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Dunkle Herzen

Dunkle Herzen

Titel: Dunkle Herzen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nora Roberts
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länger hinschauen. Ihr Magen rebellierte, als sie eilig die Fotos zerknüllte und zerriß und dann auf allen vieren über den Boden kroch, um die letzten Schnipsel aufzuheben. Ihre Finger schlossen sich um einen
Ohrring, eine lange Perlenschnur, den sie gleichfalls in den Karton warf.
    Am ganzen Leibe zitternd, blies sie die Kerzen aus, die zu den restlichen Sachen wanderten. Mit fahrigen, ungeschickten Bewegungen zerrte sie den Karton ins Freie, blinzelte gegen das grelle Sonnenlicht und sah sich, halb wahnsinnig vor Furcht, nach allen Seiten um.
    Was, wenn nun jemand kam? Sie mußte sich beeilen, so schnell wie möglich alles verbrennen. Sie war so außer sich, daß sie gar nicht in Ruhe überlegen konnte, was sie da tat, was sie eigentlich zerstörte, sondern sie rannte so schnell zur Scheune hinüber, um einen Kanister Benzin zu holen, daß sich ihre Bronchien schmerzhaft zusammenkrampften. Keuchend und nach Atem ringend verschüttete sie den Brennstoff über Karton und Inhalt. Ihr Haar hatte sich gelöst und fiel ihr in unordentlichen Strähnen um das Gesicht, so daß sie einer Hexe glich, die gerade im Begriff war, einen Scheiterhaufen zu entzünden.
    Zweimal versuchte sie vergebens, ein Streichholz anzureißen und es an den Docht einer der Kerzen zu halten. Zweimal flackerte die Flamme schwach auf und erlosch.
    Als es Jane schließlich gelang, den Docht zum Brennen zu bekommen, hatten ihre Nerven sie bereits so weit im Stich gelassen, daß sie laut zu schluchzen begann. Vorsichtig hielt sie die Kerze an den benzingetränkten Karton, wobei ihre Hände so heftig zitterten, daß sie die Flamme beinahe erneut gelöscht hätte. Dann sprang sie rasch ein Stück zurück.
    Der Karton fing zischend Feuer, und eine Stichflamme schoß gen Himmel. Die Fotografien rollten sich in der Hitze zusammen, ehe sich die Flammen langsam durch Carly Jamisons Gesicht fraßen.
    Jane bedeckte ihr eigenes Gesicht mit beiden Händen und weinte verzweifelt vor sich hin.
     
    »Ich hab’ euch doch gesagt, daß Emmitsboro eine ganz ruhige, verschlafene Stadt ist.« Auf Clares Gesicht lag ein zufriedenes Lächeln, als sie zwischen Angie und Jean-Paul die Main Street hinunterschlenderte.
    »Ich glaube, ›Stadt‹ ist die Übertreibung des Jahrhunderts.« Angie beobachtete einen Hund, der glücklich ohne Leine über den gegenüberliegenden Bürgersteig trottete, beiläufig sein Bein hob und eine mächtige Eiche benäßte. »Mit etwas Wohlwollen könnte man diese Häuseransammlung vielleicht als Dorf bezeichnen.«
    »Nach dem ersten Bissen von Martha’s Hamburgern wird dir dein Spott schon vergehen.«
    »Das ist es ja, was mir Sorgen macht.«
    »Was hat denn das zu bedeuten?« Jean-Paul deutete auf die roten, weißen und blauen Girlanden, die quer über die Straße gespannt waren.
    »Wir bereiten uns auf die Memorial-Day-Parade am Samstag vor.«
    »Eine Parade?« Jean-Pauls Gesicht hellte sich auf. »Mit Musikkapellen und hübschen Mädchen mit Wirbelstäben?«
    »All das und noch mehr. Die Parade ist das größte Ereignis hier in der Stadt.« Clare nickte im Vorübergehen einer Frau zu, die auf den Knien auf dem Bürgersteig lag und ihre Veranda anstrich. »Jeder wirft sich in Schale und kramt seine Campingstühle hervor. Am Marktplatz wird eine Tribüne für den Bürgermeister, die Stadträte und andere hochgestellte Persönlichkeiten aufgebaut. Schulbands aus dem ganzen Staat kommen, dann wird die Farmkönigin gewählt und so weiter.«
    »Wow«, bemerkte Angie und erntete einen kräftigen Rippenstoß.
    »Die Freiwillige Feuerwehr poliert ihre Löschzüge, oder wie auch immer die Dinger heißen, auf Hochglanz. Dazu gibt’s jede Menge Luftballons, Verkaufsstände und«, fügte sie mit einem Seitenblick auf Jean-Paul hinzu, »Trommlerinnen.«
    »Trommlerinnen«, wiederholte dieser seufzend. »Tragen sie auch diese kleinen weißen Stiefelchen mit Bommeln dran?«
    »Worauf du dich verlassen kannst.«
    »Jean-Paul, wir hatten vor, am Donnerstag nach Hause zu fahren.«
    Jean-Paul lächelte seine Frau liebevoll an. »Auf ein oder zwei Tage mehr kommt es nun wirklich nicht an. Außerdem wollte ich veranlassen, daß Clares fertige Arbeiten in die Galerie geschickt werden. Ich möchte das Verpacken der Skulpturen gerne persönlich überwachen.«
    »Du möchtest dich an kleinen weißen Stiefelchen ergötzen«, brummelte Angie.
    Er küßte sie auf die Nasenspitze. »Das nur nebenbei.«
    Sie blieben stehen, um ein paar Autos vorbeizulassen, ehe sie

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