Dunkle Gier: Roman (German Edition)
nicht einmal ihr Vater, und dass Zacarias sie nun ständig herumkommandieren wollte hatte fast schon etwas Komisches für Marguarita.
Jemand kam auf die Veranda und klopfte an die Eingangstür. Es war ein etwas schüchternes Anklopfen, das nicht nach Julio oder einem der anderen Cowboys klang. Marguarita zog sich der Magen zusammen, als sie einen schnellen Blick zum Schlafzimmer des Hausherrn warf. Bevor sie öffnete, holte sie eine geladene Waffe aus der Truhe in der Diele und steckte sie in die Rocktasche. Sie bekamen nicht viel Besuch, und da Zacarias tagsüber völlig hilflos war, war es ihre Sache, ihn zu beschützen.
Sie spähte hinaus und war ein wenig schockiert, als sie Lea Eldridge allein dort draußen stehen sah. Lea war noch nie ohne ihren Bruder auf die Ranch gekommen. Estebans Schwester war eine große, blonde Frau und immer sehr gut angezogen. Auch ihr Haar und Make-up waren stets perfekt, und sie trug nie etwas anderes als Designersachen. Während Esteban die Arbeiter sehr von oben herab behandelte, schien Lea immer offen und freundlich zu sein. Sie war eine schöne Frau und Marguarita viel sympathischer als die Mädchen, mit denen sie aufgewachsen war. Lea schien eine aufrichtige, großzügige Person zu sein, die immer Zeit hatte, auch mit älteren Arbeitern und Kindern zu sprechen, statt nur mit den gut aussehenden Junggesellen. Gerade das gefiel Marguarita sehr an ihr.
Deshalb riss sie erschrocken die Augen auf, als sie die Tür öffnete und Leas Gesicht sah. Ihre Freundin hatte eine Prellung an einem Wangenknochen und Tränenspuren im Gesicht. Normalerweise war Leas Haut makellos wie Porzellan, heute jedoch konnte selbst das sorgfältige Make-up die blaue Färbung nicht verbergen. Marguarita trat schnell zurück, um Lea hereinzulassen.
Ihre Freundin warf rasch noch einen Blick über die Schulter auf die umliegenden Felder und Straßen, bevor sie hereinhuschte und die Tür hinter sich zuzog. »Mein Bruder weiß nicht, dass ich hier bin. Niemand weiß etwas davon.«
Ich brühe uns Tee auf. Ich freue mich, dass du mich besuchst , schrieb Marguarita auf den Block, den sie immer bei sich hatte.
Sie drückte Lea den Zettel in die Hand und ging in die Küche voran, wo sie ihre Freundin mit einer Handbewegung aufforderte, Platz zu nehmen. Sie selbst stellte das Teewasser auf. In Momenten wie diesem fand sie es besonders ärgerlich, dass sie nicht sprechen konnte. Es dauerte ewig, alles aufzuschreiben. Während das Wasser sich erhitzte, setzte sie sich Lea gegenüber, berührte ihre Hand und schob ihr einen weiteren Zettel hin.
Was ist passiert? Hier bist du sicher, Lea.
Lea blinzelte, um die Tränen zu verdrängen, und schüttelte den Kopf. »Du verstehst nicht. Der Freund meines Bruders, Dan, wir nennen ihn DS, hat uns hier gefunden. Er ist … grässlich . Wohin wir auch gehen, er spürt uns auf, und Esteban tut, was immer er ihm sagt. Ich dachte, an einem Ort wie diesem würde er uns nicht finden, aber er ist schon hier, und er wird etwas Schreckliches tun. Wie immer.«
Wer hat dich geschlagen?
Lea senkte den Kopf und berührte mit der Fingerspitze ihre Wange. »Die Wahrheit ist, dass Esteban blind jeden von Dans Befehlen befolgt. Ich dachte, wir wären hierher gezogen, um ihn loszuwerden, aber sogar darin hatte DS seine Hand im Spiel. Er war es, der Esteban gedrängt hatte, hierherzukommen und sich mit den Leuten auf dieser Ranch hier anzufreunden.« Sie richtete einen sorgenvollen Blick auf Marguarita. »Ich schwöre dir, ich wusste nichts davon. Ich dachte wirklich, wir hätten hier endlich eine Chance, von DS wegzukommen. Er ist ein Teufel, Marguarita. Esteban lässt sich zu schrecklichen Dingen hinreißen, wenn er mit DS zusammen ist. Und falls er irgendetwas mit dieser Ranch vorhat, wird es nichts Legales oder Gutes sein«, warnte sie. »Das alles bedaure ich unendlich.«
Marguarita schrieb ein Fragezeichen in die Luft.
Lea rieb sich die Schläfen. »DS hat mich geschlagen, weil ich mich weigerte zu tun, was er verlangte.« Ein Schluchzen stieg in ihrer Kehle auf. »Esteban stand einfach nur dabei, während DS mich herumschubste.«
Was will DS von dir und Esteban?
»Er will unbedingt jemanden aus der Familie de la Cruz kennenlernen. Er ist wie besessen von der Idee. DS will, dass ich einen der Brüder verführe. Er sagt, wenn ich mich weigere, bringt er Esteban um. Ich habe versucht, mit meinem Bruder zu reden, doch er lachte nur und meinte, dann sollte ich DS besser gehorchen.«
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