Dunkle Küsse: Ein Vampirthriller (German Edition)
damit es keine Trauer am offenen Sarg geben konnte, die ultimative Schändung. Dann ließ man sie in der Sonne verrotten.«
Die offensichtliche Frage – Wo waren Sie, als das passiert ist? – stelle ich jetzt lieber nicht. Ich erinnere mich daran, dass Max etwas von einer Schießerei erzählt hat. War es möglich, dass Martinez sich drinnen versteckt hielt, während seine Familie ermordet wurde?
Ich begegne seinem Blick. »Wo ist Max?«, frage ich erneut. Er weicht zurück, als hätte ich ihm ins Gesicht geschlagen.
»Das ist alles, was Sie zu sagen haben? Sie stehen hier vor meiner hingeschlachteten Familie und zeigen keinen Hauch von Bedauern? Ihr einziger Gedanke gilt dem cabrón , der das hier angerichtet hat?«
Ich schüttele den Kopf. »Was Ihrer Familie geschehen ist, ist unentschuldbar. Das tut mir sehr leid. Aber Sie handeln mit dem Tod. Drogen töten jedes Jahr Tausende Frauen und Kinder. Es fällt mir schwer, Mitgefühl für Sie aufzubringen.«
Ich weiß, dass ich damit seinen Zorn riskiere, aber ich halte meinen Tonfall gemessen und neutral. Er steht kurz davor, die Kontrolle zu verlieren. Aber ich brauche ihn, er muss mich zu Max bringen. Nach allem, was ich weiß, wäre es möglich, dass er auch die andere Tür zu einer Sprengfalle gemacht hat, so wie die am Fuß der Treppe.
Mein unbeteiligter Ton wirkt tatsächlich so, wie ich gehofft hatte. Mit sichtlicher Mühe richtet er sich auf, und seine Miene klärt sich. Einen Augenblick lang sehe ich den Mann so, wie er gewesen sein muss, als er noch ein kleines Imperium beherrschte. Sein Gesichtsausdruck ist streng, sein Rücken steif. Er schiebt sich wortlos an mir vorbei, und ich folge ihm.
Wir stehen vor der Tür gegenüber, als der Summer von der Treppe her ertönt. Martinez wendet sich abrupt ab und geht hinüber. Er hebt das kleine schwarze Kästchen auf, drückt einen Schalter und zieht die Tür auf.
Es ist die Frau, die uns hereingelassen hat. Die Schürze ist weg, und sie hält eines der Gewehre aus dem Waffenschrank in der Küche in Händen. Jetzt sieht sie nicht mehr nett aus. Sie erstarrt, das Gewehr auf Martinez gerichtet. Er bedeutet ihr mit einem Nicken, dass alles in Ordnung ist, und sie lässt die Waffe sinken.
Sie ignoriert Foleys Leichnam, als sei der unsichtbar, und geht mit einem großen Schritt darüber hinweg, so respektvoll wie über einen schlafenden Hund. Sein Tod ist für sie offensichtlich weder schockierend noch unerwartet. Sie geht an Martinez vorbei und bleibt vor mir stehen.
Sie sagt etwas zu ihm und zeigt mit dem Finger auf mich. Ihr Tonfall ist eine Kombination aus Erleichterung und Erwartung, als freue sie sich tatsächlich, dass ich noch lebe.
Martinez tritt zu uns vor die geschlossene Tür. »Ich hätte das nicht ohne dich getan«, sagt er und weist dann auf mich. »Sprich Englisch, damit sie uns verstehen kann.«
Die Frau wendet den Blick lang genug von mir ab, um nickend zu Martinez aufzublicken. Mit starkem Akzent sagt sie: »Ich hatte Angst, als ich den Schuss gehört habe …«
Er weist mit einem Nicken in den Flur hinter uns. »Dieser Foley ist lästig geworden.«
Er greift nach dem Türknauf und lässt die Tür nach innen aufschwingen. »Sie wollten Max«, sagt er zu mir. »Hier ist er.«
Kapitel 41
M ax sitzt auf einem Feldbett an der Wand, die Beine vor sich ausgestreckt. Er ist weder gefesselt noch geknebelt. Er trägt eine Hose und ein weißes Polohemd mit offenem Kragen. Er hat Socken an, aber keine Schuhe. Als sich die Tür öffnet, dreht er den Kopf. Er sieht mich an, dann Martinez, doch in seinem Gesicht zeigt sich keine Regung. Sein Blick ist leer.
Meine Haut wird kalt, als er mich offensichtlich überhaupt nicht erkennt. Ich nähere mich dem Bett und berühre seine Stirn mit der Handfläche. Seine Haut ist klamm, schweißfeucht, fiebrig. Er reagiert nicht auf meine Berührung.
Ich fahre zu Martinez herum. »Was fehlt ihm? Was haben Sie mit ihm gemacht?«
Er zuckt mit den Schultern. »Ich habe ihm nur die Schmerzen genommen.«
»Schmerzen?« Ich wirbele wieder zu Max herum, starre ihm forschend ins Gesicht und taste sacht seine Brust, die Arme und Beine ab. Als ich seinen rechten Knöchel berühre, stöhnt er und zuckt zurück. Vorsichtig rolle ich das Hosenbein hoch. Der Knöchel ist angeschwollen und verfärbt und in einem unnatürlichen Winkel verrenkt.
»Martinez, Sie machen es mir so leicht«, murmele ich.
Er und die Frau betreten den Raum. »Was haben Sie gesagt?«, fragt
Weitere Kostenlose Bücher