Dunkle Gefährtin
großen Kamin wärmten.
Alle verstummten, als Fulton und Samantha hereinkamen, und zwanzig Augenpaare richteten sich auf sie. Die Villa der Matriarchin war kalt und einschüchternd gewesen, ganz auf die Wünsche und Bedürfnisse einer einzelnen Frau abgestimmt. Dies hier hingegen war ein Familienheim, in dem Leute wohnten oder zu Besuch vorbeischauten, wie es ihnen gefiel. Keine Spur von Büroatmosphäre. Es stellte ihr Zuhause dar, und Samantha war hergekommen, um den Anspruch zu erheben, dass es auch ihres war.
Sie fröstelte, woran auch das knisternde Feuer nichts zu ändern vermochte.
Ein dunkler gutaussehender Dämon in einem Anzug hielt ein Glas in die Höhe. »Einen Drink, Fulton? Parker hat eine Flasche Single Malt mitgebracht.« Fulton nickte, und der Dämon fuhr fort: »Samantha, für dich?«
Samantha schluckte. So reizvoll es auch war, ihre Angst in Alkohol zu ertränken, verneinte sie lieber.
»Das ist also Samantha«, stellte ein anderer Mann fest. »Wir haben schon viel von dir gehört.« Bei seinem Blick fragte sie sich, was sie gehört hatten.
»Mein lasterhafter Bruder Parker«, stellte Fulton ihn vor, »dein Onkel.«
»Und wer ist
er
?«, fragte Parker, der an ihnen vorbeisah. »Er stinkt. Wer hat ihn hereingelassen?«
Samantha drehte sich erschrocken um und stieß beinahe einen Schrei aus, als Tain durch die Esszimmertür trat. Er trug einen modernen Anzug, bestehend aus schwarzem Jackett mit passender Hose, sowie eine Krawatte. Die Schwerthefte lugten unter dem Jackett hervor.
Schlagartig meldete sich die Dämonin in Samantha, die hungrig nach der Lebensessenz verlangte. Kein Wunder, strahlte er sie doch mit solcher Intensität aus! Samantha hatte Mühe, sich nicht auf ihn zu stürzen und vor allen anderen über ihn herzufallen. Hatte sie eben noch gefröstelt, wurde ihr nun furchtbar heiß. Sie hoffte inständig, dass ihre Brustspitzen sich nicht für jedermann sichtbar unter dem dünnen Seidenkleid wölbten.
Die menschliche Hälfte von ihr indessen wollte ihn fragen, wo zur Hölle er gewesen war und wieso er sich nicht darum geschert hatte, dass sie sich wie verrückt um ihn sorgte. Folglich konnte sie bloß stumm dastehen, während Tain sich unter den Dämonen umsah, die ihn anstarrten.
Die Frau neben Samanthas Onkel Parker nippte gelassen an ihrem Drink. »Vielleicht ist er ein Gastgeschenk. Seine Essenz ist berauschend.« Sie benetzte sich die Lippen, und ihre Dämonenaugen wurden noch dunkler.
Samantha spürte, wie die anderen Tain ebenfalls musterten, als wäre er die Vorspeise. Was ihn nicht weiter zu stören schien, denn er erwiderte ihre Blicke ungerührt. Dabei fiel er hier auf wie ein Motorradfahrer in der königlichen Loge in Ascot. Sein rotes Haar und die beiden Schwerter wollten nicht recht in einen Raum passen, in dem sich mit Hilfe von Blendzaubern ausnahmslos Leute mit eleganten jungen Körpern in edler Kleidung, mit schwarzen Haaren und Augen aufhielten. Tain war hinreichend förmlich gekleidet, hatte allerdings immer noch die Ausstrahlung eines verwegenen Kriegers, der sich nicht im Geringsten von einem Raum voller Dämonen einschüchtern ließ.
»Er gehört zu mir«, erklärte Samantha, deren Stimme leider ziemlich unsicher klang. »Er … hilft mir.« In Wahrheit hatte sie keine Ahnung, was er hier tat, und wie immer würde er sie nicht aufklären.
»Verstehe«, murmelte Parker sichtlich verwundert. »Das wird Tristan nicht gefallen.«
»Wer ist Tristan?«, fragte Samantha.
»Unser Neffe, leider«, antwortete Parker, »ein verwaister Knabe, der reichlich von sich eingenommen ist.«
»Was noch untertrieben sein dürfte«, ergänzte seine Frau, deren Blick immer noch an Tain haftete.
Auch Samantha schaffte es nicht, ihre Augen von ihm zu lösen. Er war aus dem Nichts hereingeplatzt, sah so atemberaubend aus wie immer, jedoch prangte eine halb verheilte Schnittwunde oben an seiner Wange.
Warum musste er ausgerechnet in diesem Moment wieder in ihr Leben treten, wo sie ihn schlecht beiseitenehmen und fragen konnte, was mit ihm passiert war? Oder ihn beiseitenehmen und festhalten konnte, um sich zu vergewissern, dass er wirklich zurück war – sofern er es denn war und das hier nicht nur eine kurze Stippvisite sein sollte.
Menschliche Diener schoben Servierwagen voller Essen herein, und die Familie nahm ihre Plätze an der Tafel ein. Alle schienen genau zu wissen, wohin sie sich setzen sollten. Fulton nahm selbstverständlich an der Spitze Platz, und der
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