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Dunkle Gewaesser

Dunkle Gewaesser

Titel: Dunkle Gewaesser Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joe R. Lansdale
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schlafen«, sagte Terry.
    »Ich möchte darüber nachdenken.« Allmählich wurde mir alles zu viel, und ich hoffte inständig, dass er und Jinx sich das aus dem Kopf schlagen würden, bis wir wieder den Fluss überquert hatten.
    »Was willst du da groß nachdenken?«, fragte Jinx. »Du hast doch erzählt, dass du nicht mal richtig schlafen kannst, weil du Schiss hast, dass dein Daddy zu dir ins Zimmer kommt.«
    Ich nickte und musste daran denken, dass ich meistens mit einem Holzscheit neben mir im Bett schlief, die Tür verriegelt, ein Auge offen und die Ohren gespitzt. »Das stimmt.«
    »Na also«, sagte Terry.
    »Ich muss daheim erst noch ein paar Sachen erledigen«, sagte ich. Wahrscheinlich würden wir das alles sowieso bald wieder vergessen; andererseits gefiel mir die Idee immer besser.
    »Na schön«, sagte Terry. »Dann gehen wir jetzt alle nach Hause und machen uns bereit. Und wenn ihr irgendwelches Geld habt, dann wäre es gut, wenn ihr es mitbringt.«
    »Ich hab einen Vierteldollar«, sagte ich. »Mehr nicht.«
    »Ich hab nichts außer meine Zähne«, sagte Jinx.
    »Ich habe ein paar Dollar«, sagte Terry. »Aber vor allem brauchen wir einen Plan.«

4
    Die Zeitschriften nahmen wir mit, was unserer Meinung nach in Ordnung war, schließlich hatte May Lynn uns erzählt, ihr Daddy fände es albern, dass sie in Filmen mitspielen wollte – sich auf der Leinwand zu zeigen, in engen Kleidern wie ein Flittchen und mit Make-up so dick wie Kriegsbemalung wäre nichts für eine erwachsene Frau. Sobald er erfuhr, dass sie tot war, würde er die Zeitschriften sowieso nur verfeuern oder hinterm Haus verrotten lassen. Und May Lynns »Zimmer« würde dann ebenfalls ihm gehören, von Zigarettenpapierchen und Tabakkrümeln verunstaltet.
    Jedenfalls stopften wir sie gerade in zwei Kissenbezüge, als ein Notizbuch mit einem roten Umschlag herausrutschte und auf den Boden fiel. Jinx hob es auf und sagte: »Sieh mal an.«
    Vorne drauf stand in May Lynns Handschrift das Wort tagebuch . Sie hatte einen Bleistift benutzt, und die Buchstaben waren so abgerieben und der Umschlag so dunkel, dass man es kaum entziffern konnte.
    »Meint ihr, wir sollten da reinschauen?«, fragte Jinx.
    »Bestimmt nicht«, erwiderte ich, »aber wir werden’s trotzdem tun.«
    »Wenn wir schon ihre Leiche klauen, sie anzünden und ihre Asche nach Hollywood mitnehmen«, sagte Jinx, »dann kommt’s darauf auch nicht mehr an.«
    »Aber nicht hier.« Mir fiel es nicht schwer, mich ihrer Meinunganzuschließen. »Wir gehn irgendwohin und lesen es in Ruhe. Ich will nicht, dass ihr Daddy plötzlich auftaucht und uns dabei überrascht, wie wir in sein Haus einbrechen und ihm Sachen stehlen. Kriminelle sollten ihr Werk im Geheimen verrichten, finde ich.«
    »Vielleicht sollten wir es zusammen mit den Zeitschriften verbrennen.« Terry nahm Jinx das Tagebuch so geschickt aus der Hand, dass sie eine ganze Weile brauchte, bis sie begriff, was geschehen war. »Schließlich kann sie uns nicht mehr erlauben, es zu lesen.«
    »Klar sollten wir es verbrennen«, sagte ich. »Aber wollen wir das wirklich tun?«
    »Wir wissen alle, dass wir reinschauen werden«, sagte Jinx. »Also los.«
    »Ich dachte, es wäre gutes Benehmen, wenn wir wenigstens so tun würden, als hätten wir ein schlechtes Gewissen«, erwiderte ich.
    Gerade hatte ich noch nach Hause gehen wollen, aber der Gedanke hatte sich so schnell verflüchtigt wie ein Vogel aus einem offenen Käfig. Wir beschlossen, irgendwohin zu gehen, wo wir das Tagebuch ungestört lesen konnten. Aber als wir auf die Veranda traten, drückte Terry mir den Kopfkissenbezug mit den Zeitschriften in die Hand und ging zum Klohäuschen hinüber.
    »Lies das bloß nicht da drinnen«, sagte Jinx.
    »Keine Angst«, sagte Terry.
    »Gib her«, sagte ich.
    »Nee. Ich weiß, dass ich es nicht lesen werde. Bei euch bin ich mir da nicht so sicher.«
    »Das war nicht sehr nett«, sagte Jinx, während Terry die Tür des Klohäuschens hinter sich schloss.
    Nicht allzu weit flussabwärts lag die Schaluppe, die Terry stehlen wollte. Sie war wie eine Judasziege an einem alten Zypressenstumpf mitten im Wasser festgemacht. Eigentlich war sie nur eingroßes Floß, aber alle sagten Schaluppe dazu. Aus dem Baumstumpf war ein riesiger Ast gewachsen, der einem Ende des Floßes Schatten spendete. Mittags im Sommer sah der Schatten grün aus, weil die Sonne durch die Blätter schien und ihr Licht auf die groben Planken fiel, die auf Baumstämmen festgenagelt

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