dunkle Gebete

Titel: Dunkle Gebete Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sharon Bolton
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Mord, das ist alles.«
    Diesmal schaute sie nicht weg. Sie hatte ein paar Sommersprossen auf Nase und Wangen, ungewöhnlich für eine Frau mit dieser Haar-und Hautfarbe. Hinter ihr konnte ich den Kirchendiener durch das Seitenschiff gehen sehen, vorbei an den mächtigen hellen Steinbögen, die das Kirchenschiff säumten. Tulloch wandte den Blick nicht von mir ab.
    »Bei den Ermittlungen damals ist die Polizei gekreuzigt worden«, sagte sie. »Damals und seitdem immer wieder. Charles Warren, der Chef der Londoner Polizei, ist zurückgetreten, weil er Jack the Ripper nicht finden konnte. Also, dem werde ich zuvorkommen. Ich kann nicht den Tod von fünf Frauen auf mein Gewissen laden, Lacey, das kann ich einfach nicht.«
    Da war durchaus etwas dran. Die paar Stunden, in denen ich geglaubt hatte, ich hätte Geraldine Jones’ Tod verhindern können, waren ziemlich ungemütlich gewesen. Außerdem wusste ich, dass man Tulloch die Schuld geben würde, wenn sich noch mehr Morde ereigneten und niemand gefasst wurde.
    »Darf ich Sie was fragen?« Ich dachte mir, wenn eine Vorgesetzte sich mir anvertraute, bräuchte ich wahrscheinlich auch nicht mit meiner Meinung hinterm Berg halten.
    Sie vollführte eine kleine Bewegung mit dem Kinn. Ich betrachtete das als ein Ja.
    »Wie viele Fehler haben Sie bis jetzt gemacht?«, wollte ich wissen.
    Eine senkrechte Furche erschien zwischen vollendet geformten Brauen. »Ich bin mir nicht sicher …«
    »Wenn Sie mit den Ermittlungen noch mal von vorn anfangen müssten, was würden Sie anders machen?«
    Sie schüttelte den Kopf. Das ließ sie sich nicht bieten.
    »Wenn jemand Erfahreneres die Leitung gehabt hätte, der nicht wie Sie diese Ängste gehabt hätte«, fuhr ich fort, »was hätte der unternommen, was Sie nicht getan haben?«
    Sie seufzte und wandte sich wieder der Vorderseite des Kirchenschiffes zu. Ich schaute in dieselbe Richtung, auf die Doppelreihe Statuen über dem Altar und die drei Buntglas-Bogenfenster darüber.
    »Sie haben Ihre Sache gut gemacht«, sagte ich. »Niemand sagt auch nur andeutungsweise etwas anderes. Und wir wissen doch gar nicht, ob noch etwas passiert. An Ihrer Stelle würde ich noch vierundzwanzig Stunden warten.«
    Tulloch beugte sich vor, bis ihr Ellenbogen auf ihrem Knie ruhte und ihr Kinn in ihrer Hand. »Was glauben Sie, warum ich Ihnen das alles erzählt habe?«
    Verdammt gute Frage. »Weil ich zufällig gerade neben Ihnen sitze«, schlug ich vor.
    »Ich wollte, dass es kein Zurück mehr für mich gibt«, sagte sie. »Ihnen von meinem Versetzungsgesuch zu erzählen heißt ganz einfach, vollendete Tatsachen zu schaffen. Ich kann doch keine Mordermittlung leiten, wenn einer aus meinem Team weiß, dass ich so drauf bin.«
    »Na, dann ist es ja ein Glück, dass ich nicht zum Team gehöre, nicht wahr?« Ich lehnte mich auf der Bank zurück und wusste, dass sich das ein klein wenig selbstzufrieden anhörte. »Das haben Sie mir doch ganz klar zu verstehen gegeben.«
    Sie gab einen Laut von sich, der ein leises Lachen gewesen sein konnte. Es hätte auch ein kleines Aufschluchzen sein können. »Sie erinnern mich an jemanden«, sagte sie.
    »Ist das gut oder schlecht?«
    Der Kirchendiener stand ganz in der Nähe. Er fing meinen Blick auf und trat noch näher, hob den linken Arm und zeigte auf sein Handgelenk. »Tut mir wirklich leid«, sagte er. »Es ist Zeit.«
    Dana stand auf. Ich tat es ihr nach, und wir gingen zur Rückseite der Kathedrale. Unsere Schritte klangen unnatürlich laut in dem nunmehr leeren Gebäude.
    »Größtenteils gut«, sagte sie. »Sie war eine gute Freundin. Aber sie hat sich auch ständig in alles eingemischt. Konnte anscheinend nicht kapieren, dass man damit selbst in die Schusslinie gerät. Ich nehme stark an, dass Sie dasselbe Problem haben.«
    Sie hatte recht, das mit der Schusslinie musste ich noch hinkriegen.
    »Übrigens«, meinte Tulloch, als wir in die Nacht hinaustraten, »was haben Sie mit Mark gemacht?«
    Ich konnte sie nicht ansehen. »Meinen Sie DI Joesbury?«, fragte ich nach kurzem Zögern.
    Sie lachte leise. »Ja, genau den. Habt ihr beide euch gestritten?«
    »Na ja, ich … ich weiß nicht recht, ob wir so gut miteinander können«, brachte ich heraus. »Tut mir leid.«
    Sie antwortete nicht, doch als ich zu ihr hinüberschielte, lächelte sie.
    »Kennen Sie ihn schon lange?«, fragte ich, eine Sekunde, bevor mir klar wurde, dass ich gar nichts über Tullochs Beziehung zu Joesbury wissen wollte.
    »Wir haben

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