Dunkle Gewaesser
dass Jake ein Räuber war, richtig? Und sie hat eine detaillierte Karte aufgezeichnet, nach dem, was ihr Bruder ihr, wie sie behauptet, auf dem Totenbett verraten hat, also …«
»… müssen wir nur die Karte nehmen«, fiel Jinx ihm ins Wort, »und ihr folgen, dann sehen wir schon, ob sie uns irgendwohin führt, und dann teilen wir das Geld auf und machen, dass wir Land gewinnen.«
»Nicht ganz das, was mir vorschwebte«, sagte Terry. »Aber ich habe schon befürchtet, dass wir mit Sue Ellens Vierteldollar, deinem ›nichts außer meine Zähne‹, Jinx, und meinen paar Dollar nicht sehr weit kommen werden, und wenn doch, dann bestimmt nicht auf sehr angenehme Art und Weise. Aber wenn wir erst einmal flussabwärts gelangt sind, würde Geld so manches vereinfachen. Also schauen wir jetzt nach, ob das gestohlene Geld da ist, und wenn ja, dann nehmen wir es. Dann machen wir mit der Leiche, was ich gesagt habe. Verbrennen sie und bringen die Asche nach Hollywood. Das hätte sie so gewollt.«
»Das Geld ist gestohlen«, sagte ich.
»Wir wissen nicht einmal, von welcher Bank es stammt, selbst wenn wir es denn zurückgeben wollten«, erwiderte Terry.
»Siehst du?« Jinx nickte mehrmals kurz hintereinander. »Uns bleibt gar keine andere Wahl.«
»Wir könnten es den Behörden aushändigen.«
»Constable Sy?«, fragte Terry.
»Es muss doch noch jemand andren geben.«
»Gut möglich«, sagte Jinx, »aber die Idioten will ich gar nicht finden. Constable Sy würde es einfach für sich behalten. Ich möchte das tun, was Terry tun will, und ich schlage vor, dass wir möglichst sparsam sind, und wenn dann noch Geld übrig ist, teilen wir es auf. Und wenn dir das nicht passt, Sue Ellen, dann nehm ich deinen Anteil dazu.«
»Mal angenommen, das Geld existiert wirklich«, sagte ich. »Warum hat May Lynn es dann nicht genommen und sich vom Acker gemacht?«
»Vielleicht war sie noch nicht bereit«, überlegte Jinx laut.»Vielleicht kam sie nicht mit der Karte klar. Was nicht heißt, dass das Geld nicht da ist und dass sie es nicht nehmen wollte. Jetzt, wo ich drüber nachdenke – wir sollten einen Bus nehmen. Mit Wasser hab ich nicht viel am Hut. Ich kann schwimmen, aber nicht besonders gut, und dann hat’s da Schlangen und so Viehzeug. Im Bus muss ich hinten bei den Schwarzen sitzen, wie schmutzige Wäsche, aber wenigstens ersaufe ich da nicht oder werd von Schlangen gebissen.«
»Und von wo fahren wir mit dem Bus?«, wollte Terry wissen.
»Gladewater«, sagte Jinx. »So macht Daddy das immer. Er läuft über die Brücke, lässt sich nach Gladewater mitnehmen und nimmt dort einen Bus, der nach Norden zu den Yankees fährt. Und wir nehmen eben einen Bus nach Westen.«
»Dein Daddy hat ein Auto«, sagte ich.
»Jetzt ja. Aber so ist er das erste Mal gefahren. Mit dem Bus.«
»Nach Gladewater kommt man am besten auf dem Fluss«, sagte Terry. »Das geht schneller als Laufen, und wer weiß, ob uns jemand mitnimmt. Außerdem müssen wir uns dann keine Sorgen machen, mit wem wir mitfahren. Das hat May Lynn vielleicht das Leben gekostet. Sie ist zu den falschen Leuten ins Auto gestiegen. Ich bin dafür, dass wir das Geld nehmen, die Leiche stehlen und sie verbrennen. Dann füllen wir die Asche in eine Urne und lassen uns bis nach Gladewater treiben, wo wir am Busbahnhof Fahrscheine kaufen und nach Hollywood weiterfahren.«
»Klingt vernünftig«, sagte Jinx. »Und wenn wir nach Gladewater kommen, um den Bus zu nehmen, können wir uns noch was zu essen kaufen, für unterwegs. Das wollte ich immer schon mal machen. Allerdings werdet ihr es kaufen müssen. Sie mögen es nicht so, wenn Schwarze solche Geschäfte betreten.«
»Keine Sorge«, sagte Terry. »Darum kümmern wir uns.« Er sah mich an. »Du bist so schweigsam.«
»Ich sitze hier und denke über mein Leben als Schwerverbrechernach, und wie mir das helfen könnte, mir für die Busfahrt was zu essen zu kaufen.«
»Das Geld ist doch bereits gestohlen«, sagte Terry. »Du hast es doch nicht selbst geraubt.«
»Wenn ich es nehme, dann ist das wie Stehlen, denn genau das würd ich dann tun. Nur weil ich von einem Dieb stehle, bin ich deshalb nicht weniger ein Dieb.«
»Der Dieb ist tot und seine Erben genauso«, sagte Terry.
»Und May Lynns Vater?«
»Der zählt nicht.«
»Warum nicht?«
»Weil ich ihn nicht leiden kann, und wenn du dir’s genau überlegst, kann man gestohlenes Geld sowieso nicht erben. Nicht legal jedenfalls.«
»Da bin ich aber froh, dass wir
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