Dunkle Gier: Roman (German Edition)
weiß, dass es nichts damit zu tun hatte, dass sie sich zu sehr liebten. Ich habe dir gesagt, dass ich dir gehorchen werde, doch ich kann mein Herz nicht daran hindern, dich zu lieben. Das kannst du nicht von mir verlangen.
Er stieß den Atem aus, den er unbewusst die ganze Zeit angehalten hatte, nahm ihr Gesicht zwischen die Hände und ergriff Besitz von ihrem Mund. Es gab nichts mehr zu sagen. Er war bereits verloren. Wenn das Liebe war, war er nicht mehr in der Lage, einen anderen Weg zu gehen. Er würde Marguarita über sich und seine eigenen Bedürfnisse stellen. Sie würde nie in Gefahr gebracht werden, nur damit er die Kälte von sich fernhalten und Farben sehen und Gefühle verspüren konnte. Er konnte ertragen, mutterseelenallein zu sein, wenn es bedeutete, Marguarita vor allen Gefahren zu beschützen. Zacarias schwor sich, dass er stark genug sein würde, ihre Sicherheit immer und überall voranzustellen.
Er küsste sie lange und hart und nahm sich Zeit dafür, weil er ihr nichts mehr zu sagen und keine Möglichkeit hatte, sie zu beruhigen. Zacarias hatte nicht erwartet, dass die Verbindung zwischen ihnen derart intensiv sein würde. Er hatte auch nicht damit gerechnet, dass das Gefühl so stark sein würde – und er hatte ganz bestimmt nicht beabsichtigt, etwas für sie zu empfinden, das Liebe derart nahe kam. Doch nun befürchtete er, dass genau das eingetreten war. Als er den Kopf hob, sah er ihr prüfend ins Gesicht. Ihre Augen waren groß und ein bisschen verschleiert, aber sie hatte den Kuss bedenkenlos erwidert.
»Ich werde dich begleiten, doch wenn ich sage, wir gehen, will ich keine Widerworte hören.«
Sie nickte und trat einen Schritt durch die offene Tür. Die Pferde beobachteten sie neugierig, stampften hin und wieder noch, aber Marguarita hatte schon mehrmals an ihren Geist gerührt, und sie kannten sie und waren diese starke Verbindung gewohnt. Sie vertrauten ihr, und weil sie spürten, dass Zacarias’ Geist mit Marguaritas eins war, waren die Pferde mehr neugierig als alarmiert.
Wir züchten die Besten. Pferde mit ausgeglichenem Wesen und zugleich auch brio , dieser schwer definierbaren Eigenschaft, die bei jeder Bewegung Feuer und Eleganz zum Ausdruck bringt. Sieh sie dir an! Wie sie sich bewegen, die Schritte, die sie machen, die Art, wie sie den Kopf zurückwerfen. Sie haben ruhige, wache Augen und wunderschöne Gangarten. Pasos sind treue und gute Arbeitspferde. Diese Tiere würden sich jederzeit zwischen einen erzürnten Stier und einen gestürzten Reiter stellen. Sie sind sehr mutig, Zacarias.
Sie zog ihn noch weiter in den Stall hinein. Zacarias war noch nie einem Pferd so nahe gewesen, ohne dass es sich aufgebäumt und ausgetreten hatte, seinen Reiter abgeworfen hatte und in vollem Galopp vor Zacarias davongejagt war.
Die Leute verkennen sie, weil sie eher kleine Pferde sind. Sie haben ein Stockmaß zwischen einem Meter dreiundvierzig und einem Meter fünfundfünfzig, was nicht sehr viel ist, aber unterschätz sie nicht! Sieh nur, was für einen edlen Kopf sie haben!
Zacarias begann zu verstehen, was sie mit dem Temperament oder brio der peruanischen Pasos meinte, als er sie zu einer Box mit einer schönen kastanienbraunen Stute gehen sah, die sie beide aufmerksam beobachtete. Das Tier nahm den Blick dieser erstaunlich großen, intelligenten Augen nicht von Zacarias.
Sie hat einen sehr langen offiziellen Namen, aber ich nenne sie Sparkle. Ist sie nicht wunderschön?
Auch Zacarias war von der Stute fasziniert. Er befand sich in ihrer Reichweite, und das Pferd wieherte weder protestierend noch trat es gegen die Boxentür oder verdrehte entsetzt die Augen. Er merkte, dass seine Hände zitterten. Zacarias hatte nie verstanden, warum er sich so stark zu dieser Tierart hingezogen gefühlt hatte. Er hatte sie oft über die Weiden laufen sehen, mit ihren langen, im Wind flatternden Mähnen, den fließenden Muskeln, dem vorgestreckten Hals und den über die Erde donnernden Hufen, und es war eins der wenigen Bilder, die ihm zumindest einen Anschein von Frieden vermittelt hatten.
Er senkte den Blick auf Marguarita. War sie vor all den Jahrhunderten schon da gewesen, ein Wispern in seiner Seele, das ihn davor bewahrt hatte, in den Abgrund hinabzustürzen? Er verstand nicht, wie das sein könnte, aber die tief empfundene Freude in ihrem Gesicht, mit der sie die Pferde ansah, hallte auch in seinem Herzen wider. Pferde. Simple Wesen und zugleich doch so komplex. Jedes hatte seine
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