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Dunkle Herzen

Dunkle Herzen

Titel: Dunkle Herzen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nora Roberts
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fütterten den Dragon Master mit Vierteldollarmünzen. Nur ihr eigener Sohn bildete da eine Ausnahme, dachte sie bedrückt, als sie die Pizza in den Ofen schob.
    Der Junge hockte lieber allein zuhause und hörte Musik.
    Joleen lächelte ihrem Mann zu, der gerade zwei Pappschachteln zur Kasse trug. »Ganz schön was los«, murmelte er, ihr zuwinkend.
    Wie fast jeden Tag, dachte Joleen bei sich und begann, eine Pizza mit Meeresfrüchten zu belegen. Das Geschäft lief ausgezeichnet, so, wie sie es sich erträumt hatten. Seit ihrer Teenagerzeit hatten sie und Will darauf hingearbeitet, eines Tages ein eigenes Geschäft in einer hübschen, friedlichen Kleinstadt zu besitzen, wo ihre Kinder glücklich und unbeschwert aufwachsen konnten. Ihr Kind, korrigierte sie sich. Zwei Fehlgeburten nach Ernie hatten dem Traum von der Großfamilie ein Ende gesetzt.
    Aber sonst konnten sie wahrlich nicht klagen.
    Joleen sorgte sich manchmal um ihren Sohn. Aber vermutlich hatte Will ganz recht, wenn er sagte, Ernie mache nur eine schwierige Phase durch. Von einem Siebzehnjährigen konnte man nicht erwarten, daß er seinen Eltern übermäßige Zuneigung entgegenbrachte oder auch nur ihre Gesellschaft genoß. Als sie selbst siebzehn gewesen war, hatte sie nur eins im Sinn gehabt: möglichst schnell vom Elternhaus wegzukommen. Zum Glück hatte sie dann Will kennengelernt, der dasselbe Ziel verfolgte.
    Sie wußte, daß sie beide eine Ausnahmeehe führten. Jung gefreit, früh bereut, sagte man doch so schön. Doch dieses Sprichwort traf auf sie wirklich nicht zu. Nach nunmehr achtzehn Ehejahren fühlte sich die sechsunddreißigjährige Joleen bei ihrem Mann immer noch so sicher und geborgen wie am ersten Tag.
    Sie war beileibe nicht traurig, daß Ernie sich noch nicht
ernsthaft für ein bestimmtes Mädchen interessierte. Will und sie mochten ja in jungen Jahren schon reif genug gewesen sein, eine Ehe einzugehen, aber Ernie war es mit Sicherheit nicht. In mancher Hinsicht wirkte er noch arg kindlich. Andererseits …
    Joleen schob ihren langen braunen Zopf nach hinten. Andererseits verstand sie ihn oft nicht. Manchmal schien er viel älter und härter als sein Vater zu sein. Er mußte wohl erst sein inneres Gleichgewicht finden, ehe er eine feste Bindung eingehen konnte.
    Trotzdem mochte sie Sally Simmons gut leiden. Das frische Gesicht des Mädchens, die guten Manieren und das gepflegte Äußere gefielen ihr. Sally würde sicherlich einen guten Einfluß auf Ernie ausüben, ihn dazu bewegen, etwas mehr aus sich herauszugehen. Mehr brauchte ihr Sohn nicht.
    Nein, Ernie war schon ein guter Junge. Joleen packte die fertige Pizza ein und reichte sie zusammen mit einem Sechserpack Mountain Dew Deputy Morgan. »Haben Sie heute Nachtschicht?«
    »Nö.« Mick Morgan grinste sie an. »Hatte nur Hunger. Keiner macht so leckere Pizza wie Sie, Miz Butts.«
    »Ich hab’ eine Extraportion Zwiebeln draufgetan.«
    »Wunderbar.« Die Frau war eine echte Augenweide, dachte Morgan bewundernd, mit ihrem von der Hitze des Backofens geröteten Gesicht und der langen weißen Schürze über Jeans und Bluse. Sie wirkte viel zu jung, um bereits Mutter eines fast erwachsenen Sohnes zu sein. Mick vermutete, daß sie wohl sehr früh ungewollt schwanger geworden war und das Beste daraus gemacht hatte. »Wie geht’s denn Ihrem Jungen?« erkundigte er sich, als er sein Wechselgeld einsteckte.
    »Gut.«
    »Nächste Woche macht er seinen Abschluß, stimmt’s?«
    Joleen nickte. »Kaum zu glauben.«
    »Na, ich muß los. Machen Sie’s gut.«
    »Sie auch.«
    Nächste Woche macht er seinen Abschluß, wiederholte
Joleen in Gedanken und atmete die vom Duft nach Gewürzen, Käse und Paprika erfüllte Luft ein. Ihr kleiner Junge. Wie oft schon hatte sie sich gewünscht, sie könnte die Zeit zurückdrehen und den Zeitpunkt lokalisieren, an dem alles schiefzugehen begonnen hatte.
    So durfte sie nicht denken, mahnte Joleen sich. Ernie war ein eigenständiger Mensch, eine individuelle Persönlichkeit, und das mußte sie akzeptieren. Trotzdem stieg so etwas wie Neid in ihr auf, als sie beobachtete, wie die kleine Teresa Hobbs ihren Vater umarmte und dabei vor Wonne gluckste. Gut, Ernie war nun einmal kein lebhafter, aufgeschlossener, umgänglicher Mensch, aber wenigstens geriet er nicht in Schwierigkeiten. Seine Noten in der Schule waren gleichbleibend gut, und er kam nie angetrunken oder bekifft nach Hause – was bei ihr in diesem Alter häufiger vorgekommen war. Er war nur so …

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