Dunkle Rosen: Roman (German Edition)
hinter seinem Bruder her.
»Ich sehe, dass es deinen Angestellten auch nicht besser gelingt als dir, ihre Kinder anständig zu erziehen, Rosalind.«
»Sieht ganz so aus. Ich bin so stolz auf sie. Also, da du keinen Tee magst und ich dir im Hinblick auf Jane nicht weiterhelfen kann, willst du sicher wieder gehen.«
»Wo sind die Tagebücher?«
»Die Tagebücher? Meinst du die Tagebücher meiner Großmutter und Urgroßmutter, die ohne meine Erlaubnis aus diesem Haus entwendet wurden?«
»Deine Erlaubnis war dazu nicht vonnöten. Ich bin die älteste noch lebende Harper und daher die rechtmäßige Besitzerin der Tagebücher.«
»Da sind wir sicherlich nicht einer Meinung, aber ich kann dir trotzdem sagen, wo sich die Bücher befinden. Sie sind wieder dort, wo sie hingehören – aus moralischen, rechtlichen und ethischen Gesichtspunkten.«
»Ich lasse dich verhaften.«
»O bitte, versuch es nur. Das wäre bestimmt spaßig.« Der gefährliche Eisberg kam wieder zum Vorschein, als Roz sich auf eine Stuhllehne setzte und lässig die Beine übereinander schlug. »Es wäre bestimmt ganz nach deinem Geschmack, wenn dein Name, der Familienname der Harpers, in allen Zeitungen stünde und im ganzen Bezirk darüber geredet würde.« Roz’ hitzige Blicke standen im Gegensatz zu ihrer eisigen Stimme. »Dafür würde ich nämlich sorgen. Ich würde jedes Interview gewähren und bei jeder Gelegenheit beim Cocktailtrinken über die ganze Schweinerei sprechen. Mich persönlich berühren solche Dinge schließlich nicht.«
Sie hielt inne und beugte sich herab, um den Keks zu nehmen, den Lily ihr hinhielt. »Oh, danke, mein Mäuschen.« Sie wandte sich wieder ihrer Tante zu. »Aber ich glaube kaum, dass es dir gefallen würde, Zielscheibe von Klatsch, versteckten Andeutungen und Witzen zu sein. Vor allem, wenn du nichts davon hast. In meinem Besitz befindet sich nur, was mir rechtmäßig gehört.«
Roz hob Lily hoch, setzte sie sich aufs Knie und gab ihr den Keks zurück. Außer Clarise Harpers entrüsteten Atemzügen war es im Raum still. Roz stellte fest, dass dies eine der seltenen Gelegenheiten war, in denen die Beschreibung »mit wogendem Busen« tatsächlich zutraf.
Es war köstlich.
»Falls du mich von der Polizei befragen lassen möchtest, wie ich wieder in den Besitz der Tagebücher gekommen bin, so will ich den Beamten gern alles erzählen. Und ich hoffe, es macht dir genauso viel Freude, ihnen zu erklären, wieso du Dinge, die nach Harper House und damit in meinen Besitz gehören, in deinem Schreibtisch eingeschlossen hattest. Zusammen mit einigen anderen Stücken, die ebenfalls als Bestand von Harper House gelistet sind.«
»Du wirst den Familiennamen beschmutzen!« Mit vor Wut dunkel angelaufenem Gesicht trat Clarise Harper auf sie zu. »Dazu hast du kein Recht. Du darfst nicht einfach in Sachen herumwühlen, die man besser ruhen lässt.«
Ruhig gab Roz das Baby an Mitch weiter. Lily plapperte munter drauflos und bot Mitch großzügig an, ihren inzwischen übel zugerichteten Keks mit ihm zu teilen. Als Roz sich erhob, hörte sie Mitch murmeln: »Mach sie fertig, Liebes.«
»Wovor hast du eigentlich Angst?«, fragte sie ihre Tante. »Was haben sie mit Amelia gemacht? Wer war sie?«
»Nichts als eine hergelaufene Hure aus der Unterschicht, die lediglich bekam, was sie verdiente. In dem Augenblick, als du geboren wurdest, wusste ich, dass ihr Blut in dir durchschlagen würde. Ich sehe, dass ich Recht hatte.«
»Ich stamme also von ihr ab«, sagte Roz leise.
»Mehr sage ich nicht dazu. Es ist ein Verbrechen und eine Schande, dass eine Frau wie du die Herrin dieses Anwesens ist. Du hast kein Recht, hier zu sein, und hast es auch nie gehabt. Du bist nichtsnutzig und gierig und ziehst unseren Familiennamen in den Schmutz. Meine Großmutter hätte eher die Hunde auf dich gehetzt, als eine wie dich über die Schwelle von Harper House treten zu lassen.«
»Jetzt ist es aber genug.« Bevor Roz den Mund aufmachen konnte – und sie hatte eine Menge zu sagen –, war Harper aufgestanden und hatte das Zimmer durchquert. »Du gehst jetzt, und du trittst nie wieder durch diese Tür.«
»Werd bloß nicht frech zu mir, Junge.«
»Ich bin keine acht Jahre mehr, und du bist hier nicht willkommen. Du glaubst, du kannst einfach herkommen und meine Mutter beleidigen? Eine Frau, die im kleinen Finger mehr Klasse hat, als du aus deinem ganzen verschrumpelten Leib pressen könntest? Also, ich kann dir jetzt zeigen, wo es
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