Dunkle Gier: Roman (German Edition)
Gefühl, alles zu können. War das Liebe? War es das, was er überall auf der Welt gesucht hatte, in all den Jahrhunderten, ohne je zu wissen, dass es so etwas tatsächlich gab? Ihm war sogar, als könnte er die Wärme der Sonne ertragen, solange er Marguarita hatte. Sie hatte Farben zu echtem, strahlendem Leben erweckt. Vielleicht gab es ja nichts, was sie nicht vermochte, kein Wunder, das sie nicht vollbringen konnte. Möglicherweise würden sogar die Pferde ihn im Stall dulden, solange er an ihrer Seite blieb.
»Wenn es dir so viel bedeutet, sívamet , dann werden wir’s versuchen.«
Ihr Gesicht erhellte sich, und er spürte, wie die innere Aufregung sich wieder legte. Marguarita nahm lächelnd seine Hand und verschränkte die Finger mit seinen. Lass dich mit mir treiben! Bleib in meinem Kopf! Irgendwann wirst du schon spüren, was du tun musst.
Wieder fühlte er sie in sich eindringen, mit all ihrer Hitze, dem Feuer und dieser faszinierenden Helligkeit, die ihn durchflutete wie das Licht von tausend Kerzen. Das Feuer verflüssigte sich, rann langsam und dick durch seinen Körper und Geist, bis er diese energetische Verbindung bis tief in seine Seele spürte. Zacarias hatte schon oft seinen eigenen Körper verlassen und war zu purer Energie geworden, um einen befreundeten Krieger zu heilen. Auch bei Marguarita war er aus sich herausgetreten, als der Vampir ihr vor Monaten die Kehle zerfetzt hatte. Zacarias hätte es eigentlich vermuten müssen, doch es kam für ihn ganz überraschend.
Marguarita war durch und durch menschlich, aber sie besaß starke übersinnliche Fähigkeiten. Ihre erstaunliche Affinität zu Tieren war rein psychischer Natur – und ihre ersten Kontakte zu ihm waren es auch gewesen. Sie legte ihr eigentliches Ich ab und wurde zu einem Lichtwesen. Selbst für einen Karpatianer war es gar nicht leicht, sein wahres Ich und seinen physischen Körper abzustreifen, doch Marguarita gelang es so mühelos, dass Zacarias nicht einmal bemerkt hatte, womit sie sich in ihm verband.
Mit seiner Seele. Er war sich dessen jetzt so sehr bewusst, wie er es noch nie gewesen war. Zacarias spürte, wie Marguarita ihn in versengende Hitze tauchte und die tieferen Schatten vertrieb, die sich schon festgesetzt hatten. Sie flohen vor ihr, als vernichtete sie sie mit ihrer strahlenden Helligkeit. Er fühlte sich mit einem Mal ganz leicht. Anders. Gerettet. Aber er wusste, dass diese Rettung nur so lange anhalten würde, wie sie mit ihm verbunden war.
Zacarias schloss die Augen, weil er jetzt verstand, was sein Vater in all den Jahrhunderten durchgemacht hatte, als er versucht hatte, seine Gefährtin einerseits so nahe wie möglich bei sich zu behalten und sie andererseits vor Gefahr zu schützen. Am Ende hatte er ihren Tod verschuldet und sein eigenes Leben in Gefahr gebracht, weil er sie auf die Jagd nach einem Meistervampir mitgenommen hatte. Er hätte es besser wissen müssen. Zacarias hatte seinen Vater angefleht, die Mutter zu Hause zu lassen; er hatte sich sogar mit ihm gestritten, um ihn davon abzubringen. Zacarias hatte angeboten, selbst zu gehen, wenn nur seine Mutter zurückblieb. Später hatte er seinem Vater die Schuld an ihrem Tod gegeben. Und sein Vater war auch dafür verantwortlich gewesen. Sie hätte an einem sicheren Ort zurückgelassen werden müssen. Das schrieb das Gesetz der Karpatianer vor; es war die erste Pflicht eines karpatianischen Jägers gegenüber seiner Seelengefährtin. Aber sein Vater hatte seine Gefährtin mitgenommen und war überlistet worden. Zacarias’ Mutter hatte den Preis dafür gezahlt, und letztendlich sein Vater auch.
Und du, Zacarias.
»Verstehst du jetzt?«, flüsterte er, weil er Marguarita vor einem solchen Schicksal bewahren wollte.
Noch nicht ganz, doch ich bemühe mich.
»Eher ertrage ich die Schatten und die Kälte, bevor ich je erlaube, dass du in Gefahr gerätst.« Es war ein Versprechen, eine Drohung. Und die Warnung, nur ja nie auf die Idee zu kommen, sich seinen Anordnungen zu widersetzen.
Er empfing von ihr keine Anteilnahme, oder jedenfalls nicht direkt. Dafür spürte er eine stärkere Verbindung, als ließe Marguarita noch mehr von sich in ihn hineinströmen. Zacarias fühlte, wie ihre Wärme in sein Herz eindrang, und packte Marguarita an den Schultern und schüttelte sie ein wenig.
»Meine Mutter hat ihn zu sehr geliebt. Sie hätte nicht mit ihm gehen dürfen.«
Man kann jemanden gar nicht zu sehr lieben, Zacarias. Was auch immer geschah, ich
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