Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Dunkle Häfen - Band 1

Dunkle Häfen - Band 1

Titel: Dunkle Häfen - Band 1 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elin Hirvi
Vom Netzwerk:
zwar ein brummiger alter Bär gewesen, der sie immer aus seinen Blumenbeeten weggejagt hatte, wenn sie darin spielte, aber trotzdem gu tmütig und er hatte nie jemandem von ihrer Untat erzählt. Irgendwie hatte sie ihn gemocht. Die Last senkte sich schon wieder schwer über sie, so dass sie ins Haus zurückging, um ihre Arbeit wieder aufzunehmen. Drinnen spürte man förmlich, wie die Menschen hier mit dem Tod rangen. Ramis sah nach Martha, deren Zustand sich unaufhaltsam verschlechterte.
    Die Köchin warf nur einen kurzen Blic k auf Martha und kommentierte:
    „ Da ist nichts mehr zu machen. Überhaupt nichts mehr. Sie ist ja mehr tot als lebendig.“
    Aber Ramis wollte Martha nicht aufgeben, das würde sie niemals tun. Obwohl sie schon seit Tagen nicht mehr geschlafen hatte, hielt sie mühsam die Augen offen und spritzte sich kaltes Wasser ins Gesicht, um wach zu bleiben. Schlaf war ein Luxus, den sie sich nicht leisten konnte. Das Hauspersonal konnte nicht anders, als sie widerwillig für ihre Entschlossenheit zu bewundern. Keinen Kranken gab Ramis jemals auf und wenn einer starb, so war es ein schwerer Schlag für sie.
    An einem der Tage, in denen die Entscheidung über das Leben der Kranken fiel, ließ Sir Edward Ramis zu sich rufen. Sie ging nur ungern von ihren 'Patienten' weg, sie wurde nun dringender denn je gebraucht. Immerhin gab es auch noch andere, die sich um sie kümmerten. Als das Mädchen Sir Edwards Arbeitszimmer betrat, befiel es die übliche Angst vor ihm. Er schien bereits auf Ramis gewartet zu haben, denn er erhob sich gleich von seinem Stuhl und kam auf sie zu. Nervös wich Ramis etwas zurück. Er runzelte missbilligend die Stirn und sie bemerkte, dass sie sich nicht gewaschen und umgezogen hatte. Doch er ging nicht näher darauf ein, sondern kam zu seinem Anliegen:
    „ Ich bin heute Abend beim König auf einem kleinen Ball in Kensington Palace eingeladen. Dabei ist es nötig, weibliche Begleitung zu haben. Nun, meine Frau Harriet ist krank, wie wir schon wissen und deshalb wirst du mich begleiten. Wir werden dich als meine Nichte ausgeben.“
    Ramis schaute ihn verdut zt an. Wie kam er denn darauf?
    „ Aber Mylord!“, protestierte sie. „Ich muss mich doch um die Kranken kümmern!“
    Das gefiel ihm überhaupt nicht.
    „ Es gibt hier genug andere, die das tun können! Du wirst mich begleiten!"
    Sie hörte die Drohung in seiner Stimme und Ramis wurde klar, dass er sie und Martha ohne weiteres aus dem Haus werfen konnte, wenn er wollte. So wie Lettice, dachte sie bitter. Seine Macht über das Personal war absolut.
    „ Ja, Mylord...“ , murmelte sie und es war ihr, als hätte sie Galle geschluckt.
    „ Gut “, meinte er sichtlich zufrieden. „Kannst du tanzen?“ Ihm war schon aufgefallen, dass sie sich nicht benahm wie die anderen Angestellten. Er fragte sich so ziemlich zum ersten Mal, wer sie eigentlich war. Vielleicht konnte sie ja auch tanzen, schließlich war sie wohl auch im Lesen bewandert, wie er in der Bibliothek gesehen hatte. Ach ja, eine köstliche Kleine.
    „ Nein... oder ich weiß es nicht.“ Sie war ganz durcheinander.
    „ Komm her, Semi!“
    Ramis erschrak; das hatte sie schon mal gehört. Aber weil sie an Martha dachte und an Emily und nicht zuletzt an sich selbst, zwang sie sich näher zutreten. Er fasste ihre Hand und zog sie zu sich her, so dass sie zusammenzuckte. Zu ihrem Erstaunen begann er sie und sich selbst im Kreise zu drehen. Da war etwas Vertrautes in den Bewegungen und fast unbewusst setzten sich ihre Füße auf, wenn auch sehr ungesch ickt und außerhalb des Taktes.
    „ Aha, du kannst es also “, bemerkte Sir Edward, ließ sie aber erst nach einer Weile wieder los. „Schlaf dich jetzt aus, Semi. Du siehst müde aus. Melde dich heute Abend bei Miss Grey.“
    Miss Grey war Lady Harriets Zofe... Seine Stimme klang gleichzeitig befehlend und auch irgendwie sanft, so dass Ramis angewidert den Kopf abwandte.
    „ Du kannst jetzt gehen.“
    Er wandte sich bereits wieder dem Schreibtisch zu.
    Verwirrt ging sie aus dem Zimmer. Natürlich würde sie nicht schlafen, sie musste schließlich auf Martha aufpassen. Sie machte sie große Sorgen um die Frau, die ihr wie eine Mutter war. Es ging ihr immer noch nicht besser. Die Aussicht, am königlichen Hof an einem Ball teilzunehmen, der Traum vieler Altersgenossinnen, verursachte bei ihr keinen Freudentaumel. Es kam ihr vielmehr sehr ungelegen und die Aussicht, mit Sir Edward dort hinzugehen... Überhaupt, weshalb

Weitere Kostenlose Bücher