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Dunkle Gebete

Dunkle Gebete

Titel: Dunkle Gebete Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sharon Bolton
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breiten, flachen Stufen der Galerie hinunter und schaute unter jede Bankreihe. Er hielt eine Taschenlampe in der Hand, hatte sie jedoch nicht angeschaltet. Das Klingeln von Emmas Telefon war lauter geworden.
    Joesbury sah sich kurz um, ob ich noch da war, dann ging er auf die Seite der Galerie zu, von der aus wir zum Becken hinuntergelangen konnten. Wir kamen an toten Mäusen und Fast-Food-Verpackungen vorbei. Ich stieg über Glasscherben und über Haufen hinweg, die grässlich nach menschlichen Exkrementen aussahen. Als wir unten ankamen, tauchte DS Anderson im Torbogen am anderen Ende der Halle auf. Meiner Erinnerung nach führte der zur kleineren der beiden Schwimmhallen, jener, die in der viktorianischen Zeit den Frauen vorbehalten gewesen war. Anderson erblickte uns und schüttelte den Kopf. Er hatte nichts gefunden. Joesbury war an das Becken getreten, seine Füße berührten die gemeißelte Steinumrandung.
    Ohne Wasser wirkte das Loch im Boden gigantisch. Es war fast dreißig Meter lang und fünfzehn breit. Früher hatte es hier ein Fünf-Meter-Brett gegeben, und das tiefe Ende war sehr tief gewesen. Seit seiner Schließung war das Becken als Müllabladeplatz benutzt worden. Cafeteriastühle, Rettungsringe, Bademeisterstühle, sogar Teile des alten Ein-Meter-Bretts waren dort hineingeschmissen worden.
    Joesbury betrachtete eine riesige Segeltuchplane, die sich vom Grund des Beckens aufwärts wölbte. Das Klingeln drang darunter hervor. Als mir klar wurde, dass mein Handy immer noch auf Anrufen gestellt war, griff ich in die Tasche und brach die Verbindung ab.
    »Das war ich«, erklärte ich mit gedämpfter Stimme, als die beiden Männer verdutzte Gesichter machten. »Das ist Emma Bostons Handy. Ich habe sie angerufen und bin dem Klingeln hier reingefolgt.«
    Joesbury schaltete seine Taschenlampe an und leuchtete ins Becken hinunter. Selbst so war es unmöglich zu erkennen, was sich unter der Plane befand.
    Er wandte sich an Anderson. »Wie sieht’s mit Verstärkung aus?«
    Anderson sprach kurz in sein Funkgerät. Dann blickte er auf. »Noch ungefähr fünf Minuten«, meldete er. »Der Boss hat auch die Ninjas mobilisiert. Die sind in zehn Minuten hier.«
    Ninjas ist Polizeislang für die CO19 , die bewaffnete Truppe. Tulloch musste ernsthaft besorgt sein, wenn sie sie angefordert hatte.
    »Sagen Sie ihnen, sie sollen das Gebäude sichern«, befahl Joesbury. Er sprach leise, genau wie Anderson es getan hatte. »Vier Eingänge, die Feuertreppe eingeschlossen. Und sie sollen sich beim Reinkommen vorsehen. Ich denke, man kann mit einiger Sicherheit sagen, dass dies hier ein Tatort ist.«
    Während Anderson zur Seite trat, um die Anweisungen weiterzugeben, wandte Joesbury sich wieder mir zu. »Rufen Sie noch mal an«, sagte er. Meine Hände zitterten, doch ich tat wie geheißen.
    Unter der Plane begann Emmas Handy abermals schrill zu klingeln, und Joesbury knurrte ein Wort von der Sorte, die man seiner Großmutter gegenüber nicht in den Mund nimmt. Er legte die Taschenlampe auf den Boden, ging in die Hocke und sprang ins Becken hinunter.
    »Auflegen, Flint, das macht mich wahnsinnig«, rief er nach hinten, während er auf die Plane zuging. Wieder tat ich wie geheißen. Mich hatte das Klingeln auch wahnsinnig gemacht. Leise Schritte auf den Fliesen verrieten mir, dass Anderson näher gekommen war.
    »Sekunde, Boss«, sagte er, ehe er ebenfalls hinuntersprang und neben Joesbury trat. Beide hielten die Taschenlampen auf die Wölbung vor ihnen gerichtet. Keiner schien imstande zu sein, näher heranzugehen.
    »Herrgott noch mal, sie könnte noch am Leben sein!«, stieß ich hervor. Ich sprang zu ihnen hinunter und marschierte auf die Plane zu. Joesburys Hand schoss empor und landete mitten auf meinem Brustbein. Ich blieb stehen, während er sich bückte, zwei Ecken der Plane packte und sie zurückschlug.
    Ein Aufstöhnen entfuhr Anderson, eine Sekunde bevor uns klar wurde, was wir vor uns hatten. Eine menschliche Gestalt lag auf dem Boden, ihre Augen starrten blicklos an die Decke. Der linke Arm lag quer über der Brust; beide Beine waren angezogen und gespreizt. Blondes Haar war um den Kopf herum ausgebreitet. Eine menschliche Gestalt, aber kein Mensch.
    Es war eine altmodische Rettungspuppe, eine von denen, an denen ich vor Jahren selbst für meinen Rettungsschwimmer geübt hatte. Andere, die auf das hier gestoßen wären, hätten vielleicht gelacht, und sei es nur, um die innere Anspannung zu lösen. Wir lachten

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