Dunkle Halunken: Roman (German Edition)
einem wenig bekannten Heiligen, der für Belange zuständig war, die nie geschahen, vermutlich einer der Gründe, warum hier so viele junge Frauen beteten. Er warf einen Shilling in den Opferstock, hörte aber, wie die Münze auf Holz traf; vermutlich würde sie in dem Kasten lange Zeit allein bleiben.
Er fand genug Zeit für einen Umweg, der ihn zu Mister und Missus Mayhew führte, denen er die Hand schüttelte, ihnen für ihr Beileid und auch für die Hilfe dankte, die sie der kürzlich verstorbenen armen Simplicity gewährt hatten. Und die, wie Dodger betonte, zweifellos sehr dankbar gewesen wäre, wenn das Schicksal sie vor dem viel zu frühen Tod bewahrt hätte. In dieser Hinsicht sei er völlig sicher, fügte er hinzu, als hätte er es aus ihrem eigenen Mund gehört. Als ihn die Mayhews durch den Flur zur vorderen Tür führten, beschloss er einen weiteren Umweg und machte einen Abstecher zur Küche, wo er sogar für Missus Sharples ein fröhliches Lächeln erübrigte und einen dicken Kuss von Missus Quickly empfing.
Als er zur anderen Seite des Flusses zurückkehrte, fragte er sich, warum er dies alles unternahm, und das fragte sich vermutlich auch Onan, der einen der schönsten Tage seines Lebens erlebte – nie zuvor hatte er in einem Stück so lange und so weit laufen dürfen. Dodger fiel ein, dass es vielleicht eine Person gab, die ihm Antwort geben konnte. Das führte dazu, dass er erneut auf die Dienste eines Fährmanns zurückgriff und sich diesmal ein ganzes Stück stromaufwärts bringen ließ. Es folgten ein recht langer Fußweg zu Serendipitys Pension und dann eine Fahrt mit der Kutsche zum Anwesen einer gewissen Angela Burdett-Coutts. Die Tür wurde von einem überaus respektvollen Butler geöffnet, der sagte: »Guten Tag, Mister Dodger. Ich werde nachsehen, ob Miss Angela zu Hause ist.«
Angela erschien weniger als eine Minute später. Beim Kaffee berichtete Dodger von den Neuigkeiten und bat Serendipity, ihn in den Palast zu begleiten.
Serendipity nahm die Nachricht auf weibliche Art und Weise entgegen – sie geriet in Panik, weil sie nichts anzuziehen hatte. »Darüber brauchen Sie sich keine Sorgen zu machen, meine Liebe«, warf Angela munter ein. »Wir könnten meinem Schneider einen Besuch abstatten. Es ist zwar sehr kurzfristig, aber bestimmt lässt sich etwas bewerkstelligen.« Sie wandte sich an Dodger. »Wenn ich an Kleider denke, fallen mir Ringe ein, und deshalb wäre ich Ihnen dankbar, Mister Dodger, wenn Sie mir Ihre Absichten erklären könnten. Wenn ich richtig verstanden habe, sind Sie beide verlobt. Wann soll daraus eine Ehe werden, wenn ich fragen darf? Ich persönlich habe nie den Sinn von langen Verlobungen verstanden, aber könnte es vielleicht … Schwierigkeiten geben?«
Dodger hatte lange über Serendipity und eine Heirat nachgedacht. Offiziell – als Simplicity – war sie noch verheiratet, aber wie sie selbst gesagt hatte: Gott konnte bei der Hochzeit kaum zugegen gewesen sein, denn sonst hätte er nicht zugelassen, dass sich Liebe in etwas so Schreckliches verwandelte. Dodger hatte Solomon gefragt, und der alte Knabe hatte sich das Kinn gerieben, einige Male »Mmm« gebrummt und dann erwidert, dass ein Allmächtiger, an den zu glauben sich wirklich lohne, zweifellos diese Ansicht teilen würde. Und wenn nicht, würde Solomon es ihm erklären. Und Dodger hatte gesagt: »Ich weiß nicht, ob Gott in der Kanalisation war, aber die Lady bestimmt.«
Immerhin, dachte er, würde der betreffende Prinz sicher schweigen, und die einzigen anderen Zeugen für die elende Hochzeit waren Simplicity und der Ring gewesen. Der Ring war verschwunden, und Simplicity ruhte in einem Grab. Welche Hinweise gab es, dass Simplicity jemals gelebt hatte? In gewisser Weise handelte es sich um eine andere Art von Nebel, und in diesem Nebel, so dachte sich Dodger, fand man vielleicht einen Weg zu einem sonnenhellen Hochland.
Jetzt sagte er mit fester Stimme: »Simplicity war verheiratet. Aber Simplicity ist tot. Jetzt habe ich Serendipity, eine ganz andere Frau, und ich werde ihr helfen. Aber auch ich bin jemand anderer, und bevor wir heiraten, muss ich mir eine Arbeit suchen, eine gute obendrein. Zum Toshen gehe ich nur noch als Hobby. Aber ich weiß gar nicht, wo ich richtige Arbeit finden soll.«
An dieser Stelle zögerte er, denn Angelas Lächeln sprach Bände, blieb derzeit aber undeutbar für ihn. »Nun, wenn ich den Gerüchten Glauben schenken darf, junger Dodger«, sagte sie, »so
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