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Dunkle Herzen

Dunkle Herzen

Titel: Dunkle Herzen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nora Roberts
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Bodendiele zusammengezuckt war.
    Als sie sich erneut dabei ertappte, daß sie aus dem Fenster auf das Skelett ihrer Statue starrte, fluchte sie leise vor sich hin und schnappte sich ihren Skizzenblock, den sie auf das Sofa geworfen hatte.
    Sie würde es tun, und zwar sofort. Um sich ein für alle Male von dem Alpdruck zu befreien.
    Den Bleistift in der Hand und den Block auf dem Schoß, saß sie mit geschlossenen Augen da und versuchte, sich in die Vergangenheit zurückzuversetzen.
    Ihr Vater hegt seine Rosen. Schlägt Gartenpfähle in den aufgeweichten Boden ein.
    Dann liegt er, aufgespießt von eben jenen Pfählen, blutend auf der Terrasse.
    Clare schüttelte den Kopf, knirschte mit den Zähnen und wagte einen zweiten Anlauf.
    Auf dem Gartentor, in einer warmen Sommernacht. Ihr Kopf ruht auf dem Arm des Vaters. Der süße Duft nach Gras, Zuckererbsen und Old Spice.
    »Was wünschst du dir denn zum Geburtstag, Häschen? Wenn ein Mädchen dreizehn wird, ist das ein ganz besonderer Anlaß.«
    »Ich möchte Ohrlöcher haben.«
    »Warum willst du dich denn verstümmeln lassen?«
    »Alle anderen Mädchen haben auch durchstochene Ohrläppchen. Bitte, Daddy!«
    Weiter zurück, sie mußte noch weiter zurückgehen. Herbst. Tulpenzwiebeln werden gesetzt. Der würzige Duft brennenden Laubes. Auf der Veranda wartet ein Kürbis darauf, ausgehöhlt und in eine grinsende Halloweenfratze verwandelt zu werden.
    »Clare Kimball!« Die Stimme ihrer Mutter. »Was tust du ohne Pullover hier draußen? Himmel, du bist acht Jahre alt. Du solltest es besser wissen.«
    Ihr Vater zwinkert ihr zu und fährt mit der Fingerspitze über ihre vor Kälte gerötete Nase. »Lauf rein und hol dir schnell einen. Aber schlepp deiner Mutter keinen Dreck ins Haus, sonst müssen wir beide in der Hundehütte übernachten.«
    Noch weiter zurück. Fast meinte sie, Dr. Janowski zu hören, der ihr zuredete, sich zu entspannen, tief durchzuatmen und ihr Bewußtsein auszuschalten.
    »Aber ich will mitgehen. Nie nimmst du mich mit. Ich will auch ganz artig sein, Daddy, ich verspreche es dir.«
    »Du bist immer artig, Häschen.«
    Er beugt sich zu ihr herunter, hebt sie hoch und küßt sie auf den Hals. Manchmal wirbelt er sie auch durch die Luft, hoch und immer höher. Sie liebt dieses schwindelige Gefühl, das Kitzeln im Magen, die Aufregung. Laß mich nicht los. Laß mich nicht los.
    »Aber das wird ganz langweilig. Lauter Erwachsene.«
    »Ich will mit. Ich will die Häuser sehen.« Schmollen. Flunsch. Zitternde Unterlippe. Manchmal wirkt es.
    »Sonntag nachmittag zeige ich einem Kunden ein ganz großes Haus, da kannst du mitkommen. Blair auch, wenn er will.«
    »Warum kann ich nicht jetzt mitgehen?«
    »Weil kleine Mädchen um diese Zeit ins Bett gehören. Es wird gleich dunkel. Du hast ja schon deinen Schlafanzug an.« Er trägt sie in ihr Zimmer. Puppen und Buntstifte. »Jetzt sei ein braves Mädchen und gib mir einen Gutenachtkuß. Wenn du groß bist, wirst du mein Partner. Kimball und Kimball.«
    »Versprochen?«
    »Versprochen. Schlaf gut, Clare.«
    Die Tür geht zu. Der Mond kommt heraus. Sie steht leise auf, um zu lauschen. Daddy spricht mit Mommy. Ganz, ganz leise. Sie legt ihre Puppe ins Bett und schleicht nach unten. Zur Hintertür hinaus und in die Garage.
    Bestimmt ist Daddy überrascht, wenn er sieht, daß sie jetzt schon groß genug ist. Sie versteckt sich auf dem Rücksitz und hält sich die Hand vor den Mund, um nicht zu kichern.
    Der Motor springt an, das Auto rollt aus der Einfahrt heraus.
    Sie fahren und fahren. Es wird ganz dunkel. Auf dem Boden vor dem Rücksitz zusammengekauert, sieht sie die ersten Sterne aufgehen. Daddy fährt schnell, wie er es immer tut, wenn er meint, er kommt zu spät.
    Das Auto wird langsamer, holpert. Bleibt stehen. Daddy steigt aus, öffnet den Kofferraum.
    Sie hält den Atem an. Macht die Tür ein Stückchen auf. Blinzelt durch den Spalt. Er geht weg. Da irgendwo muß das Haus sein, zwischen den Bäumen. In ihren Flauschpantöffelchen eilt sie ihm leise nach.
    Es ist dunkel im Wald, und er dreht sich nicht um.
    Aber da ist gar kein Haus. Nur ein Platz ohne Bäume, wo Männer in schwarzen Gewändern stehen. Daddy zieht
sich aus – wieder muß sie kichern – und streift auch so ein Ding über. Sie tragen Masken, vielleicht feiern sie eine Party. Doch die Masken sind unheimlich. Stiere, Ziegen und bösartig aussehende Hunde. Aber Mommy sagt, daß man Masken zum Spaß trägt, also hat sie keine Angst.
    Sie bilden

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