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Dunkle Häfen - Band 1

Dunkle Häfen - Band 1

Titel: Dunkle Häfen - Band 1 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elin Hirvi
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Mutter zu gesellschaftlichen Anlässen trug. Mit einer Schere, die er halb unter dem Stoff entdeckte, fing er an, ihn feinsäuberlich klein zuschneiden. Als die Näherin hereinkam, entsetzte sie sich und brach beinahe in Tränen aus, als sie die Bescherung sah. Er wunderte sich nur, warum es so ein Aufheben gab. Er wusste ja auch nicht, dass das, was er zerschnitten hatte, Lady Harriets Abendgarderobe war und dass die Näherin deshalb gefeuert werden konnte. Wie diese ausgesehen und ob sie ihre Stelle behalten hatte, war ihm nicht mehr im Gedächtnis geblieben. Warum auch? Sie war nur eine Näherin gewesen.
    "Und was willst du nun, Näherin? Almosen von mir?"
    "Nein, Herr, das bestimmt nicht! Ich bin keine Bettlerin! Es ist nur..."
    "Ja, was denn?" , half er ungeduldig nach, als sie zögerte.
    "Nun ja, es ist so, dass ich sehr wenig Geld habe - nein, versteht mich nicht falsch! Für mich reicht es, ich komme mit Gelegenheitsarbeiten über die Runden, aber es gibt da jemanden, den ich verloren habe und da dachte ich, als ich Euch sah...."
    "Da dachtest du, ich könnte diesen jemand für dich wiederfinden? Weshalb sollte ich das tun?"
    "Ach Herr, ich will mir ja nichts herausnehmen, aber Ihr seid noch so jung und mein Mädchen war es auch, als sie fortging. Inzwischen ist meine Schwester gestorben, wegen der ich nicht mit ihr gehen konnte und nun will ich sie finden."
    Ihre Geschichte von ihrer kranken Schwester und ihrer kleinen Tochter rührte ihn nicht besonders. Er war erstaunt über ihre Unverfrorenheit, ihn damit zu belästigen. Wie wäre es denn, wenn bald das ganze arme London vor seiner Tür stünde und behauptete, ihn einmal gesehen zu haben und dass er ihnen deshalb helfen sollte?
    "Ich kann Euch nicht helfen, oder w ill es nicht, besser gesagt", würgte er sie ab. "Eure Tochter wird längst tot sein."
    "Nein, wartet doch! Ihr wisst noch nicht alles! Mein Mädchen war ein so unglückliches Kind. Das heißt, sie war nicht einmal meine Tochter. Sie kam vor sechzehn Jahren nach Maple House und ich habe versucht, sie zu beschützen. Sie war im Grunde genommen ein so liebes Mädchen, wollte niemand em etwas zuleide tun. Doch dann haben sie behauptet, sie hätte den Herrn ermordet."
    Hier horchte er auf.
    "Ach ja, die war das?"
    Sein Vater hatte geschworen, dem Mädchen die Haut bei lebendigem Leibe abzuziehen, wenn er sie in die Finger bekam. Sie hatte seinen Freund Sir Edward umgebracht. James stieg ab, um die Frau besser im Auge zu haben. Eine Katze, die um ihre Beine strich, fauchte ihn an und schlug mit der Pfote. Eine weitere schlich in der Nähe herum und beäugte ihn argwöhnisch.
    "Sind das deine Haustiere? Dan n halte sie besser von mir fern!"
    Die Alte nahm die Katze zu ihren Beinen auf den Arm und redete beruhigend auf sie ein.
    "Sie sin d ein wenig scheu, meine Katzen", entschuldigte sie sich. "Sie sind Leute wie Euch nicht gewöhnt."
    Es hörte sich fast wie ein Vorwurf an, aber dass es einer war, blieb eher unwahrscheinlich.
    "Sie hieß Ramis, dein Mädchen, nicht wahr?"
    "Oh, Ihr kennt sie?"
    "Sie ist zu einer zweifelhaften Berühmtheit gelangt."
    "Aber Ihr glaubt Ihnen nicht, nicht wahr? Ich kenne Euch, Ihr seid ein guter Mensch - und mächtig. Die Leute reden mit Achtung von Euch. Ich weiß, Ihr könnt ihr helfen. Ihr hättet sie sicher gemocht, sie war ein kluges Mädchen."
    Er lächelte. Die Frau war so leichtgläubig. Sie musste dümmer sein, als er angenommen hatte. Oder verzweifelter. Ihm kam ein Gedanke, der ihn aufrüttelte.
    "Ramis, hieß sie, ja? Beschreib, wie sie aussah!" , befahl er ihr rasch.
    "So wollt Ihr ihr helfen? Ich wusste es, als ich Euch sah!"
    Als sie mit ihrer Beschreibung fertig war, hätte er fast aufgelacht.
    "Falls Ihr sie irgendwo findet, sagt Ihr mir es dann?" , fragte die Alte bange.
    Er nickte lächelnd und schwang sich wieder auf sein Pferd. Er hatte sie schon gefunden, denn er hatte sich wieder daran erinnert, dass der schwarzhaarige Junge die Piratin Ramis genannt hatte. Wie viele Frauen mit diesem dummen Namen gab es? Jetzt wusste er auch, an wen ihn der Junge erinnert hatte. Diese Geschichte hätte im Theater aufgeführt wirklich die gesamte Stadt fesseln können. Diese Verwicklungen, die das Leben schrieb, waren besser als jedes Drama, nur dass er leider auch darin vorkam. Aber er würde diesem Schauerstück bald ein Ende setzen. Vielleicht würde er der Alten den Kopf der unglückseligen Piratin zuschicken.
    "Vielen Dank, alte Frau! Du weißt gar nicht,

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