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Dunkle Halunken: Roman (German Edition)

Dunkle Halunken: Roman (German Edition)

Titel: Dunkle Halunken: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Terry Pratchett
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begegnet, der so schnell sein Vertrauen gewann, und deshalb beschloss er in dieser neuen Welt, die sich ständig veränderte, seine übliche Zurückhaltung aufzugeben.
    »Ich bin bei einem Kaminkehrer in die Lehre gegangen, weil ich so dünn war, wissen Sie«, sagte er, »und nach einer Weile bin ich weggelaufen, aber vorher bin ich durch den Kamin in ein Schlafzimmer geklettert, in ein piekfeines Schlafzimmer, und hab einen Diamantring vom Nachtschränkchen stibitzt. Und ich sage Ihnen, Sir, das mit dem Weglaufen war die beste Entscheidung, die ich jemals getroffen habe, denn Kamine und Schornsteine sind nicht die richtige Umgebung für einen Heranwachsenden. Der Ruß … man kriegt ihn überallhin, Sir, überallhin. Er gerät in alle Fugen und Ritzen, Sir, und er ist gefährlich. Setzt dem Piepmatz auf scheußliche Weise zu, und das weiß ich, weil ich einige Jungs kenne, die beim Kaminkehren geblieben sind, und sie waren echt übel dran. Aber dank der Lady bin ich rechtzeitig entkommen.« Dodger hob abermals die Schultern und fuhr fort: »So war das Leben. Was den Diamantring betrifft … Als ich ihn zum Hehler brachte, sagte der, ich hätte Talent, und er legte mir nahe, ein Snakesman zu werden. Das ist …« [2]
    »Ich weiß, was ein Snakesman ist, Dodger. Aber wie bist du von dort aus zum Toshen gekommen, wenn ich fragen darf?«
    Dodger holte tief Luft und atmete die Asche der Vergangenheit. »Ich geriet wegen einer gestohlenen Gans in Schwierigkeiten und wurde gejagt, nur weil Federn an mir klebten, und deshalb versteckte ich mich in der Kanalisation, verstehen Sie? Die Verfolger schafften es nicht bis nach unten, weil sie zu dick und auch zu betrunken waren, meiner Meinung nach. Dann fand ich das mit dem Toshen heraus und … Nun, das wär’s auch schon, mehr oder weniger.«
    Er hielt in Charlies Gesicht nach mehr als einem unverbindlichen Blick Ausschau, und dann schien der Mann aufzuwachen und sagte: »Und was wäre mit einem anderen Namen aus dir geworden, Dodger? Mit einem Namen wie Master Geoffrey Smith zum Beispiel oder Master Jonathan Baxter?«
    »Ich weiß nicht, Sir. Wahrscheinlich eine ganz gewöhnliche Person, Sir.«
    Daraufhin lächelte Charlie und sagte: »Ich glaube eher, dass du eine sehr ungewöhnliche Person bist, mein Freund.«
    War das Lächeln auf Charlies Gesicht tatsächlich echt? Bei Charlie konnte man nicht sicher sein, und so blieb diese Frage unbeantwortet, als sie das Kaffeehaus verließen und getrennte Wege gingen. Charlie ging wohin auch immer, und Dodger kehrte in seine vertraute Welt zurück. Unterwegs kaufte er bei einem Schlachter kurz vor Ladenschluss einen saftigen Knochen für Onan, der ihn sabbernd im Maul heimtrug.
    Kein schlechter Tag, fand Dodger, als er die Treppe zur Mansarde hochstieg. Er beendete ihn mit mehr Geld als am Morgen, ganz zu schweigen von einer Tasche voller Zucker.
    [2]  Ein kleiner Mann oder Junge, der durch schmale Fenster oder Oberlichter kriechen konnte – insbesondere durch Oberlichter, die oft offen gelassen wurden –, anschließend seine Komplizen ins Gebäude ließ und mit ihnen alles stahl, was nicht niet- und nagelfest war.

5
Der Held der Stunde begegnet seiner Maid, die erneut in Not gerät, bekommt aber einen Kuss von einer sehr enthusiastischen Lady
    Solomon arbeitete noch an seiner kleinen Drehbank, als Dodger die Treppe heraufkam. Es war seltsam, Solomon bei der Arbeit zu beobachten, denn er verschwand dabei. Oh, er war noch immer da, aber sein Gehirn schien in den Fingerspitzen zu stecken und achtete auf nichts anderes als das, womit die Hände beschäftigt waren, bis alles zu einem natürlichen Vorgang wurde, so sanft wie das Wachsen von Gras. Dodger beneidete ihn um seinen Frieden, aber so etwas passte nicht zu ihm, das wusste er.
    Sols Klamotten hätten ebenfalls nicht zu ihm gepasst. Wenn der alte Knabe zur Synagoge ging, trug er sommers wie winters eine Pluderhose und einen abgewetzten Gabardinemantel. Und sicher in seine Mansardenhöhle zurückgekehrt, trug er Pluderhosen, die noch schlabberiger waren, mit einer Weste, die – das musste man ihm lassen – immer so weiß wie möglich war. Die Füße steckten oft in bestickten Pantoffeln, die aus irgendeinem fremden Land stammten, in dem Solomon irgendwann gelebt hatte und aus dem er, früher oder später, geflohen war. Und schließlich die Schürze: Sie hatte vorn große Taschen, damit kleine und teure Dinge, die vom Arbeitstisch rollten, darin landeten.
    Ein

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