Dunkle Küsse: Ein Vampirthriller (German Edition)
sie.
Ich bedanke mich und wähle Williams’ Handynummer. Er geht dran.
»Ich warte vor dem Hotel auf dich«, erwidert er, als ich ihm mein Problem erkläre. Seine Stimme klingt zurückhaltend, als hätte er etwas anderes von mir erwartet als eine Bitte um etwas Geld.
Er tut gut daran, vorsichtig zu sein. Er hat mir eine Menge zu erklären.
Beso de la Muerte und alles, was danach geschehen ist.
Kapitel 59
D as Kona Kai Resort ist ein privater Club, teuer und exklusiv. Zu der Anlage gehören ein Yachthafen, ein Restaurant, ein Nachtclub und das Hotel. Es sieht Williams ähnlich, dass er hier Mitglied ist.
Er steht unter dem Säulenvorbau, als wir vor dem Hotel vorfahren. Er lehnt an einem großen Blumenkübel, bekleidet mit einer khakifarbenen Hose und einem dunkelblauen Designer-Polohemd, und raucht eine Zigarre. Die braunen Halbschuhe an seinen Füßen sehen aus, als könnten sie von Gucci sein. Keine Uniform, kein Streifenwagen weit und breit, also ist er nicht in offizieller Eigenschaft hier. So, wie er aussieht, verschmilzt er mit den ansässigen Yachtbesitzern. Und er sieht entspannt aus.
Zumindest, bis er mich aus dem Taxi steigen sieht.
Er wirft die Zigarre in den Blumenkübel und beeilt sich, den Fahrer zu bezahlen. Er spricht kein Wort mit mir, bis der Wagen wieder weggefahren ist.
Dann tut Williams etwas, das er noch nie zuvor getan hat. Er umarmt mich.
Die Geste kommt unerwartet. Mein Körper versteift sich, und meine Schultern zucken unter seiner Berührung zusammen. Er lässt mich sofort wieder los und tritt zurück.
»Ich bin froh zu sehen, dass es dir gutgeht«, sagt er.
Ich blicke mich vielsagend um. »Sprichst du mit mir?«
Er lässt mich seine Gedanken nicht lesen, aber ich bekomme mit, dass er meinen Versuch zu scherzen nicht zu schätzen weiß. Er holt eine Schlüsselkarte aus seiner Hosentasche. »Gehen wir auf dein Zimmer. Du musst müde sein.«
Das bin ich, also nicke ich. Er führt mich durch die Lobby und schnurstracks zu den Aufzügen. Offenbar hat er sich bereits um die Formalitäten gekümmert. Er benutzt die Karte schon im Aufzug, damit der uns bis ins oberste Stockwerk bringt.
Als sich die Tür öffnet, weist er nach links. Nach ein paar Schritten den Flur entlang bleibt er vor einer zweiflügeligen hölzernen Tür stehen, auf der ein Messingschild verkündet: »Präsidenten-Suite«.
Er öffnet die Tür mit der Karte und tritt beiseite, um mich vorangehen zu lassen.
Stattdessen weiche ich einen Schritt zurück. »Die Präsidenten-Suite? Was soll das?«
»Du hast eine Menge durchgemacht«, sagt er. »Ich dachte, du solltest dich mal ein bisschen verwöhnen lassen.«
Ich gehe an ihm vorbei und bleibe direkt hinter der Tür wieder stehen, in einem riesigen Wohnzimmer mit offenem Kamin, frischen Blumen auf jeder waagerechten Fläche und drei weiteren Türen, die vermutlich zu den Schlafzimmern führen. Eine gläserne Schiebetür bietet einen Ausblick auf den Yachthafen. Sie ist offen. Im Dunst des späten Nachmittags blitzen in der Stadt auf der anderen Seite der Bucht die ersten Lichter auf.
»Wie viele Leute erwartest du denn?«, frage ich ziemlich säuerlich. »Wenn das deine Art ist, dich für alles zu entschuldigen, was Max und Culebra zugestoßen ist, dann sollten sie hier wohnen, nicht ich.«
Williams’ Miene verrät keine Regung. Er ist ein sehr alter Vampir, und ich vermute, er hat sich noch nie für irgendetwas entschuldigt. Er hat nicht vor, jetzt eine Entschuldigung auszusprechen, falls diese große Geste denn so etwas ausdrücken soll.
Ich bin zu müde, um ihn dazu zu zwingen. Im Augenblick will ich nur noch ein Bad und ein Bett. Lange sechsunddreißig Stunden sind vergangen, seit wir uns in Beso de la Muerte voneinander verabschiedet haben. Ich lasse ihn diesen Gedanken aus meinem müden Hirn lesen, und er legt die Schlüsselkarte auf einen gläsernen Couchtisch so groß wie Montana.
Benötigst du Nahrung? , fragt er. Ich kann jemanden herbeirufen.
Seine Förmlichkeit mir gegenüber ist fremdartig und seltsam. Wenn ich nicht so müde wäre, würde es mich vielleicht interessieren, warum er sich so verhält.
Doch jetzt schüttele ich nur den Kopf.
Er verlässt mich ohne ein weiteres Wort. Sobald er gegangen ist, sehe ich mir die Schlafzimmer an und suche mir das aus, das mir am besten gefällt. Es hat ein riesiges, kreisrundes Bett mit etwa hundert Seidenkissen am Kopfende. Als ich sie beiseiteschiebe und die Tagesdecke zurückziehe, finde ich
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