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Dunkle Häfen - Band 1

Dunkle Häfen - Band 1

Titel: Dunkle Häfen - Band 1 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elin Hirvi
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bald, allerdings zu einem eher ungünstigen Zeitpunkt. Ganz gegen seine Gewohnheiten hatte der Erbe Fayford bei einem von Henrys Gelagen zu tief ins Glas geschaut und war nun dementsprechend angetrunken. Deshalb merkte er auch nicht, dass er in die falsche Kutsche einstieg, ein anderer Mann kam ihm entgegen und brachte ihn zu dem Gefährt, bevor James Kutscher etwas mitbekam. Nach einer Weile wunderte er sich doch.
    "Wohin fahren wir?" , fuhr er den Kutscher unwirsch an.
    "Äh, Eure Kutsche musste zurückfahren, weil eines der Pferde krank geworden ist. Ich soll Euch stattdessen fahren. Meine Herrin möchte, dass Ihr sie kurz besucht, bevor Ihr zurückkehrt."
    "So?" , grummelte der Adlige. "Wer ist denn diese Herrin?"
    "Das werdet Ihr sehen."
    James war zu benebelt, um misstrauisch zu sein, dabei roch das Ganze sehr nach Falle. Die Kutsche hielt an einem Haus und der Kutscher half seinem Passagier heraus. Dann führte er ihn durch einen Seiteneingang herein. Der Mann brachte James zu einem Zimmer und klopfte an. Die Stimme, die antwortete, war weiblich. Froh, dass er seinen Auftrag ausgeführt hatte, verschwand der Kutscher wieder. Er wollte nicht in die Intrigen der Herrschaften hineingeraten. Das Zimmer gehörte einer Frau, stellte James soeben fest. Es war auch eine darin, die reizende Amanda, in einem dünnen Kleidchen. Sie kam zu ihm und nahm seine Hand.
    "James, wie schön, dich zu sehen! Hast du dich nicht auch nach mir gesehnt? Jetzt können wir uns endlich ungestört unterhalten."
    "Eine schöne Frau ist mir immer willkommen."
    Sie sah nicht, dass er betrunken war. Sie wusste auch nicht, was unter der Maske seiner Selbstbeherrschung lauerte. Sie war eben noch ein junges Mädchen, trotz aller Keckheit unerfahren. Fast schüchtern sank sie in seine Arme. Eigentlich gab es einen Grund, weshalb er sie nicht jetzt küssen sollte, aber der war ihm entfallen. Als er sie ungestüm zum Bett drängte, bekam sie doch Angst. So hatte sie sich das nicht vorgestellt. Kurz darauf begann sie sich zu wehren und wollte schreien, aber er erstickte es mit seiner Hand und drückte sie in die Kissen.
    Sie war noch Jungfrau, stellte er in seinem Nebel fest. Während er sich wieder anzog, jammerte sie, die Decke bis zum Hals über sich gezogen.
    "Wenn du es irgendjemand erzählst, bist du tot, das schwöre ich dir!" , zischte er ihr ins Ohr.
    Nach ein paar Wochen hatte sie alles ausplaudern wollen, das hatte sie ihm mitgeteilt. Ihm gedroht. Ich werde dich zerstören! hatte in ihrem Brief gestanden. Diese kleine Närrin! Keiner würde James aufhalten. Vielleicht würde er eines Tages Gouverneur in Übersee werden wollen, dort gäbe es keinen König, der ihm reinreden würde oder aber er würde in London bleiben. Lady Amanda jedoch würde ihm dabei nicht mehr in die Quere kommen.

Logbuch
     
    April 1706, Karibik
    Die letzten Wochen waren in piratischer Hinsicht recht ereignislos, ebenso wie das vergangene halbe Jahr. Seit Parry tot ist, werde ich wieder als Kapitän geachtet und keiner ficht mich an. William wächst und wächst, er kann schon ein bisschen sprechen und seit er krabbelt, muss er die ganze Zeit beaufsichtigt werden. Wir zehren inzwischen von unseren letzten Reserven, wieder einmal schwindet das Geld mit jedem Mal, mit dem wir Proviant aufnehmen müssen, wie in einem Fass ohne Boden.
     
    Juli 1706, Amerikanische Küste
    Mitte Juni brach an Bord ein Fieber aus, das uns alle rasch erwischte. Ich selbst war auch krank geworden, doch außer Schnupfen und Halsschmerzen fehlte mir nichts. Obwohl es einige schlimm traf, schienen die Erwachsenen darüber hinwegzukommen. Es herrschte denkbar schlechte Stimmung, überall ertönte Husten und Krächzen, wenn man durch das Mannschaftsquartier ging, hüllte einen das Stöhnen ein. Wir hatten kein Geld mehr, kein Essen. Dann wurde William krank. Von Tag zu Tag siechte er mehr dahin, gegen dieses Fieber kam er nicht an. Bald hörte er auf zu schreien, was er bis dahin ununterbrochen getan hatte. Jetzt lag er nur noch apathisch da, seine Haut wurde kalt. Ich geriet außer mich vor Sorge, er musste schnellstens zu einem Arzt. Wir segelten nach Boston, eine der größeren Städte an der Küste. Dort musste ich einen Arzt finden, der William behandeln würde, wie ich das jedoch bewerkstelligen sollte, war mir nicht klar. Ich hatte kein Geld. Aber Edward brachte mich auf eine Möglichkeit:
    "Tante ", sagte er zu mir. "Du hast doch noch den Rubinring um deinen Hals."
    Ja, den hatte ich

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