Dunkle Schatten (German Edition)
Vater diktatorisch regiert.
Das ist mir alles egal, ich habe mich noch nie für Politik interessiert. Ich
weiß nur, dass die Familie des Arabers stinkreich ist. Leute von dem Kameltreiber
waren einmal bei uns im Puff, haben sich eine Nacht lang mächtig gebärdet, aber
dafür eine hübsche Summe hier gelassen. Der Grieche ist mit ihnen ins Gespräch
gekommen, und sie haben ihn gefragt, ob er ihnen unsere Mädchen für exklusive
Privatpartys zur Verfügung stellen könne. Er hat mich gefragt, ob ich etwas
dagegen habe. Natürlich nicht, ist doch ein lukratives Geschäft gewesen.«
»Gewesen?« Erharter stellt sich dumm, er weiß genau, was dahintersteckt.
»Ja, leider. Anscheinend aus und vorbei. Seit diese Geschichte mit Galina
passiert ist. Der Araber ließ wieder eine Orgie in seiner Hütte steigen, seine
Leute kamen und holten unsere Huren ab. Nur Galina kam nicht mehr zurück. Ich
habe sofort geahnt, dass sie es ist, die ins Gras gebissen hatte, als die
ersten Leichenteile gefunden wurden. Selbstverständlich haben der Grieche und
ich unsere Mädels, als sie wieder zurück waren, gefragt, ob sie wissen, was da
los gewesen ist, aber sie hatten keine Ahnung. Selbst als wir sie unter Druck
setzten, ihnen Prügel androhten, versicherten sie uns, nichts zu wissen. Im
ersten Wutanfall wollte der Grieche zum Araber fahren und ihn zur Sau machen,
doch ich konnte ihn davon abhalten. Er hat eingesehen, dass uns der
Kameltreiber mit seinem Clan eine Nummer zu groß gewesen wäre. Die hätten uns
im Ernstfall ausradiert. Aber der Araber ließ sich nicht lumpen. Ein paar Tage
später schickte er einen Mittelsmann bei uns vorbei, und der legte ein fettes
Kuvert auf den Tisch.«
»Wie viel?«
Honsa grinst. »Genug für eine Nutte. Pech für das Mädel, aber Huren gibt
es wie Sand am Meer. Der Grieche und ich waren wie Brüder. Darum bin ich so
scharf darauf, diesen Arsch zu finden, der ihn umgelegt hat. Galina hatte unter
ihren linken Titte drei nebeneinander liegende Muttermale. Der Grieche und ich
wussten das, weil wir sie natürlich ausgiebig getestet hatten, als sie über
unseren Verbindungsmann aus Russland hierherkam. Also muss es jemand sein, der
sie sehr gut gekannt hatte. Freund, Verwandter, keine Ahnung. Jedenfalls eine
Person, der es nicht passte, dass sie auf den Strich ging. Er muss er ihr
gefolgt sein und hat herausgefunden, wo sie arbeitet. Dann legte er sich auf
die Lauer und killte den Griechen. Warum hatte er wohl unter seiner linken
Brustwarze drei nebeneinander liegende Brandmale, die ihm mit einer brennenden
Zigarette zugefügt worden waren? Es hätte mich genau so treffen können, wenn
ich nicht früher nach Hause gefahren wäre. Warum bringt da dein Scheißverein
nichts weiter?«
»Das darfst du mich fragen. Ich weiß es nicht. Frag Cench.«
»Mit dem will ich nichts zu tun haben. Der ist gefährlich.« Den Rest
verkneift sich Honsa. »… und kein so korruptes Bullenarschloch wie du.«
»Hast du das alles auch so ausgesagt?«
»Sicher nicht. Ich bin doch nicht blöd!«
»Scheiß drauf«, winkt Erharter ab, »was ist jetzt mit meinen beiden
Mädels?«
»Eine kannst du haben«, sagt Honsa, »die andere bekommst du, wenn du mir
das Restgeld gebracht hast. Die Uhr bleibt so lange bei mir in Verwahrung.
Welchen von den Hasen willst du? Die eine ist Bulgarin, neunzehn Jahre; die
andere zweiundzwanzig und aus dem Kosovo.«
»Da nehme ich die Jüngere.«
»Gut. Wann lieferst du wieder Koks? Ein halbes Kilo wäre angebracht.«
»Puh! Du denkst auch, die Asservatenkammer ist ein Supermarkt. Aber ich
werde sehen, was ich machen kann.«
»Dann mach.«
Erharter überhört nicht die feinen, gefährlich klingenden Zwischentöne in
diesen beiden Worten. »Hast du bei Bedarf ein zuverlässiges Rollkommando an der
Hand?«
»Sicher. Für wen?«
»Sage ich dir, wenn es gebraucht wird. Dann sind wir uns vorerst einig.«
Erharter steht auf. »Ich will jetzt endlich ficken.«
»Viel Vergnügen. Das Fünfer-Zimmer ist frei.«
Kaum hat Erharter das Büro verlassen, schaltet Honsa einen Monitor ein,
der das Zimmer überwacht und dreht den Lautsprecher auf.
*
Während Mitnick damit beschäftigt ist, sämtliches Material aus
Kokoschanskys Karton, den er aus Montenegro mitgebracht hat, zu sichten und die
Unmengen an Dateien zu knacken, die alle mit Passwörtern versehen sind, hat der
Hacker einige Anonymous-Leute angesetzt, in diverse Computer einzubrechen, die
auf der Liste des Journalisten stehen.
Weitere Kostenlose Bücher