Dunkle Schatten (German Edition)
gleichgültig
sind, sie nur, solange sie am Ruder und an der Macht sind, absahnen wollen, wo
immer es möglich ist. Das ist auch ihr Antrieb. Außerdem kann sie die
Polizistin in ihr, selbst wenn sie nicht mehr aktiv ist, nicht abstreiten,
ebenso wenig, wie sie sich eingestehen muss, aus dem gleichen Holz wie ihr
Lebenspartner geschnitzt zu sein, nämlich der gleiche Abenteurertyp wie er zu
sein.
Moses »Freitag« Querantino ist völlig aus dem Häuschen, als Kokoschansky
ihm seine Pläne mit seinen FNews darlegt. Dass Kokoschansky vorerst
offen auftritt und FNews als Podium nutzt, stört ihn nicht. Freitag
weiß, dass er in Österreich als Journalist nicht unbedingt ernst genommen
werden würde, und sicherlich kämen einige mit nicht auszurottender brauner
Gesinnung sehr bald auf sehr dumme Gedanken.
*
Der Ort für das geheime Treffen ist gut gewählt. Im September ist die
Hauptsaison bereits vorüber und wieder Ruhe eingekehrt. Vor allem gibt es keine
Gelsen mehr, wofür der Neusiedlersee im Burgenland berüchtigt ist, aber dafür
sind die Temperaturen noch sehr angenehm und der See nur knapp eine Autostunde
von Wien entfernt.
Die Badehütte liegt versteckt im mannshohen Schilf und ist ideal für eine
konspirative Zusammenkunft. Nachdem Kokoschansky seinen Freund Thomas Petranko
in das Projekt FNews und seine Pläne eingeweiht hatte, war dieser sofort
begeistert. Es war sein prompter Vorschlag, sein idyllisches Sommerparadies zur
Verfügung zu stellen.
Nun sitzen sie auf der Veranda in der milden Abendsonne. Unerwünschte
Zeugen gibt es nicht. Nur Reiher, Störche und einige andere Seevögel, quakende
Frösche und Kröten. Bis auf Mitnick sind alle gekommen: Kokoschansky, Lena,
Freitag, Wolfram Panker. Später und mit Kokoschanskys Einverständnis stoßen
noch Petrankos ehemaliger Partner Alfred Cench und die beiden zurückgepfiffenen
BKA-Männer Adrian Konschak und Hermann Pointinger dazu.
»Nun, Leute«, sagt Kokoschansky in die Runde, »wisst ihr, was FNews ist und was wir damit bezwecken wollen. Den vierten Typen von diesem Quartett
müsst ihr entschuldigen. Er wird nicht erscheinen, und ihr werdet ihn auch
nicht zu Gesicht bekommen. Es ist seine Entscheidung und sein Wille, das müssen
wir respektieren. Aber ich kann euch mit bestem Gewissen versichern, er ist
kein Krimineller. Freitag, Lena, unser Mister X und ich sind das Quartett.
Thomas, Wolfram, Alfred, Adrian und Hermann bilden den äußeren Kreis, wenn es
für euch akzeptabel ist. Wir arbeiten permanent zusammen, und das meiste wird
über unser Headquarter ablaufen, das allerdings für die anderen geheim bleiben
wird. Wir vertrauen uns blind und können uns aufeinander verlassen. Für uns ist
das kein Problem, und ich hoffe für euch ebenfalls nicht.«
Petranko hebt die Hand zum Zeichen, dass er etwas sagen will. »Wir kennen
uns alle seit längerer Zeit, und ich glaube, dass wir ein kleiner, feiner und
umso verschworener Zirkel sind, der, wenn wir uns alle bemühen und anstrengen,
sehr wohl in diesem Staat etwas bewegen kann und wird, wozu unsere Justiz, auch
die Medien, von der Politik rede ich erst gar nicht, unfähig sind.«
Kokoschansky klappt seinen Laptop auf, fährt ihn hoch und legt eine DVD
ein. »Rückt mal ein bisschen zusammen, damit alle was sehen können.«
Während Kokoschansky, Lena, Freitag und Petranko sich im Hintergrund
halten, weil sie das Material bereits kennen, werden die Gesichter der anderen
länger und länger, starren gebannt auf den Bildschirm. Nach wenigen Minuten ist
die grausige Fotocollage vorbei. Cench, Panker, Konschak und Pointinger sehen
gebannt zu Kokoschansky.
»Das ist doch dieses Mafiamassaker«, findet zuerst Cench die Sprache
wieder, »zumindest gibt es einige Zeitungsfotos und auch etwas im Internet, was
ziemlich mit diesen Bildern übereinstimmt.«
»Nicht angeblich«, korrigiert Kokoschansky, »tatsächlich. Ich habe diese
Aufnahmen mit meiner Handykamera geknipst. Leider hatte ich keine bessere
Ausrüstung zur Verfügung.«
»Du warst dabei?« Cench schüttelt den Kopf, kann es nicht glauben.
»Ich war eingeladen oder vielmehr höflich unter Druck gesetzt worden, was
ich allerdings erst vor Ort erfahren habe. Und zwar von Robert Saller.«
»Weißt du, was du sagst?«, Konschak beugt sich über den Tisch, sticht mit
dem Zeigefinger in Richtung Kokoschansky. »Du deckst einen geflüchteten, gesuchten
Schwerverbrecher!«
»Jetzt krieg dich wieder ein, Adrian«, versucht
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