Dunkle Herzen
Tag, an dem du Biff gefunden hast? Wir sind beide zu deiner Mutter gefahren.«
Seine Finger krallten sich in ihre Schultern. »Ja. Worauf willst du hinaus?«
»Ich blieb noch bei Jane, nachdem der Doc ihr ein Schlafmittel gegeben hatte. Ich bin ein bißchen im Haus herumgegangen. In Biffs Arbeitszimmer fand ich Bücher. Ich wollte gerne etwas zu lesen, also sah ich sie mir genauer an. Es handelte sich überwiegend um Pornographie und Westernschmöker. Aber …«
»Was – aber?«
»Ich fand auch eine Ausgabe der Satanischen Bibel .«
Neuntes Kapitel
Jane Stokey verbrachte jeden Tag mit Putzen und Packen. Nachdem sie die Eier eingesammelt und die Tiere versorgt hatte, nahm sie einen der Räume des weitläufigen Farmhauses in Angriff. Der größte Teil des Inventars würde auf einer Auktion versteigert werden. Sie hatte bereits Bob Meese herbestellt, der ihr ein Angebot für die Eßzimmermöbel aus Mahagoni, die einst ihrer Großmutter gehört hatten, machen sollte. Der große und der kleine Servierwagen, der Geschirrschrank, der Ausziehtisch, gedacht für große Familien mit vielen Kindern, die sorgsam gepflegten Stühle. Einst hatten ihr all diese Dinge sehr viel bedeutet. Im Laufe der Jahre waren die Möbel nachgedunkelt, und die einstmals schimmernde Oberfläche hatte ihren Glanz verloren, doch diese Eßzimmergarnitur war ihr ganzer Stolz gewesen. Und ein ständiger Streitpunkt zwischen ihr und Biff.
Er hatte die Möbel verkaufen wollen, doch in diesem Punkt hatte sie sich ihm stets widersetzt, was wahrlich nicht oft vorgekommen war.
Und nun bekam er letztendlich doch noch seinen Willen.
In Tennessee würde sie für die wuchtigen alten Möbel
keinen Platz haben. Ihre Schwester wollte sie nicht, Cam hatte sein Haus nach seinem Geschmack eingerichtet. Und sie, Jane, hatte keine Tochter, die die Tradition fortführen konnte. Sie war die letzte der Familie.
Doch sie gestattete sich nicht, jetzt darüber nachzudenken und mit ihrem Schicksal zu hadern.
Es wäre viel zu teuer, die Möbel in den Süden schaffen zu lassen und zu lagern. Nur wenn sie ganz ehrlich mit sich war, mußte sie sich eingestehen, daß ihr der Mut fehlte, die Sachen zu behalten, nun, da sie mutterseelenallein auf der Welt stand.
Sie sah die Schubladen mit der Tischwäsche durch und trennte die Sachen, die sie mitnehmen wollte, von denen, die zum Verkauf bestimmt waren. Da war die Damasttischdecke, die noch von ihrer Mutter stammte. Vor Jahren, bei einem Erntedankfest, hatte ein unvorsichtiger Gast Preiselbeeren darüber verschüttet, und der Fleck war bei der Wäsche nicht ganz herausgegangen. Dann der Spitzenläufer, ein Hochzeitsgeschenk von Mikes Tante Loretta. Damals hatte sie ihn liebevoll gestärkt und gebügelt, heute war er von Alter und Abnutzung fadenscheinig geworden. Die passenden Servietten zierte ein großes, verschnörkeltes R; sie selbst hatte es eigenhändig aufgestickt.
Jane faltete das Leinen zusammen und verstaute es schuldbewußt in dem Karton, in dem die zum Mitnehmen bestimmten Stücke lagen.
Danach ging sie zum Glas und Porzellan über, wickelte Kerzenleuchter, Dessertschälchen und die einzelne kristallene Champagnerflöte, die dreißig Jahre überdauert hatte, in Zeitungspapier ein.
Sie hatte den ersten Karton gefüllt und öffnete einen zweiten. Unglaublich, was sich in über dreißig Jahren alles angesammelt hatte. Mit geschickten Händen verpackte sie die Stücke ihres Lebens, damit andere Leute sie später gierig auswickeln konnten. Da war das große Tablett, das Mama dem fliegenden Händler mit dem karottenroten Haar und dem breiten Grinsen abgekauft hatte. Der Mann hatte ihr versichert, es sei eine Anschaffung fürs Leben,
aber Mama hatte es erworben, weil ihr die hübschen rosa Blumen an den Rändern so gut gefielen.
Eine stille Träne tropfte auf das Papier.
Sie konnte unmöglich das ganze Zeug mitschleppen, es ging einfach nicht. Was sollte eine alleinstehende Frau mit all dem Kram anfangen? Und jedesmal, wenn sie die Sachen abwusch oder abstaubte, würde sie schmerzlich daran gemahnt werden, daß es niemanden mehr gab, der zu ihr gehörte.
Sie würde sich neues, zweckmäßiges Geschirr anschaffen, solches wie das, welches sie in dem JC-Penny-Katalog gesehen hatte. Es gab keinen Grund, Schränke und Sideboards mit Dingen zu füllen, die sie nicht brauchte. Warum hatte sie das alles nur so lange aufbewahrt? Biff hatte ihr Nippes immer als Staubfänger bezeichnet. Völlig zu recht, wie Jane nun
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