Dunkle Gier: Roman (German Edition)
Lea tupfte die Tränen ab und schüttelte den Kopf. »Ich habe keinen Ort, an den ich gehen kann, und niemanden zum Reden. Niemanden, dem ich vertrauen kann. Ich wollte unsere Freundschaft nicht verraten, aber ich weiß wirklich nicht mehr, wie ich mich verhalten soll.«
Das Wasser kochte, und Marguarita stand auf, um es in die Teekanne zu gießen. Dann schrieb sie schnell etwas auf und schob Lea den Zettel hin.
Die Brüder de la Cruz kommen nur sehr selten her. Wieso glaubt dieser Mann, du könntest einen von ihnen verführen, wenn sie nie länger als einen Tag oder zwei bleiben und sich dann jahrelang nicht mehr sehen lassen? Das ergibt doch keinen Sinn. Und was würde dieser DS damit gewinnen, wenn du einen von ihnen verführtest?
Lea fuhr sich mit den Händen durch das Haar und zuckte die Schultern. »Geld? Nervenkitzel? Ich habe keine Ahnung. Aber ich weiß, dass DS Drogen und Waffen verkauft. Esteban hat sich in all diesen Mist verwickeln lassen. Ihm gefällt die Vorstellung, Mitglied einer illegalen Organisation zu sein. DS spricht von einem Geheimbund, dem er angehört – deren Mitglieder ›Bescheid wissen‹, wie er es nennt … und solche Dinge reizen meinen Bruder.«
Und eure Eltern?
»Sind beide tot. Wir haben einen Treuhandfonds, den unser Onkel verwaltet. Esteban ist nie zufrieden. Ich denke immer noch, dass er mit der Zeit vielleicht vernünftiger wird, doch er hört nie auf, nach dem nächsten Kick zu suchen. Seit er DS begegnet ist, ist unser Leben vollkommen verrückt geworden. DS treibt sich mit einigen sehr … gruseligen Leuten herum.«
Warum glauben sie, dass einer der Brüder de la Cruz hierherkommen wird?
»Deinetwegen.« Lea nahm dankend die Tasse und den kleinen Teller mit Plätzchen. »Etwas so Schlimmes wie dein Unfall musste einen der Besitzer hierher rufen, um die Angelegenheit zu untersuchen. Esteban hat DS wahrscheinlich herkommen lassen.« Sie trank einen Schluck Tee und betrachtete Marguarita über den Rand der Tasse hinweg. »Ich dachte, hier würde ich eine Chance auf ein normales Leben haben. Mir gefällt es hier. Und dann ist da auch noch … Julio.« Sie beobachtete Marguarita aufmerksam. »Habt ihr beide etwas miteinander? Er ist sehr fürsorglich dir gegenüber.«
Wir sind wie Geschwister aufgewachsen.
»Und uns mag er nicht, nicht wahr?«, fragte Lea. »Er sieht mich nicht mal an.«
Sie klang so traurig, dass es Marguarita fast das Herz zerriss. Julio hatte recht: Sie, Marguarita, fiel auf alles herein, was irgendwie verletzt war, ob Mensch oder Tier. Sie seufzte und zuckte die Schultern. Dann schrieb sie eine Antwort.
Julio findet es merkwürdig, dass ihr hierhergekommen seid. Ihr habt Geld und seid an das Leben in der Stadt gewöhnt. Keiner von euch beiden scheint hierher zu passen. Aber natürlich sieht Julio dich an, Lea. Du bist eine schöne Frau. Wie könnte er dich nicht anschauen?
»Ich würde gern bleiben. Selbst wenn Esteban weggeht, möchte ich bleiben. Mir gefällt unser Haus, und langsam beginne ich auch die Pferde zu lieben. Ich weiß, dass ich hier leben könnte. Und Esteban wird wegziehen. Ihm wird zu schnell langweilig. Ich habe mein Bestes getan, um ihn vor sich selbst zu retten, doch ich weiß jetzt, dass ich es nicht kann. Er hört nicht mehr auf mich. Wenn einer der Brüder de la Cruz nicht bald hier auftaucht, wird DS zu einer der anderen Haziendas gehen wollen, wo er vielleicht eine bessere Chance hat, einem von ihnen zu begegnen, und Esteban wird tun, was DS sagt.«
Die Brüder bleiben für sich. Selbst wenn sie auf einer der Ranches auftauchen, sprechen sie selten mal mit jemand anderem als Cesaro. Sie halten sich ein, zwei Nächte hier auf, und dann sind sie wieder weg.
»Kennst du sie?«
Zwei von ihnen habe ich ein paarmal gesehen, doch ich kenne sie nicht wirklich. Was auch immer dieser Mann, dieser DS, von den Brüdern de la Cruz will, er wird sie hier nicht finden, Lea. Will er vielleicht irgendwelche Geschäfte mit ihnen machen?
Mit einem leichten Stirnrunzeln knabberte Lea an einem Plätzchen. »Ich weiß es wirklich nicht. Esteban will nicht mit mir darüber reden. Er sagt mir nur, ich solle DS gehorchen.«
Marguarita ließ den Tee durch ihre Kehle rinnen. Er war heiß und süß, und ihr Magen rebellierte zunächst ein wenig, aber dann beruhigte er sich wieder. Das Essen fiel ihr in letzter Zeit schwer. Nichts schmeckte mehr, und oft hatte sie das Gefühl, als würde ihr übel, wenn sie feste Nahrung zu sich nahm. Besonders
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