Dunkle Küsse: Ein Vampirthriller (German Edition)

einen Schauer über den Rücken jagt. »Die Versammlung ist vollständig. Die Stunde ist nah. Uns wird gelingen, was noch kein Zirkel zuvor getan hat. Wir werden den Dämon Aswah beschwören, und er wird unser Diener sein. Er wird jene vom Antlitz der Erde tilgen, die in unserer Mitte leben und vorgeben, Menschen zu sein, und behaupten, uns nichts Böses zu wollen.«
    Sie weist auf das Kreuz hinter sich. »Wir werden den Pakt mit unseren Opfern besiegeln. Eine menschliche Frau, um Aswah zu zeigen, welche irdischen Freuden ihn hier erwarten. Und der dämonische Gestaltwandler, um ihn an seinen Auftrag zu gemahnen.«
    Mein ganzer Körper spannt sich, als ihre Worte direkt in mein Herz treffen. Culebra? Bist du das?
    Von der reglosen Gestalt kommt keine Antwort. Wie konnte das geschehen? Culebra ist mächtig und besitzt kraftvolle Magie. Wie konnte er sich von einer Hexe fangen lassen?
    Burke redet immer noch, aber ich höre ihr nicht mehr zu. Ich muss das verhindern. Ich spüre, wie Frey sich neben mir leicht bewegt, und in seinen Augen steht eine Frage, die ich nicht beantworten kann.
    Burke hebt erneut ihren Stab. Der Zirkel antwortet ihr. Der Gesang ist diesmal lauter, bezwingender, erfüllt von der Inbrunst frisch entfachter Entschlossenheit. Burkes Stimme treibt über die der anderen hinweg – sie spricht den Bann, der den Dämon herbeirufen soll. Die Flammen züngeln höher, als gehorchten sie ihren Worten. Der Boden unter unseren Füßen beginnt zu beben.
    Noch zwei Minuten bis Mitternacht. Denk nach. Was hat Williams gesagt? Es gibt nur einen Augenblick, in dem die Anrufung gelingen kann, wenn die Welten der Lebenden und der Toten einander kurz überlappen. In diesem Augenblick müssen wir die Zeremonie unterbrechen.
    Die Flammen teilen sich, das Feuer bildet eine tiefe Furche in seiner Grube. Burkes Gesicht ist wild verzerrt vor Begierde, ihre Stimme zittert vor Inbrunst. Sie hat sich in einen erregten, freudigen Wahn hineingesteigert. Ihre Gefühle strahlen auf den Kreis aus, saugen die Energie der anderen ab und steigern Burkes Leidenschaft. Ich spüre es auch. Voller Staunen sehe ich die Macht, die diese Versammlung hervorbringt. Ich werde mit hineingezogen, erregt von einer beinahe sexuellen Sehnsucht danach, ein Teil dieses großartigen Geschehens zu sein. Ich stehe auf, bereit, mich ihnen anzuschließen, bereit, meine Stimme zu erheben und den Dämon willkommen …
    Frey schnappt nach mir und verbeißt sich in meinem Arm. Ich zucke vor Schmerz zusammen und fahre herum, um mich dem Angreifer zu stellen.
    Frey knurrt und schnappt erneut zu.
    Blut, mein Blut, strömt meinen rechten Arm hinab. Anblick und Geruch dieses Blutes verschaffen mir augenblicklich einen klaren Kopf.
    Der Sekundenzeiger meiner Armbanduhr nähert sich der Mitternacht. Noch eine halbe Minute.
    Ich renne los, einfach über den offenen Platz hinweg, und einen Herzschlag später habe ich den Ring erreicht. Frey ist noch vor mir da. Er zögert nur eine Sekunde lang, und ich deute auf die Person, die ihm am nächsten steht, kaum zwei Meter entfernt. Er springt im selben Moment ab, in dem ich mich mit meinem ganzen Gewicht von außen gegen den Kreis aus Leibern werfe und die Verbindung zwischen ausgestreckten Händen durchtrenne. Ein Energiestoß durchfährt mich wie ein Blitzschlag und lässt mich taumeln. Dann strömt er aus mir heraus in den Boden, und der Gesang bricht ab.
    Ein Brüllen ist zu hören. Tierisch und wild. Ich wirbele herum. Das Feuer schließt sich um etwas, das ihm zu entkommen versucht, eine riesige Gestalt, schwarz, mit roten Augen und glitzernden, spitzen Hörnern. Das Maul ist offen, das Wesen schreit vor Wut und Angst. Es wendet die Augen in meine Richtung, sein Blick bohrt sich in meine Seele, es weiß Bescheid und gibt mir die Schuld daran, was mit ihm geschieht. Es streckt eine klauenartige Hand nach mir aus, um mich ins Feuer zu ziehen. Ich spüre, wie ich mich darauf zu bewege. Ich wehre mich, aber ich kann nicht stehenbleiben. Es lächelt, ein gespenstisches Grinsen, das scharfe Reißzähne und eine gespaltene Zunge entblößt, und da weiß ich es. Es hat mich als Vampir erkannt, und es wird sich an mir rächen. Ich stehe am Rand der großen Feuergrube. Meine Kleidung brennt, die Hitze versengt mir die Haut.
    Mit einer Explosion von Asche und Flammen erstickt das Feuer in sich selbst. Der Dämon wird in die Tiefe gezogen und versinkt unter frustriertem Geheul in der Erde. Ich werde mit einer Wucht zu Boden