Dunkle Gefährtin
wenden uns an die Bundesbehörden. Und das möchte ich nur im absoluten Notfall. Obwohl …« Sie sah Logan nachdenklich an. »Ich kann dich natürlich nicht davon abhalten, an deinem freien Tag eine Tour nach Nevada zu machen.«
»Stimmt genau«, bestätigte Logan. »Ich wollte sowieso wieder einmal hin.«
»Selbstverständlich weiß ich nichts davon.«
»Wovon?«, fragte Logan grinsend.
Als er sich zum Gehen wandte, vibrierte das Handy in seiner Tasche. Er nahm es heraus und schmunzelte, als er Samanthas Nummer
auf dem Display erkannte. Sie fehlte ihm jetzt schon.
Doch es war nicht Samantha, die ihn anbrüllte, kaum dass er das Telefon an sein Ohr hielt. »Sie sind weg!«, schrie eine Frau.
»Was? Wer ist weg? Wer spricht da?«
»Samantha ist weg«, keuchte die Frau. »Ich bin Flavia, ihre Cousine. Jemand hat Mindglow in ihren Kaffee gekippt. Als ich ins Büro kam, war sie weg – und die Hausdame auch.«
»Nun mal langsam«, sagte Logan, dessen Herz wie verrückt pochte. »Was ist mit Tain? Wo steckt er?«
»Weiß ich nicht. Ich kann ihn nirgends finden. Da lag einer dieser Briefe mit den ausgeschnittenen Buchstaben auf Samanthas Stuhl.« Flavia brach in Tränen aus und schluchzte: »In dem stand: ›Das letzte Opfer‹.«
Samantha kam im Stockdunkeln zu sich. Ihr Kopf dröhnte, und ihr war übel, was nicht unbedingt dadurch besser wurde, dass sie bäuchlings auf etwas Hartem lag, Hand- und Fußgelenke stramm zusammengebunden. Es fühlte sich an wie Klebeband. Wenigstens war sie nicht geknebelt; allerdings war ihr Mund so eklig trocken, dass es fast schon dasselbe war.
»Verdammt!«, krächzte sie heiser. »Das passiert einem, wenn man Mindglow nimmt?«
»Ich hoffe nicht«, raunte ihr eine Männerstimme zu, »sonst haben die mich übel abgezockt.«
»Merrick?«, stöhnte Samantha. »Und ich blöde Kuh dachte, dass du unschuldig bist!«
»Bin ich auch, Süße. Ich liege hier genauso zusammengeschnürt wie du, und ich kann mich des Gefühls nicht erwehren, dass das nächste Herz in einer Schachtel meins sein wird.«
Gar nicht gut. »Kannst du nicht zum bösen Dämon werden und dir den Weg nach draußen freikämpfen?«, fragte sie hoffnungsvoll.
»Ach du meine Güte, dass ich darauf nicht gekommen bin! Die Antwort lautet: Nein, kann ich nicht. In meinem ganzen Leben habe ich mich noch nicht so schwach gefühlt, und kotzübel ist mir auch. Ich kann nichts weiter tun, als hier herumzuliegen und mich in Sarkasmen zu ergehen.«
»Falls ich dich finde, meinst du, wir können uns gegenseitig die Fesseln abnehmen?«
»Wäre einen Versuch wert, auch wenn ich mir nicht allzu viel davon verspreche. Gäbe es einen Ausweg aus diesem Loch, hätten sie uns sicher an die Wände gekettet.«
»Wer
sie
?«, wollte Samantha wissen.
»Tja, wenn ich das wüsste! Ich habe ihre Gesichter nicht gesehen.«
Die nächsten fünf Minuten mühte Samantha sich damit ab, sich im Dunkeln herumzurollen, und wie sie hörte, tat Merrick es ihr gleich. Es dauerte ewig, bis sie endlich seine warme Anzugjacke hinter sich fühlte. Dann tastete sie sich zu seinen Handgelenken vor, und wie sie bereits vermutet hatte, waren sie mit festem Klebeband gefesselt. Während er versuchte, das Band von ihren Händen zu lösen, zurrte und zerrte sie an seinen Fesseln.
»Jetzt wären Dämonenklauen praktisch«, murmelte Samantha.
»Dein Kriegerfreund mit seinen großen Schwertern käme auch ganz gelegen, und das sage ich, obwohl er mir fast den Kopf abgeschnitten hat. Ich würde ihm glatt verzeihen, wenn er mich hier bloß rausholt.«
»Du hast mich geschlagen.«
»Wie bitte?«
»In deinem Club hast du mich geschlagen«, sagte Samantha. »Deshalb wollte Tain dir den Kopf abschlagen. Und er hat ihn noch ein bisschen drangelassen, weil ein Kopfloser nichts mehr dazulernt.«
»Sehr witzig! Und wer hat mir eine Knarre unter die Nase gehalten?«
»Ich wollte dich wegen Besitzes von Mindglow festnehmen.«
»Wegen
vermeintlichen
Besitzes von Mindglow. Nachdem mein Club bis auf die Grundmauern abgefackelt ist, dürfte das Thema erledigt sein. Schon komisch, wie aufregend mein Leben ist, seit ich dich kenne.«
»Reiner Zufall«, erwiderte Samantha.
»Ach ja? Tja, ich weiß nicht. Ah, ich glaube, ich habe den Anfang von dem Klebeband gefunden! Das Zeug konnte ich noch nie leiden.«
Einen Moment lang zupfte und riss Merrick schweigend an Samanthas Fesseln, und dann hörte sie ein Ratschen. Dennoch verging eine beängstigend lange Zeit, bis
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