Dunkle Rosen: Roman (German Edition)
wurde.«
»Typisch«, erwiderte Roz.
»Und noch etwas habe ich erfahren. Jane hat jeden zweiten Mittwoch frei. Jedenfalls nachmittags. Dann geht sie gern in die Davis-Kidd-Buchhandlung, isst dort im Café zu Mittag und stöbert dann in den Regalen herum.«
»Tatsächlich?«
»Wenn jemand unter vier Augen mit ihr sprechen möchte, könnte er sie zufällig dort treffen. Zum Beispiel morgen, weil dann ihr freier Mittwochnachmittag ist.«
»Ich bin schon länger nicht mehr dazu gekommen, in eine Buchhandlung zu gehen.«
»Dann ist es höchste Zeit, würde ich sagen.«
Roz bezweifelte, dass sie Jane Paulson ohne Mitchs Beschreibung erkannt hätte. Sie sah die junge Frau mit dem straßenköterblonden Haar, der graubraunen Kleidung und der ernsten Miene hereinkommen und direkt zur Theke gehen. Sie bestellte
rasch, wie jemand, dessen Gewohnheiten sich kaum verändern, und setzte sich dann an einen Tisch in der Ecke. Dort zog sie ein Taschenbuch aus ihrer Handtasche.
Roz wartete eine Minute, dann ging sie zu ihr hinüber.
»Jane? Jane Paulson?«, fragte sie munter, mit nur angedeuteter Überraschung, und bemerkte, wie Jane zusammenzuckte, bevor sie hastig aufschaute. »Ist das denn die Möglichkeit?«
Ohne eine Einladung abzuwarten, nahm Roz auf dem zweiten Stuhl am Tisch Platz. »Es ist … ich weiß gar nicht mehr wie lange es her ist. Ich bin deine Cousine Rosalind. Rosalind Harper.«
»Ja, ich … ich weiß. Hallo.«
»Hallo.« Roz tätschelte Jane die Hand; dann lehnte sie sich zurück, um an ihrem Kaffee zu nippen. »Wie geht es dir? Wie lange bist du in der Stadt? Du musst mir alles ganz genau erzählen.«
»Mir … mir geht es gut. Ich wohne jetzt hier.«
»Nein! Hier in Memphis? Das ist ja ein Ding. In deiner Familie ist alles wohlauf, hoffe ich.«
»Ja, alles bestens. Ja, es geht allen gut.«
»Das ist schön zu hören. Bestell deinen Eltern liebe Grüße, wenn du sie das nächste Mal sprichst. Was machst du denn hier in Memphis?«
»Ich, äh …« Jane brach ab, als ihre Suppe und ihr halbes Sandwich serviert wurden. »Vielen Dank. Äh, Rosalind, möchtest du auch etwas?«
»Kaffee reicht mir völlig.« Nein, sie konnte es nicht. Sie konnte nicht länger in dieses unglückliche, bekümmerte Gesicht schauen und lügen. »Jane, ich will ehrlich zu dir sein. Ich bin heute hergekommen, um dich zu sehen.«
»Ich verstehe nicht.«
»Ich weiß, dass du bei Tante Rissy wohnst und für sie arbeitest.«
»Ja. Ja, ich … und gerade fällt mir etwas ein. Ich habe noch
etwas für sie zu erledigen. Ich weiß gar nicht, wie ich das vergessen konnte. Ich muss wirklich gehen und …«
»Schätzchen.« Roz legte eine Hand auf die ihre, um sie zurückzuhalten und hoffentlich zu beruhigen. »Ich weiß genau, was Rissy von mir hält; du brauchst dir also keine Gedanken zu machen. Ich verrate ihr nicht, dass wir miteinander gesprochen haben. Ich möchte auf keinen Fall, dass du Ärger mit ihr bekommst. Das verspreche ich dir.«
»Was willst du denn?«
»Lass mich dir zuerst versichern, dass ihr von dem, was du hier sagst, nichts zu Ohren kommen wird. Du weißt, dass sie mich nicht ausstehen kann, und das beruht absolut auf Gegenseitigkeit. Wir sprechen bestimmt nicht miteinander darüber, Tante Clarise und ich. Also frage ich dich zuerst, fühlst du dich wohl bei ihr?«
»Ich brauchte einen Job. Den hat sie mir gegeben. Jetzt muss ich aber wirklich …«
»Hm. Und wenn du eine andere Stelle bekommen könntest?«
»Ich … ich kann mir keine eigene Wohnung leisten, nicht im Moment.« Jane starrte in ihre Suppe, als sähe sie darin die ganze Welt, und als wäre diese Welt kein sehr gastlicher Ort. »Und ich kann nichts Besonderes. Nichts, das man für einen Job gebrauchen könnte.«
»Das kann ich kaum glauben, aber das sehen wir später. Wenn ich dir helfen könnte, einen Job zu finden, der dir gefällt, und eine Wohnung, die du dir leisten könntest, wäre dir das lieber, als für Tante Clarise zu arbeiten und bei ihr zu wohnen?«
Als Jane den Kopf hob, war sie kreidebleich. »Warum solltest du das tun?«
»Zum Teil, um Tante Clarise eins auszuwischen, und zum Teil, weil ich es nicht leiden kann, wenn jemand aus meiner Familie unglücklich ist, obwohl es eine einfache Lösung für seine
Probleme gibt. Und aus einem weiteren Grund. Ich hoffe, dass du mir helfen kannst.«
»Was sollte ich für dich tun können?«
»Tante Clarise hat einige Dinge aus meinem Haus, aus Harper House.« Roz nickte,
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