Dunkle Gier: Roman (German Edition)
auch immer. Zacarias wollte den Mann auf jeden Fall nicht in ihrer Nähe haben. »Er ist hier nicht sicher«, wiederholte er. »Verstehst du, was ich meine?«
Marguarita nickte. Zacarias de la Cruz konnte die Gegenwart des anderen Mannes oder den besorgten Blick in ihren Augen nicht mehr ertragen.
Wortlos hob Zacarias Julio auf, warf ihn sich über die Schulter und bewegte sich in Richtung Tür.
Zacarias?
Der sanfte, fast zärtliche Tonfall ihrer Stimme durchflutete ihn mit einer Hitze, die sein Innerstes in Flammen setzte. Langsam blickte er sich über die Schulter nach Marguarita um.
Vielleicht wärst du so freundlich, auf dem Weg hinaus meine Tür wieder zu reparieren?
Da war er wieder, dieser schon vertraute Drang zu lächeln! Die Belustigung dämpfte Zacarias’ Bedürfnis, jeden Mann umzubringen, der sich in ihre Nähe wagte. »Kein Problem«, erwiderte er freundlich.
Er ging, bevor er dem Impuls nachgeben konnte, den lästigen Kerl aus dem Fenster zu werfen, damit er Marguarita in die Arme nehmen und wieder ihren einzigartigen Geschmack kosten konnte.
Marguarita beobachtete, wie er stehen blieb und in einer beiläufigen Geste die Hand schwenkte, um die zersplitterte Tür in ihren ursprünglichen Zustand zurückzuversetzen. Erst als er fort war, atmete Marguarita auf und erlaubte sich für einen Moment, sich aufs Bett zu legen. Ihre Hand bebte, als sie die Finger an ihre nicht weniger zitternden Lippen drückte. Noch nie – nicht einmal bei den Raubtieren des Regenwaldes – hatte sie eine solche Explosion von Gewalt gesehen.
Mit Zacarias de la Cruz im selben Raum zu sein war ungefähr genauso aufregend, wie sich auf engstem Raum mit einem Tiger zu befinden. Mit seiner Macht und Energie nahm Zacarias nicht nur den ganzen Platz, sondern auch die Luft allein für sich in Anspruch. Mit seinem konzentrierten Blick erweckte er stets den Eindruck, allzeit wachsam und kampfbereit zu sein. Und wenn er in Aktion trat, geschah es zu schnell, um es zu verfolgen, und mit einer Gewalttätigkeit, die einen Zuschauer förmlich lähmte.
Sie trug die Schuld an seiner Attacke, weil ihr ein schrecklicher Fehler unterlaufen war. Zacarias hatte gewusst, dass er zu gefährlich geworden war, um in Gesellschaft anderer zu sein, und Maßnahmen ergriffen, um alle vor sich zu beschützen. Er hatte einen ehrenhaften Entschluss gefasst, aber sie hatte sich in ihrer Ahnungslosigkeit eingemischt und alle – einschließlich seiner unsterblichen Seele – in Gefahr gebracht.
Die Wunden an ihrem Handgelenk waren verheilt, doch sie würde nie diesen qualvollen, beänstigenden Flug durch die Luft vergessen, als der Adler sie zum Nachthimmel hinaufgetragen hatte. Sogar das klatschende Geräusch der riesigen Flügel, mit dem sie die Luft teilten, hatte Marguarita deutlich hören können. Ihr war übel und schwindlig gewesen, als sie gesehen hatte, wie der Boden unter ihnen sich entfernt hatte. Nicht einmal mit Schreien hatte sie sich Erleichterung verschaffen können. Bedauerlicher- und seltsamerweise war der einzige Trost, den sie hatte, an sein Bewusstsein zu rühren – an den Geist eines Mannes, der mehr ein wildes Tier war als ein Mensch.
Sie berührte ihren Nacken, und für einen Moment stockte ihr der Atem bei der Erinnerung daran, wie Zacarias’ Zähne ihre Haut durchdrungen hatten. Es hatte furchtbar wehgetan, und sie hatte entsetzliche Angst gehabt, dass er zu Ende bringen würde, was der Vampir begonnen hatte – oder schlimmer noch, dass er sie nicht töten, sondern zu seiner lebenden Marionette machen würde, was der Inbegriff des Bösen war. Nachdenklich strich Marguarita mit den Fingerspitzen über das pochende kleine Mal an ihrem Hals. Sie hatte sich dazu entschlossen, Zacarias zu dienen, solange es nötig war – und wusste, dass es dazugehörte, ihn ihr Blut nehmen zu lassen. Er brauchte es zu seiner Ernährung.
Entschlossen fuhr Marguarita sich mit den Händen über das Gesicht, als könnte sie so die Furcht abwischen, und straffte die Schultern. Diesen Schlamassel hatte sie sich ganz allein eingebrockt. Sie konnte die tiefe Traurigkeit in Zacarias spüren, den schweren Kummer, der ihn niederdrückte. Sie spürte seine Emotionen – die so stark waren, dass er kurz vor dem Zusammenbruch stand –, doch sie wusste, dass er sie nicht auf die gleiche Weise spürte wie sie selbst.
Sie würde ihrer täglichen Arbeit nachgehen, als befände Zacarias sich nicht im Haus. Und wenn der Moment kam, ihm ihr Blut zu geben,
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