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Dunkle Herzen

Dunkle Herzen

Titel: Dunkle Herzen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nora Roberts
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Abschlußfeier nur zwei Karten bekommst, weil die Schule so klein ist, aber das heißt doch nicht, daß wir nicht hinterher eine Party für dich geben können.«
    »Ich hab’ dir doch gesagt, ich will keine!«
    »Nein, du hast gesagt, es ist dir egal.« Joleen legte die Listen wieder fort und bemühte sich, ihr Temperament zu zügeln.
    »Es ist mir nicht egal, und ich will auch keine Party. Ich will die ganze Bagage nicht sehen. Ich will überhaupt niemanden sehen.«
    »Ich fürchte, da wirst du nicht drum herumkommen.« Ihre eigene Stimme klang fremd in ihren Ohren; hart, unbeugsam und kompromißlos, so wie die Stimme ihrer Mutter. Der Kreis schloß sich, dachte sie müde. »Es ist bereits alles arrangiert, Ernie. Die Mutter und der Stiefvater deines Vaters werden zusammen mit einigen deiner Cousins Samstag abend hier eintreffen. Alle anderen erwarte ich am Sonntag.« Mit erhobener Hand gebot sie ihm Schweigen – auch eine Angewohnheit ihrer Mutter, erkannte sie nun. »Gut, du magst ja deine Verwandten nicht sehen wollen, aber sie wollen dir alle gratulieren. Sie sind stolz auf dich, und sie möchten an diesem entscheidenden Schritt in deinem Leben teilhaben.«
    »Ich verlasse die Schule, weiter nichts. Was soll der ganze Scheiß?«
    »Untersteh dich, in diesem Ton mit mir zu reden!« Sie trat drohend auf ihn zu. Er war zwar einen ganzen Kopf größer als sie, aber sie hatte immer noch die mütterliche Erziehungsgewalt auf ihrer Seite. »Es ist mir ziemlich egal, ob du siebzehn oder hundertsieben Jahre alt bist, du hast dich nicht derartig im Ton zu vergreifen.«
    »Ich lege aber keinen Wert auf eine Horde schwachsinniger Verwandter.« Ernies Stimme wurde schrill, und er geriet beinahe in Panik. »Ich will keine Party. Immerhin bin ich doch derjenige, um den es sich hier dreht, nicht wahr? Es sollte doch eigentlich meine Entscheidung sein.«
    Joleens Herz flog ihrem Sohn zu. Sie selbst wußte nur zu gut, was es hieß, elterlicher Befehlsgewalt ausgeliefert zu sein. Auch sie hatte sich dagegen aufgelehnt. »Ich fürchte, in diesem Punkt hast du keine Wahl. Es handelt sich doch nur um ein paar Tage deines Lebens, Ernie.«
    »Richtig. Meines Lebens.« Wütend stieß er einen Stuhl um. »Es ist schließlich mein Leben. Ihr habt mich ja auch vor vollendete Tatsachen gestellt, als wir hierhergezogen sind. Angeblich war es ja das beste für mich.«
    »Dein Vater und ich dachten, es sei für uns alle das beste.«
    »Na prima. Habt ihr blitzsauber hingekriegt. Ihr reißt mich einfach so aus meinem Freundeskreis heraus und begrabt mich in einem Provinzkaff, wo die Leute meines Alters nur über Jagd und Schweinezucht reden. Und wo Männer herumlaufen und Frauen umbringen!«
    »Wovon redest du überhaupt?« Joleen legte ihm die Hand auf den Arm, doch er riß sich unwillig los. »Ernie, ich habe von der Attacke auf diese Frau gehört. Eine schlimme Sache, sicher. Aber sie wurde nicht umgebracht. Solche Dinge kommen hier nicht vor.«
    »Du hast ja keine Ahnung.« Ernies Gesicht war mittlerweile totenbleich geworden, die Augen blickten bitter und vorwurfsvoll. »Du weißt überhaupt nichts von dieser Stadt, und du weißt schon gar nichts von mir.«
    »Ich weiß, daß ich dich sehr liebhabe und mir Sorgen um
dich mache. Ich glaube, ich habe zuviel Zeit im Restaurant und zuwenig mit dir verbracht. Wir hätten öfter miteinander reden müssen. Jetzt setz dich wieder hin, und wir diskutieren die ganze Sache aus.«
    »Es ist zu spät.« Ernie schlug die Hände vors Gesicht und begann zu schluchzen, wie er zuletzt als kleines Kind geweint hatte.
    »Ach, Liebling, was ist denn los? Wie kann ich dir denn nur helfen?«
    Doch als sie die Arme um ihn legen wollte, zuckte er heftig zurück. Seine Augen blickten nicht mehr bitter, sondern funkelten vor wildem Zorn. »Es ist zu spät. Ich habe meine Wahl getroffen, und ich kann nicht mehr zurück. Laß mich doch einfach nur in Ruhe, das kannst du ja ohnehin am besten.«
    Er stolperte aus dem Haus und rannte los. Je lauter sie hinter ihm herbrüllte, desto schneller rannte er.

Zwölftes Kapitel
    Clare war dabei, ihrer Skulptur von Alice den letzten Schliff zu geben. Diese Arbeit sollte das erste Stück sein, welches im Betadyne-Institut ausgestellt werden würde. In der Figur vereinten sich Anmut, Tüchtigkeit, innere Stärke und eine Art ruhiger Zielstrebigkeit. Clare hätte nur wenige bessere weibliche Eigenschaften nennen können.
    Als sie Ernies Wagen hörte, der mit quietschenden Reifen

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