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Dunkle Gebete

Dunkle Gebete

Titel: Dunkle Gebete Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sharon Bolton
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Tigerlilien. Ich ging weiter, tiefer in die Markthalle hinein, vorbei an Rosentürmen, Margeritenkaskaden und Kisten voller Blumen, deren Namen ich niemals hätte nennen können. Der Duft der Blumen wetteiferte mit dem Geruch nach Fast-food. Das ist eine sonderbare Kombination – Rosen und Frittierfett –, aber eine, die mir ganz gut gefällt. Es herrschte Hochbetrieb. Auf dem Markt werden die meisten Verkäufe zwischen fünf und sechs Uhr morgens abgewickelt, und es ging auf die Hauptgeschäftszeit zu.
    Da war er.
    Gut zehn Meter von mir entfernt, auf der anderen Seite eines kleinen Zierwaldes aus eingetopften Lorbeerbäumchen. Er war genauso angezogen wie damals im Park. Weite Hängejeans, schwarze Jacke mit orangefarbenen und neongrünen Symbolen, schwarze Mütze. Im grellen elektrischen Licht des Blumenmarktes waren die verkniffenen Gesichtszüge und die große Nase Samuel Coopers leicht zu erkennen. Vor einer Woche, im Park, war ich mir nicht sicher gewesen. Jetzt war ich mir sicher.
    Er schien zu schwanken und sich dann näher zu mir zu beugen. Mindestens zehn Meter entfernt, und doch wirkte diese Bewegung irgendwie bedrohlich, und ich musste mir innerlich befehlen, nicht zurückzuweichen.
    Während wir einander anstarrten, versuchte ich, mich daran zu erinnern, wie viele Ausgänge die Markthalle hatte. Dank Joesburys Peilsender würden meine Kollegen genau wissen, wo ich war. Wenn sie erst einmal hier waren, würden sie das Gebäude umstellen. Erst wenn klar war, dass alle Ausgänge gesichert waren, würden sie die Halle betreten. Wenn ich ihn lange genug hier festhielt und wir einander nur über die Zierbäumchen hinweg anstarrten, würden wir ihn kriegen.
    Sekunden verrannen, und ich konnte Unsicherheit in ihm spüren. Diese merkwürdigen Augen begannen, von einer Seite zur anderen zu zucken.
    Es war noch zu früh. Vielleicht waren schon ein paar Polizeibeamte draußen, aber noch nicht einmal annähernd genug. Ich brauchte mein Funkgerät. Bis jetzt hatte ich es noch nicht eingeschaltet, jetzt jedoch musste ich hören, wo die anderen waren. Ganz langsam bewegte ich die Hand auf meine Jackentasche zu. Cooper trat einen Schritt zurück. Ich verharrte regungslos.
    Ein Patt. Wenn ich mich bewegte, würde er abhauen.
    »Kann ich Ihnen helfen, Schätzchen?«
    Der Betreiber des Standes, neben dem ich stand, war zu mir getreten. Ohne den Blick von Cooper abzuwenden, schüttelte ich den Kopf.
    »Wie Sie wollen«, brummte der Mann, den ich nur aus den Augenwinkeln sehen konnte. »Aber Sie müssen da weg, ich will da was hinstellen.«
    »Ich bin von der Polizei«, erwiderte ich und wusste, dass er mir das wahrscheinlich nicht glauben würde. Ich trug Freizeitkleidung und hatte immer noch meinen Fahrradhelm auf. »Einen Moment bitte.«
    Der Standbetreiber schwieg einen Augenblick. »Wie wär’s dann mal mit ’nem Ausweis?«, fuhr er mich an.
    Ich achtete nicht auf ihn.
    Eine Hand packte meinen Arm. »Hey, ich rede mit Ihnen. Wenn Sie von der –«
    Mir blieb nichts anderes übrig, als mich umzudrehen. Ich sah einen übergewichtigen Mann Anfang vierzig vor mir. Er hatte mich dazu gebracht, Cooper aus den Augen zu lassen, und bekam meinen Ärger mit voller Wucht zu spüren. »Verschwinden Sie, sofort!«, zischte ich ihn an.
    »Ich rufe den Sicherheitsdienst«, verkündete er.
    Cooper war weg. Ich schüttelte die Hand des Mannes ab und hetzte los, ihm nach. Während ich einem Transportkarren auswich, zog ich mein Funkgerät hervor und schaltete es an. »DC Flint, verfolge Verdächtigen!«, rief ich hinein, das Kennwort, das mir im Äther Aufmerksamkeit garantieren würde. »Brauche dringend Unterstützung.« Ich wand mich durch die Menschenmassen und gab mir alle Mühe, niemanden umzurennen. Dann sah ich die Tür. »Ausgang zehn!«, rief ich. »Verdächtiger läuft auf Ausgang zehn zu.«
    Cooper schoss auf den Parkplatz hinaus, und ein paar Sekunden später tat ich es ihm nach. Er setzte gerade über das Geländer, hielt auf die Nine Elms Lane zu. Ich blickte mich kurz um, dann rannte ich ebenfalls über den Parkplatz. Er sauste zwischen den fahrenden Autos hindurch über die Wandsworth Road und auf die Kreuzung hinaus.
    »Er will zur Brücke!«, schrie ich ins Funkgerät.
    So rasch, wie ich es wagte, wand ich mich durch den fließenden Verkehr. Ein Bus ratterte vorbei, und frühmorgendliche Pendler starrten mich an. Einen Moment lang konnte ich Cooper nicht mehr sehen. Dann entdeckte ich die neongrünen Schnörkel auf

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