Dunkle Halunken: Roman (German Edition)
sie vor allen anderen zu finden, wenn Sie verstehen, was ich meine.«
»Du bist wirklich eine Entdeckung, mein lieber Dodger! Unter uns: Ich mag die Polizei, obwohl du das vielleicht ein bisschen anders siehst. Aber was ich an den Polizisten schätze – zumindest an einigen von ihnen: dass das Gesetz für alle gelten sollte, nicht nur für die Armen. Ich weiß, dass sie in bestimmten Vierteln der Stadt nicht beliebt sind, und allgemein gesprochen könnte ich hinzufügen, dass es hohe Stellen gibt, wo man ihnen noch ablehnender gegenübersteht.« Charlie zögerte. »Dein Informant berichtet also, dass die junge Dame aus einer Kutsche floh, aus einer noblen noch dazu. Finde die Kutsche, mein Freund, und jene, die sie für dieses schändliche Treiben zur Verfügung stellten. Dann könnte sich die Welt zum Besseren wenden, insbesondere für dich.«
Wieder klirrten Münzen, und Charlie legte zwei halbe Kronen auf den kleinen Tisch. Er lächelte, als sie auf der Stelle in Dodgers Tasche verschwanden.
Er sagte: »Da fällt mir ein, mein Kollege und Freund Mister Mayhew und seine Frau würden sich freuen, dich wiederzusehen, und darf ich morgen vorschlagen? Sie glauben, dass du ein Engel bist, wenn auch einer mit schmutzigem Gesicht, von freundlichem Wesen und möglicherweise in Erwartung einer ansehnlichen Karriere. Ich hingegen halte dich, wie du weißt, für einen Schlingel und Taugenichts erster Güte, voller List und Tücke. Kurz gesagt, ich sehe in dir einen schlauen Burschen, der zu allem bereit ist, um seine Ziele zu erreichen. Aber dies ist eine neue Welt, wir brauchen neue Menschen. Wer bist du wirklich, Dodger, und was ist deine Geschichte? Wenn du nichts dagegen hast, dass ich danach frage.« Er richtete einen neugierigen Blick auf Dodger.
Dodger hatte nichts dagegen, aber die Welt bewegte sich plötzlich zu schnell, und so erwiderte er: »Wenn ich es Ihnen erzähle, Mister … Versprechen Sie dann, es nicht weiterzusagen? Kann ich Ihnen vertrauen?«
»Ich gebe dir mein Ehrenwort als Journalist«, sagte Charlie. Nach kurzer Pause fügte er hinzu: »Streng genommen sollte die Antwort Nein lauten, Dodger. Ich bin Schriftsteller und Journalist, was ein recht seltsamer Bund ist. Wie dem auch sei, ich setze große Hoffnungen in dich, erwarte mir viel von dir und möchte den von dir erzielten Fortschritten auf keinen Fall im Weg stehen. Entschuldige …« Charlie holte einen Stift und ein winziges Notizbuch hervor, kritzelte einige Worte, sah dann auf und lächelte verlegen. »Ich bitte um Verzeihung, es ist eine kleine Angewohnheit von mir, ich schreibe mir gelegentlich bestimmte Ausdrücke auf, bevor ich sie wieder vergesse. Bitte fahr fort!«
»Nun«, sagte Dodger leicht verunsichert, »ich bin in einem Waisenhaus aufgewachsen. Ich war ein Findelkind, wissen Sie. Meine Mutter habe ich nie kennengelernt. Besonders groß war ich als Knabe nicht, und meine Kindheit war leider von Fieslingen bevölkert. Ich lernte, ihnen auszuweichen, mich am Rand des Geschehens zu halten und unauffällig zu sein. Einige der größeren Jungen lachten über meinen wahren Namen, und wenn ich mich beklagte, schlugen sie mich zu Boden. Aber nach einer Weile hörte das auf, als ich größer wurde, und dann schikanierten sie mich erneut, einfach so! Und ich dachte mir schließlich, he, ich hab genug davon, und ich schnappte mir einen Stuhl und zeigte es ihnen damit.« Er legte eine kurze Pause ein und erinnerte sich an den Augenblick der gerechten Strafe für alle Versündigungen. Selbst der Aufseher hatte ihn nicht bändigen können. »An jenem Tag landete ich auf der Straße, wo das Leben wirklich begann.«
Charlie hörte der sorgfältig gekürzten Version aufmerksam zu. »Bemerkenswert, Dodger. Aber deinen Namen hast du mir noch nicht genannt.« Dodger hob die Schultern, schien sich in sein Schicksal zu fügen, nannte seinen Namen und erwartete lautes Lachen. Stattdessen hörte er: »Oh, ich verstehe. Ja, natürlich, das erklärt einiges. Was diese Angelegenheit betrifft, bleiben meine Lippen selbstverständlich versiegelt. Doch gestattest du mir, nach dem weiteren Verlauf deines Lebens zu fragen?«
»Wollen Sie dies in Ihrem kleinen Notizbuch aufschreiben, Mister?«
»Keineswegs, junger Freund. Es ist reine Anteilnahme an den Menschen, die mich zum Fragen veranlasst.«
Man erzähle nie jemandem mehr, als er unbedingt wissen muss. An diese Devise glaubte Dodger. Aber nie zuvor in seinem Leben war er einem Außenstehenden
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