Dunkle Gefährtin
Er hatte eine günstige Gelegenheit gewittert, den Betrug nicht geplant.
Sie wandte sich wieder zu Tain um und rechnete mit der Finsternis in seinem Blick. Doch etwas an ihm hatte sich verändert, auch wenn sie nicht sagen konnte, was es war. Sein kurzgeschorenes rotes Haar war immer noch ein seidiges rotes Lockenmeer, das sie unglaublich sexy fand. Immerfort malte sie sich aus, ihre Finger hineinzutauchen, während er langsam sein Jackett und sein Hemd abstreifte …
»Dein Haar«, flüsterte sie.
»Was ist damit?«
Samantha griff nach dem Photo von ihm, das zwanzig Minuten vor dem Zeitpunkt auf dem Anwesen aufgenommen wurde, als man die Matriarchin tot fand. »Ich wusste doch die ganze Zeit, dass mich irgendetwas stört! Sieh dir dein Haar an!«
Das Photo war schwarzweiß, aber es zeigte eindeutig Tains dichtes rotes Haar, wie es ihm von der Stirn zurück bis zu den Schultern fiel.
»Die Matriarchin ist
nach
dem Brand im Merrick’s gestorben«, erläuterte Samantha. »Dein Haar war verbrannt, und du hast es dir abrasiert. Entweder bist du das nicht auf dem Photo, oder die Zeitangabe ist falsch.«
Am liebsten wäre sie um den Tisch getanzt und hätte mit dem Bild unter Tristans Nase herumgewedelt, aber sie blieb würdevoll sitzen.
Tain sah nochmals auf das Photo. »Es sieht aber aus wie ich.«
»Vielleicht ein Chamäleon«, schlug Samantha vor.
»Oder ein Dämon mit einem Blendzauber«, meinte Fulton, dessen Blick zu Tristan wanderte. Der riss die Augen weit auf.
»Guckt mich nicht an! Ich habe das alles einem Vampir abgekauft. Das schwöre ich!«
»Ich glaube ihm«, sagte Samantha. »Ich denke, Tristan hat es in dem Glauben gekauft, etwas gegen Tain und mich in der Hand zu haben.«
»Warum, muss ich wohl kaum fragen«, fügte Fulton hinzu.
Samantha seufzte. »Ach, Dad, was passiert denn schon, wenn du mich nicht als Matriarchin vorschlägst?«
»Tristan und seine von der Hausdame favorisierte Ariel kommen an die Macht, denn sie ist die einzige andere Kandidatin.«
Samantha bekam Kopfschmerzen. »Allmählich denke ich, die Hausdame war entsetzt, als die Matriarchin anfing, davon zu reden, mich als ihre Nachfolgerin auszuwählen. Und ich frage mich, ob
sie
die Photos gefälscht hat, um es so aussehen zu lassen, als hätten Tain und ich etwas mit dem Mord an der Matriarchin zu tun.«
»Könnte sein. Sie vertritt ebenfalls die Fraktion ›Dämonen sollen herrschen‹. Sie ist nicht glücklich damit, dass wir versuchen, mit anderen auszukommen.«
»Aber hast du nicht gesagt, dass die Hausdame der niedersten Kaste unseres Clans entstammt? Egal, wer Matriarchin wird, sie bekommt doch ohnehin keine wirkliche Macht.«
»Die unteren Klassen sind erstaunlich konservativ«, antwortete Fulton. »Und die Hausdame genießt es, die Macht hinter dem Thron zu besitzen. Die Matriarchin ließ ihr nur ein Minimum durchgehen, wohingegen eine Matriarchin, die von der Hausdame selbst gefördert wurde … die Möglichkeiten sind unbegrenzt.«
»Und deshalb wolltest du, dass ich das mache?«
»Einer von vielen Gründen.«
Samantha sah ihr Leben auf einmal an einer Weggabelung. Einer der Wege führte zu ihrem Job als Polizistin, in dem sie Vampire verhaftete, weil sie mehr Leute als erlaubt gewandelt hatten, oder in Dämonenbars hockte, um Mindglow-Dealer zu überführen. Die Familie und der Clan ihres Vaters würden unter der Fuchtel der Hausdame und der von ihr ausgebildeten Matriarchin bleiben, und sowie die neue Matriarchin genügend Macht gewann, würde es die Welt zu spüren bekommen.
Oder aber Samantha nahm den anderen Weg, fand sich endgültig mit ihrer Dämonenfamilie und deren Welt ab und verhinderte, dass der Clan sich zu einer Versammlung des Bösen entwickelte. Sie könnte sich mit ihrem Bedürfnis nach Lebensessenz arrangieren und einen Weg finden, es zu stillen, ohne andere zu verletzen. Aber die Chance, dass sie jemals wieder ein normales Leben führte, wäre dahin.
Sie sah zu Tain auf, dessen Blick immer noch auf ihr ruhte. Würde sie Matriarchin, wäre sie ganz von ihrem Clan und dessen Problemen eingenommen, von den Leuten, die Tains Feinde waren. Sie konnte unmöglich voraussagen, was er täte, wenn es so weit käme, aber sie wusste, dass sie ihn liebte und dass die letzten Tage ohne ihn unerträglich gewesen waren.
Er sagte nichts. Stattdessen beobachtete er sie bloß mit seinen rätselhaften blauen Augen, während sie die schwerste Entscheidung ihres Lebens fällte.
Samantha schluckte den
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