Dunkle Herzen
sie, sich hin- und herzuwiegen. »Ich weiß einfach nicht, was ich tun soll.« Jane glaubte felsenfest an die Existenz des Satans. Sie sah ihn als im Garten Eden herumkriechende Schlange, als gefallenen Engel, der Christus in Versuchung führt, als Herrn des Höllenfeuers, und beim Gedanken, daß er in ihr Haus gelangen konnte, umschloß eine eisige Hand ihr Herz.
Cam ergriff erneut ihre Hände. Diesmal ließ sie es zu. »Mom, du mußt mir jetzt alles sagen, was du weißt.«
»Aber ich weiß doch gar nichts.« Ihre Augen schwammen in Tränen. »Wirklich nicht, Cam. Hat er … hat er seine Seele verkauft?«
»So er je eine hatte, ja.«
»Wie ist es nur möglich, daß ich zwanzig Jahre mit ihm gelebt und doch nichts bemerkt habe?«
»Nun, da du Bescheid weißt, fängst du vielleicht an, dich an gewisse Dinge zu erinnern; Dinge, denen du zuvor
keine Beachtung geschenkt hast oder die du nicht wahrhaben wolltest.«
Mit fest zusammengepreßten Lippen blickte Jane auf das zu Boden gefallene Buch. Das Foto zeigte eine nackte Frau mit blutverschmierten Brüsten. Zwischen ihren Beinen steckte eine Kerze.
Sie war quasi darauf dressiert worden, sich ihrem Mann gegenüber stets loyal zu verhalten, über all seine Fehler hinwegzusehen und ständig nach Rechtfertigungen zu suchen. Doch lange, ehe sie unter Biffs Fuchtel geraten war, hatte man sie eine andere Loyalität gelehrt, die ihr jetzt wieder in den Sinn kam und sie den Zorn Gottes und das himmlische Strafgericht fürchten ließ. Und diese Furcht überwog bei weitem.
»Der Schuppen«, gestand sie tonlos. »Es war im Schuppen.«
»Was war im Schuppen?«
»Da hab’ ich die Sachen gefunden. Ich habe sie sofort verbrannt.«
»O verdammt!«
»Ich mußte es tun.« Janes Stimme wurde schrill. »Ich mußte sie verbrennen. Wie konnte ich zulassen, daß jemand sie zu Gesicht bekommt?«
»Daß jemand was zu Gesicht bekommt?«
»Hefte. Solche wie diese.« Sie deutete auf den Boden, dann wandte sie den Blick ab.
»Ist das alles, was du verbrannt hast?«
Sie schüttelte den Kopf.
»Was noch?«
Fast krank vor Scham flüsterte sie: »Kerzen, solche wie die auf den Fotos. Schwarze Kerzen. Und ein langes schwarzes Gewand mit Kapuze. Es roch …« Bei der Erinnerung stieg ihr der Mageninhalt in die Kehle. »Es roch nach Blut. Dann waren da noch Fotos. Schnappschüsse.«
Cams Hände schlossen sich fest um die ihren. »Was war darauf zu sehen?«
»Mädchen. Zwei junge Mädchen, eine dunkelhaarig, die andere blond. Sie waren … sie waren nackt und an Händen
und Füßen gefesselt. Auf der Pritsche im Schuppen. Ich hab’ die Fotos zerrissen und verbrannt.«
Cam war es, als versetze ihm jemand einen heftigen Schlag in die Magengrube. »Du hast die Bilder verbrannt?«
»Ich mußte es einfach tun.« Hysterie schlich sich in Janes Stimme. »Ich mußte! Was hätte ich denn sonst tun sollen? Es war so ekelhaft. Die Leute dürfen auf keinen Fall erfahren, daß er Frauen hierhergebracht und sie dafür bezahlt hat, damit sie für schmutzige Fotos posieren.«
»Wenn du die Mädchen selber oder andere Fotos von ihnen sehen würdest, würdest du sie wiedererkennen?«
»O ja. Diesen Anblick werde ich nie vergessen.«
»Okay. Ich werde Bud anrufen, und dann gehen wir in den Schuppen, und du zeigst mir, wo du was gefunden hast.«
»Die Leute werden es erfahren.«
»Ja.« Er gab ihre Hände frei, so daß sie ihr Gesicht damit bedecken konnte. »Die Leute werden es erfahren.«
»Wonach genau suchen wir denn, Sheriff?«
»Ich weiß es noch nicht.« Cam blickte zum Haus zurück, wo seine Mutter händeringend auf der Veranda stand. »Hast du alles mitgebracht?«
»Alles, was du haben wolltest.«
»Dann zieh dir die Handschuhe an, und nichts wie an die Arbeit.«
Beide streiften sich dünne Chirurgenhandschuhe über und betraten den Schuppen.
Seine Mutter hatte sogar die verdammte Matratze verbrannt, stellte Cam fest und betrachtete erbittert das leere Metallgestell der Pritsche. Abgesehen von einigen Werkzeugen, Staubflocken und zerbrochenen Bierflaschen war nichts übriggeblieben. Cam ging in die Knie und untersuchte die Unterseite einer Werkbank.
»Wonach suchen wir nun eigentlich?« erkundigte sich Bud noch einmal.
»Das sage ich dir, wenn wir es gefunden haben.«
»Schöne Art, seinen Sonntag zu verbringen.« Trotzdem
pfiff Bud fröhlich durch die Zähne. »Ich hab’ mich für heute abend mit Alice verabredet.«
»Ach wirklich?«
»Ich will sie in dieses mexikanische
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