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Dunkle Herzen

Dunkle Herzen

Titel: Dunkle Herzen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nora Roberts
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sich mit der innigen Vertrautheit von Liebenden zu. »Willst du jetzt zu politischen Themen übergehen?«
    Er schüttelte den Kopf, legte den Arm um ihre Schulter und zog sie enger an sich. »Ich bin froh, daß du da warst, als ich aus dem Krankenhaus kam.«
    »Ich auch.«
    »Komisch, diesmal habe ich nicht mit dem Gedanken gespielt, sofort in der nächsten Kneipe zu verschwinden. Ich dachte eher daran, mich ins Auto zu setzen, loszufahren und mir irgendeinen Prellbock zu suchen, an dem ich mich abreagieren könnte.« Die Hand auf Clares Schulter öffnete und schloß sich wie im Krampf. »Früher hat das geholfen.«
    »Und was hilft heute?«
    »Du. Komm, setz dich.« Er drückte sie auf eine Bank nieder und hielt sie an sich gepreßt, während er über das Wasser blickte. Ein paar Enten paddelten hoffnungsvoll schnatternd auf das Ufer zu. Clare packte das Twinkie aus und begann, ihnen kleine Stückchen zuzuwerfen, während der Himmel sich langsam rötlichviolett verfärbte.
    »War es wirklich Carly Jamison?«
    »Ja. Die Karteikarte des Zahnarztes kam heute nachmittag. Ihre Eltern … nun, viel konnte ich nicht für sie tun.«
    Sie beobachtete die Enten, die sich um die Brocken zankten. »Ihre Eltern sind demnach hier?«
    »Sie sind vor ungefähr einer Stunde eingetroffen. Du, ich kann einfach nicht stillsitzen.«
    Clare sprang auf und ging neben ihm her, wartete, daß er weitersprach.
    »Ich werde herausfinden, wer das arme Ding umgebracht hat, Slim.«
    »Ich dachte, Biff …«
    »Er war daran beteiligt, aber es gibt noch andere.« Er blieb stehen und sah auf sie hinunter. In seinen Augen las sie hilflosen Zorn und darunter einen verborgenen Schmerz, der ihr ans Herz ging. »Jemand hat sie in dieses Feld – mein Feld – geworfen, als wäre sie ein Stück Dreck. Und niemand wird in meiner Stadt jungen Mädchen so etwas antun!«
    Clare schaute auf das Wasser, während sie ihre klebrigen Finger an den Jeans abwischte. »Du glaubst noch immer an eine Art Satanskult?«
    Er legte ihr die Hände auf die Schultern. »Bitte fertige diese Zeichnung an, Clare. Ich weiß, was ich damit von dir verlange, aber du mußt dich an jedes Detail dieses Traumes erinnern.« Er verstärkte seinen Griff. »Clare, sie wurde irgendwo anders getötet, so wie Biff. Sie wurde woanders getötet und dann hierhergeschafft, damit wir sie hier finden. Vielleicht kannst du mir helfen herauszubekommen, wo sie umgebracht wurde.«
    »Also gut. Hoffentlich bringt es etwas.«
    »Danke.« Er küßte sie sanft. »Und jetzt fahren wir nach Hause.«

Fünfzehntes Kapitel
    Sie wollte sich nicht erinnern. Clare wußte, sie war feige, aber sie wollte sich diese Ereignisse nicht wieder ins Gedächtnis rufen müssen, nicht, nachdem sie zwanzig Jahre lang versucht hatte, sie zu verdrängen – mit Hilfe von Willenskraft, gelegentlichen Beruhigungsmitteln und unzähligen therapeutischen Sitzungen. Niemals hatte sie diese Bilder absichtlich aufleben lassen, und nun sollte sie sie sogar zu Papier bringen.
    Sie hatte versucht, die Sache hinauszuzögern, hatte vor Cam und sich selbst immer wieder neue Ausflüchte gebraucht. Nachts lag sie da und kämpfte gegen den Schlaf
an, weil sie fürchtete, ihr Unterbewußtsein könne sich gegen sie wenden und ihr das vorspiegeln, was sie nicht sehen wollte.
    Cam hatte sie nicht weiter gedrängt, jedenfalls nicht mit Worten, er wurde von seinen Ermittlungen derart in Anspruch genommen, daß er kaum Zeit mit ihr verbringen konnte.
    Der Regen war gekommen, wie er es vorhergesagt hatte, und war stetig und unaufhörlich zwei Tage und zwei Nächte gefallen. Clares Freiluftskulptur mußte vorerst warten. Clare strich – was sie seit Wochen nicht mehr getan hatte – ruhelos durch die Garage; unfähig, etwas anderes in Angriff zu nehmen. Sie erwog und verwarf verschiedene Projekte, sah ihre Zeichnungen durch und fertigte neue an, doch im Hinterkopf lauerte immer noch das Versprechen, das sie Cam gegeben hatte, und marterte sie.
    Wahrscheinlich rührte ihre innere Unruhe daher, daß ihr das Haus so entsetzlich leer vorkam, das redete sie sich jedenfalls ein. Blair war nach D.C. zurückgekehrt, der Regen fiel in Strömen, und sie fühlte sich vollkommen abgeschnitten von der Welt. So furchtbar allein.
    Warum hatte sie das nur früher nie gestört?
    Weil sie früher nie Gespenster gesehen hatte. Weil sie sich nie mehrmals am Abend vergewissert hatte, daß sie alle Türen verschlossen hatte und sie nie bei jedem Knarren einer

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