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Dunkle Häfen - Band 1

Dunkle Häfen - Band 1

Titel: Dunkle Häfen - Band 1 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elin Hirvi
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gibt es, meine Liebe?" , fragte Sir Edward süffisant.
    Ihr Blick hätte töten können, als sie giftig keifte:
    "Wir haben Besuch! Sie warten im Salon."
    Mit spöttischem Lächeln nickte Sir Edward und marschierte zur Tür hinaus. Die Augen seiner Gattin hafteten sich kurz auf Ramis, dann folgte sie ihm.
    Lettice schlüpfte herein.
    "Da hast wohl noch mal Glück gehabt", meinte sie, aber es hörte sich nicht freundlich an. "Ich sah gerade zufällig Lady Harriet, die rein zufällig ihren Mann suchte. Ich wusste schon, wo sie ihn finden würde."
    "Danke, Lettice, du hast mich gerettet." Und Ramis meinte es aus tiefstem Herzen.
    "Ich wüsste nich t, warum du mir danken solltest", antwortete Lettice seltsamerweise. "Komm, machen wir uns an die Arbeit!"
     
    Das war das letzte Mal, dass Ramis mit Lettice sprach. Wenige Wochen nach dem Ereignis in der Bibliothek kursierten wilde Gerüchte um die junge Frau. Das Personal tuschelte. Anscheinend war ihre Monatsblutung ausgeblieben, wie gut Informierte wissen wollten. Außerdem hieß es, sei ihr Bauch verdächtig dick geworden. Ramis sah Lettice einmal von weitem. Sie war blasser als vorher, ja geradezu grau , und ihr ehemals spitzbübisches Gesicht gramvoll. Tatsächlich spannte sich das Kleid etwas über dem Bauch. Später hörte sie die Köchin in einem der wenigen Momente, in denen sie nicht stritten, zu Francis sagen:
    "Also, dass dieses Luder sich mit Sir Edward eingelassen hat! Das wusste ich noch gar nicht! Es heißt, es sei sein Kind unter ihrem Herzen. Wenn du mich fragst, kann es ebenso von jedem anderen Mann sein."
    Francis lachte daraufhin dreckig. Ramis konnte es nicht mehr mit anhören, sie rannte auf ihr Zimmer. Sie war entsetzt, aber nun war ihr einiges klar. Also hatte ihr Lettice in der Bibliothek wirklich nicht helfen wollen, sie war eifersüchtig gewesen! Ramis verstand das nicht. Um sich zu beruhigen, setzte sie sich an ihre improvisierte Frisierkommode und ordnete ihr Haar, das aus dem Knoten gerutscht war . Sie hielt inne und blickte das bleiche Gesicht in dem alten, fleckigen Spiegel an, das mit schreckensgeweiteten, blassblauen Augen zurückstarrte. Es war kein schönes Gesicht, fand Ramis. Ihr fiel ein, dass Sir Edward gesagt hatte, sie sei schön. Sie wollte aber nicht schön sein! Lieber würde sie in der Vergessenheit versinken... Beim Gedanken an ihn schauderte ihr.
    Am nächsten Tag kam Martha mit aschgrauem Gesicht zu ihr. Ramis räumte gerade frische Bettwäsche in einen Schrank. Bonny lag auf einem der Wäschestapel und schlief. Sie schreckte auf, als sie Schritte hörte, beruhigte sich aber sofort wieder, weil sie Martha erkannte.
    „ Sie haben Lettice rausgeworfen!“ , rief Martha. „Sie haben sie einfach schwanger auf die Straße gesetzt!“
    „ Was?“ , fragte Ramis entsetzt. „Wie kann jemand so etwas tun?“
    „ Lady Harriet kann. Und ihr Mann ebenso. Die werte Dame wollte keine Bastardkinder in ihrem Haus“, meinte Martha sarkastisch. „Und Sir Edward wollte sie auch loswerden.“
    „ Aber man sagt doch, er wäre der Vater!“, flüsterte Ramis.
    „ Das ist ihm doch egal. Für ihn zählt nur sein Vorteil. Und ein Kind, das ihm möglicherweise ähnlich sieht, könnte in seinen Kreisen zu unangenehmen Spekulationen führen. Die haben dort sowieso nichts anderes zu tun, als sich auf jedes Gerücht zu stürzen.“
    „ Aber sie stirbt da draußen doch. Es ist fast Winter. Sie wird erfrieren. Wie will sie auch noch für einen Säugling sorgen?“
    Das Elend der Straße war plötzlich wieder so nahe. Die hungernden Bettler am Straßenrand und die schmutzigen Kinder waren fast direkt vor der Haustüre.
    „ I ch weiß es nicht, Kind. Ich weiß es einfach nicht.“
     
    Die Dienerschaft summte wie ein Bienenschwarm, eifrig wurden die Neuigkeiten ausgetauscht. Es gab viele Spekulationen über eine tragisch klare Sache. Ramis fühlte Wut und Verachtung für diese Leute. Sie weideten sich geradezu an dem Unglück der jungen Frau, deren Leben man zerstört hatte. Er hatte sie zerstört. Dieser Gedanke machte sie erneut zornig. Hatte die Angelegenheit für Sir Edward denn irgendwelche Konsequenzen? Nein, natürlich nicht... Sie drehte sich um und ging in ihr Zimmer zurück. Auf dem Bett lag etwas. Es war leuchtend rosa. Sie trat heran und erkannte es sofort. Eine gewaltige, rosaberüschte Schlafhaube. Das Mädchen nahm den Stoff vorsichtig in die Hand und drückte ihn an seine erstarrte Brust.
     

Die Grippe
     
    Mit dem nächsten

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