Dunkle Gier: Roman (German Edition)
drängte sich an ihm vorbei und gab seinen Männern ein Zeichen, schon ins Haus voranzugehen. Dann berührte er Marguarita an der Schulter, aber es war Lea, die seine stumme Frage beantwortete.
»Im Keller«, flüsterte sie und erstickte beinahe an den Worten. »Sie sind beide tot.«
Julio lehnte sich zurück, um ihren geschwollenen, mit blauen Flecken übersäten Hals zu untersuchen. »Wer war das?«
Marguarita war heilfroh, dass sie nicht sprechen konnte, und überließ es Lea, die Geschichte zu erzählen. Als sie sich wieder einigermaßen im Griff hatte, setzte sie sich auf der Veranda in den Schatten und war dankbar für die dunkle Brille, die Cesaro ihr brachte. Mit angezogenen Beinen wiegte sie sich hin und her, während Lea den Männern berichtete, was geschehen war. Sie glaubte natürlich, Zacarias befände sich nicht auf der Ranch, und Cesaro und Julio nickten anerkennend, als sie schilderte, wie sie sich gerettet hatten – und Zacarias, auch wenn Lea davon keine Ahnung hatte.
»Wir werden die Polizei benachrichtigen müssen, damit sie herkommen, um mit Zacarias de la Cruz zu sprechen. Er wird sich um alles kümmern«, versicherte Cesaro Lea, »und alles Nötige veranlassen.«
Marguarita erschauderte bei dem Gedanken an ein Gespräch zwischen Zacarias und der Polizei. Wahrscheinlich würde nur er reden, und die Beamten würden so gefesselt sein von seiner Stimme, dass sie sich seinem Willen beugen würden. Er würde keine Hemmungen haben, psychischen Zwang anzuwenden, um die Polizisten glauben zu machen, was er wollte. Aber im Moment war das Marguarita vollkommen egal. Sie wartete auf der Veranda, bis die Sonne unterging, die Männer sich auf dem Hof versammelt hatten und der Polizeichef nach dem Notruf höchstpersönlich zur Hazienda herausgekommen war.
Marguarita konnte den genauen Moment bestimmen, in dem Zacarias sich erhob. Er nahm jedoch keine geistige Verbindung zu ihr auf, trat nicht in ihr Bewusstsein ein, um ihr das schreckliche Gefühl des Alleinseins und die Angst zu nehmen. Als sie zu ihm Kontakt aufnehmen wollte, hatte er einen Gletscher zwischen sie gesetzt. Nicht einmal ihre Wärme schien noch auszureichen, um diese dicke blaue, undurchdringliche Wand aus Eis zu schmelzen.
Ein Frösteln durchlief Marguarita, und sie rieb sich die Arme, um sich aufzuwärmen. Er kam, und er war beherrscht von einem Zorn, der kälter war als Eis. Sie spürte das leichte Zittern im Erdboden und hörte, wie die Pferde unruhig wurden. Der Himmel über ihnen verdunkelte sich, und von Süden zogen Wolken auf. Ein scharfer Wind blies Laub und Schmutz über den Hof. Die Männer wechselten unbehagliche Blicke miteinander.
Auch in Marguaritas Magen erwachte ein ungutes Gefühl. Sie spürte förmlich, wie Zacarias’ Zorn die Luft auflud, bis die Wolken sich zu gewaltigen dunklen Massen über ihren Köpfen auftürmten. Der immer mehr auffrischende Wind kühlte schlagartig die Luft ab. Donner grollte, und Blitze zuckten zwischen den dunklen Wolken auf und schossen in alle Richtungen, schlugen jedoch nicht in die Erde ein. Trotzdem spürten alle die unheilvolle elektrische Aufladung der Luft und die schneidende Kälte des Windes, der ihnen um die Ohren pfiff.
Zacarias’ Atem und Geist waren pures Eis. Turbulent und stürmisch, aber eisern unter Kontrolle gehalten. So kontrolliert wie der Sturm war auch Zacarias selbst, als er, groß und einschüchternd mit seinen breiten Schultern und der kräftigen, muskulösen Brust, auf das Haus zuschritt. Eisige Flammen züngelten in seinen schwarzen Augen. Niemals hatte ein Mann einschüchternder gewirkt, fand Marguarita. Die Polizisten und Rancharbeiter schienen das ebenso zu empfinden, denn alle verstummten, als er näher kam, und sahen einander unruhig an.
Zacarias brachte Gefahr mit, das verriet sich in der Haltung seiner Schultern, der Geschmeidigkeit seiner Bewegungen, den schmalen Lippen und dem kalten Blick. Er sah aus wie das, was er war – ein gefährliches Raubtier, und er machte die Menschen so nervös wie die Tiere. Doch obwohl er sich mit vollkommener Lautlosigkeit bewegte und sich perfekt in die Umgebung einfügte, beherrschte er alles um sich herum.
Er sah nur Marguarita an, konzentrierte den Blick auf ihren und ließ ihn nicht mehr los. Die eisblauen Flammen schlugen höher und glitzerten wie dunkle Saphire aus purem Eis. Die vor dem Haus versammelten Männer traten schweigend beiseite und machten ihm den Weg zur Veranda frei. Marguarita bekam einen
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